Hermaringen will finanzielle Vorteile von Windrädern selber nutzen
Sechs Windräder könnten in einigen Jahren am östlichen Rand der Gemeinde Hermaringen stehen, vier davon im Gemeindewald, eins im Staatswald und ein weiteres auf einem privaten Grundstück. Warum die Verwaltung und der Gemeinderat das für einen wichtigen Schritt in die Zukunft halten, wurde am Mittwochabend bei einer Infoveranstaltung in der Güssenhalle erläutert. Das Interesse der Bürgerinnen und Bürger war groß, einige formulierten ihre Bedenken darüber, dass mit dem Bau der Windkraftanlagen eine große Fläche Wald weichen muss.
„Viele gute Gründe“ gebe es für das Windparkprojekt, warb hingegen Bürgermeister Jürgen Mailänder. Interesse am Bau von Windrädern in Hermaringen hätten Projektentwickler schon vor einigen Jahren angemeldet. Damals sei aber die Fortschreibung des Regionalplanes noch nicht erfolgt und es sei deshalb unklar gewesen, ob überhaupt ein zulässiges Gebiet ausgewiesen werden könne.
Geld soll direkt Bürgern zugute kommen
Nachdem diese Frage geklärt werden konnte, habe die Gemeinde das Heft selbst in die Hand genommen, „damit sich nicht irgendwann Windräder auf unserem Gemeindegebiet drehen und wir keinen Vorteil davon haben“, so Mailänder. 15 Projektierer habe man angefragt und von sechs ein Angebot erhalten. Das schwedische Energieunternehmen Vattenfall habe das mit Abstand beste vorgelegt. Durch die Verpachtung der Fläche an Vattenfall als Betreiber, könne die Gemeinde mit Einnahmen von rund einer Million Euro pro Jahr rechnen, so Mailänder. Geld, das direkt in die Gemeindekasse fließe und damit den Bürgerinnen und Bürgern unmittelbar zugutekomme, indem in Wasserleitungen, Kanäle und Straßenbau investiert werde. Außerdem werde die Gemeinde so unabhängiger in der Stromversorgung. Nach Möglichkeit möchte man den vor Ort gewonnenen Strom der Windräder in Zukunft auch selbst nutzen.
Aber auch ökologische Gründe führte Mailänder an und verwies auf die Verantwortung für nachfolgende Generationen. Zudem habe sich Baden-Württemberg dazu verpflichtet, bis 2040 klimaneutral zu werden. Die Kommunen müssten dann nachweisen, wie viel Energie sie verbrauchen und wie sie sich diese Energie klimaneutral beschaffen. In Hermaringen würden jährlich acht Millionen Kilowattstunden an Strom verbraucht. Allein ein Windrad würde 16 Millionen Kilowattstunden jährlich erzeugen.
Vertreter von Vattenfall stellten ihr Unternehmen vor und erläuterten die Pläne. Fast klang es so, als ob die Angelegenheit bereits unter Dach und Fach wäre. Hier hakte der ehemalige Gemeinderat Hans-Dieter Diebold nach. Wie Bürgermeister Mailänder erläuterte, gebe es jedoch noch keine Verpflichtungen, die Verhandlungen seien aber schon weit gediehen.
Hans Mailänder störte der massive Eingriff in ein intaktes Waldgebiet. „Da reißt man jetzt auf und dann kann der Wind reinfahren“, befürchtete er. Projektentwickler Jan Falke verwies darauf, dass viele Kriterien in die Auswahl der Standorte einfließen würden und nur auf entsprechend genehmigten Flächen eine Realisierung möglich sei. Zudem sei man verpflichtet, entsprechende Ausgleichsflächen aufzuforsten. Bürgermeister Mailänder fügte an, dass man zudem plane, in den nächsten Jahren dafür weniger Holz einzuschlagen.
Ein Bürger äußerte Zweifel an der klimafreundlichen Bilanz. „Wann wirft das Ding seinen CO2 Rucksack ab?“, wollte er wissen. Auch die Wirtschaftlichkeit zweifelte er „bei dem bisschen Wind“ an.
Ein Hektar Wald für ein Windrad
Tatsächlich ist die so genannte „Windhöffigkeit“ in Hermaringen nicht besonders hoch, aber dennoch ausreichend, um wirtschaftlich zu sein, so Vattenvall-Regionalleiter Oliver Bieber. Innerhalb eines Jahres arbeite ein Windrad CO2-neutral. Bieber stellte auch die Frage, wo der Strom in Zukunft sonst herkommen solle. Wind sei der Elefant im Vergleich zur Ameise Photovoltaik.
Dennoch formulierten noch einige weitere Bürgerinnen und Bürger Bedenken bezüglich der Abholzung. Pro Windrad werde für Fundament, Kranabstellfläche und Anlieferungswege rund ein Hektar Fläche verbraucht, so die Vertreter von Vattenfall, die aber gegenrechneten, dass dafür wiederrum durch den Betrieb des Windrades für die Energiegewinnung viel CO2 eingespart werde.
Ein weiteres Thema des Abends waren mögliche Beteiligungen der Gemeinde beziehungsweise der Bürgerinnen und Bürger am Betrieb der Windräder. Diese könnte als Genossenschaft erfolgen, aber auch andere Formen wären denkbar.
Am Montag soll Vergabe erfolgen
In seiner Sitzung am Montag, 20. November, um 18 Uhr im Rathaus wird der Gemeinderat über die Vergabe der Projektierung an das Energieunternehmen Vattenfall entscheiden. Etwa zwei Jahre werden dann die Planungen in Anspruch nehmen, weitere ein bis zwei Jahre kann die Genehmigung dauern und dann vergeht nochmals mindestens ein Jahr für die Ausschreibungen. Bis die Windkraftanlagen in Betrieb gehen könnten, könnte es folglich rund fünf bis sechs Jahre dauern.