Die Hüttenwerke Königsbronn (HWK) haben am Montag mitgeteilt, dass das Unternehmen an die Börse geht. Der Hersteller von Kalanderwalzen, die für die Herstellung hochwertiger Papiere und Kartons benötigt werden, wird von der Terentius SE übernommen. Dabei handelt es sich um eine Beteiligungsgesellschaft mit Sitz in Köln.
Die AVIR Walze Holding GmbH, Muttergesellschaft der Hüttenwerke Königsbronn GmbH, wird mit der Terentius SE verschmelzen. Das aus der Verschmelzung hervorgehende Unternehmen soll HWK 1365 heißen, die europäische Rechtsform „Société Europénne“ bekommen und an der Börse Düsseldorf notiert werden. Die Verschmelzung soll im Lauf des zweiten Quartals 2024 vollzogen werden. Es wird ein Kursziel von 80 Euro pro Aktie angestrebt.
Vor fünf Jahren gerettetes Unternehmen
2019 konnten die Hüttenwerke aus einer fast aussichtslosen wirtschaftlichen Situation gerettet werden, unter anderem durch das Engagement der Beschäftigten, die seither mit 33,34 Prozent am Unternehmen beteiligt sind. Weitere Firmenanteile gehören Frank Günther und Wolf Waschkuhn. „Der unermüdliche, gemeinsame Einsatz und der erhebliche finanzielle Einsatz von Aktionären, Management und Mitarbeitern, die Zugeständnisse bei der Entlohnung machten, war die Basis für den Fortbestand des Königsbronner Traditionsunternehmens“, vermittelt Geschäftsführer Dr. Heiko Hesemann in einer Pressemitteilung.
Die Terentius SE teilte am Montag in einer Ad-hoc-Meldung mit, dass der Verwaltungsrat des Unternehmens künftig aus drei Mitgliedern zusammengesetzt sein soll: Wolf Waschkuhn, der gleichzeitig die Funktion des geschäftsführenden Direktors übernehmen soll, Frank Günther und Roman Zitzelsberger. Das derzeitige alleinige Verwaltungsratsmitglied Thomas Becker sowie der derzeitige geschäftsführende Direktor Felix Lankes sollen aus ihren jeweiligen Ämtern ausscheiden. Roman Zitzelsberger war Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg und ist heute außerdem noch Mitglied im Aufsichtsrat der Mercedes-Benz-Group AG, der Ende 2021 aus der Daimler AG herausgelösten Daimler Truck Holding AG sowie stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der ZF Friedrichshafen AG. Dr. Heiko Hesemann bleibt weiterhin Geschäftsführer der HWK, auch für die Mitarbeitenden habe der Schritt keine Auswirkungen auf ihre Beschäftigung, so Hesemann.
„Keine feindliche Übernahme“
Über den Posten von Zitzelsberger im Verwaltungsrat freut sich die Arbeitnehmerseite: „Damit haben wir dort eine starke Stimme, die sich schon früh für die Beschäftigten vor Ort eingesetzt hat“, sagt Phillip Boyer, Gewerkschaftssekretär bei der IG Metall Heidenheim. Die Stimmung unter den Mitarbeitenden der HWK, die am Montag über den Schritt informiert wurden, beschreibt er als verhalten: „Es ist eine komplett neue Situation, welche die Kolleginnen und Kollegen erstmal sacken lassen müssen“, so Boyer. Er bezeichnet den Verkauf der Hüttenwerke an die Terentius SE als einen geplanten Schritt seitens der Geschäftsleitung und den Gesellschaftern Waschkuhn und Günther. Der Vorsitzende der Glückauf GBR, in der die Beschäftigten Mitglied sind, sei ebenfalls zu den Planungen hinzugezogen worden. „Es handelt sich also nicht um eine feindliche Übernahme mit dem Gedanken, Arbeitsplätze abzubauen“, sagt der Gewerkschaftssekretär. Auch die IG Metall sei rechtzeitig informiert und zu den Veranstaltungen eingeladen worden.
Bis zu 40 Tonnen schwere Walzen
Die Hüttenwerke Königsbronn, die zwischenzeitlich unter „Schwäbische Hüttenwerke“ firmierten, blicken auf eine lange Tradition seit 1365 zurück. In diesem Jahr verlieh Kaiser Karl IV. den Königsbronner Zisterziensermönchen Schürfrechte zum Abbau des in der Ostalb vorhandenen Bohnerzes. Heute ist das Unternehmen der weltweit führende Anbieter von großen Kalanderwalzen und fremdverschuldungsfrei. Die Walzen aus Königsbronn haben eine Länge zwischen sechs und zwölf Metern, einen Durchmesser von bis zu 1,80 Metern und wiegen bis 40 Tonnen. Laut dem Unternehmen sind alle führenden Papiermaschinenhersteller Kunden der Gießerei, der Marktanteil liege bei 80 Prozent.