Kann in Hermaringen kaum noch gebaut werden?
Die Zahl der Interessierten war dann doch nicht so groß wie erwartet. Dabei hatte der Gemeinderat seine Sitzung extra ins Feuerwehrhaus verlegt. Es ging um die Ergebnisse des Geruchsgutachtens und welche Auswirkungen die neuen Richtlinien für Hermaringen haben.
Vermutlich haben viele Bürgerinnen und Bürger noch gar nicht realisiert, dass diese gesetzliche Bestimmung auch direkte Auswirkungen auf sie selbst haben könnte. Beispielsweise dann, wenn sie ihr Wohnhaus erweitern möchten oder wenn eine ehemalige Scheune zu Wohnungen umgebaut werden soll.
Diese und alle anderen Bautätigkeiten zur Innenverdichtung, die die Gemeinde geplant hatte, werden in Zukunft nur noch sehr eingeschränkt möglich sein.
Detaillierte Informationen gab es nun erstmals öffentlich in der Gemeinderatssitzung. Verständnis für dieses Bundesgesetz gab es es keines.
Ein Stück weit eine Enteignung
Bürgermeister Jürgen Mailänder brachte es auf den Punkt: „Wir sollen nach außen nicht entwickeln und wir können nach innen nicht entwickeln, also können wir uns gar nicht entwickeln.“ Da Privatleute ebenso betroffen seien, komme das aus seiner Sicht ein Stück weit einer Enteignung gleich.
Die ganze Problematik war in Hermaringen erstmals mit einer geplanten Wohnbebauung auf dem Gelände an der Friedrichstraße deutlich geworden. In diesem Zusammenhang hatte das Landratsamt auf die Verschärfung des Bundesimmissionsschutzgesetzes hingewiesen. Nach dieser Bestimmung sind mögliche Geruchsbelästigungen im Umkreis von 600 Metern zu berücksichtigen. In Hermaringen sind damit in erster Linie landwirtschaftliche Anwesen gemeint. Berechnet werden muss dann, wie viele Stunden im Jahr von einem Hof eine mögliche Geruchsbelästigung für Anwohner ausgehen könnte. Wird diese Vorgabe überstiegen, wird künftig keine Baugenehmigung mehr erteilt, um damit Rechtsstreitigkeiten vorzubeugen.
Da in der Berechnung nicht nur aktuell bewirtschaftete Höfe berücksichtigt werden, sondern auch die, die seit Jahren stillgelegt sind, ist davon quasi das gesamte Dorf betroffen. Zusätzliche Krux: Es wird nicht nur der Tierbestand einbezogen, den ein Landwirt aktuell hält, sondern die Anzahl der Tiere, die er theoretisch halten dürfte. Auch auf den stillgelegten Gehöften.
Verzicht auf Bestandsschutz
Gmeinderat Wolfgang Nothelfer fragte nach, ob ein Landwirt auch auf den Bestandsschutz verzichten könnte. Also schriftlich niederlegt, dass er seinen Betrieb nicht wieder aufnehmen wird oder den Tierbestand nicht aufstocken wird. Das sei möglich, so Mailänder, und das könne durchaus die Entwicklung beeinflussen. Man werde in Zukunft sicher jeden einzelnen Fall genau prüfen müssen.
Für ihn sei es völlig unverständlich, dass Betriebe berücksichtig werden müssten, die schon seit zehn Jahren überhaupt keine Tiere mehr halten, kritisierte Gemeinderat Robert Schmid. Sein Ratskollege Martin Gansloser, der selbst Landwirt ist, ärgerte sich darüber, dass Bauern durch dieses Gesetz als die „bösen Verursacher“ dargestellt würden. Immissionen gebe es auch durch zunehmenden Verkehr. Er hoffe sehr, dass der Bund da noch nachbessern werde.