Nach Hausdurchsuchung

24-Jähriger aus Königsbronn wegen kinderpornographischen Materials verurteilt

Ein 24-Jähriger aus Königsbronn musste sich vor dem Amtsgericht Heidenheim wegen Besitzes und Verbreitung kinderpornographischen Materials verantworten. Im Vorfeld war das Elternhaus des Angeklagten durchsucht worden.

24-Jähriger aus Königsbronn wegen kinderpornographischen Materials verurteilt

Im Zweifel für den Angeklagten. So heißt es oftmals bei Urteilsverkündungen vor Gericht. Was aber, wenn Zweifel an den Zweifeln bestehen? Am Heidenheimer Amtsgericht sah sich damit kürzlich ein 24-Jähriger aus Königsbronn konfrontiert. Ihm wurde vorgeworfen, im Mai 2022 in drei Fällen kinder- beziehungsweise jugendpornographische Daten versendet zu haben. Bei einer Hausdurchsuchung im Oktober 2022 wurden zudem mehrere hundert Bilder und Videos kinderpornographischer Natur auf seinem Laptop gefunden.

Hinweise auf die versendeten Dateien erhielten die Ermittler in diesem Fall über die US-amerikanische Organisation National Center for Missing & Exploited Children (NCMEC), woraufhin besagte Durchsuchung erfolgte. Vor dem Schöffengericht in Heidenheim wies der Angeklagte sämtliche Anschuldigungen zurück: Der Instagram-Account mit dem Aliasnamen „Melissa“, über den das kinderpornographische Material verschickt worden war, konnte zwar der Rufnummer des 24-Jährigen zugeordnet werden, von dem Account selbst wollte der aber nichts gewusst haben. Wie das Material, das sich auf dem beschlagnahmten Laptop befand, dort hingelangt ist, konnte er sich ebenfalls nicht erklären. Die Frage des vorsitzenden Richters Rainer Feil, ob der Königsbronner pädophile Neigungen verspüre, verneinte dieser.

Technische Fragen werfen Zweifel an Schuld auf

Für den Angeklagten sprach, dass das inkriminierende Material sich nur noch im Papierkorb des Laptops befand. Der Haken an der Sache: Zwischenzeitlich wurde ein neues Betriebssystem auf das Gerät geladen, seither besteht für gewöhnliche Nutzer kein Zugriff mehr auf den Papierkorb. Wann genau dieses Update eingespielt wurde, lässt sich laut einem Mitarbeiter des Ulmer Polizeipräsidiums, der das Gerät gesichert hat und vor dem Amtsgericht als Zeuge aussagte, nicht mehr genau bestimmen. Somit sei unklar, ob der Angeklagte die Daten selbst abgespeichert hat beziehungsweise jemals Zugriff darauf hatte.

Gegen den 24-Jährigen sprach dessen Verhalten bei der Hausdurchsuchung. Wie ein Kriminalhauptkommissar sowie eine Hauptkommissarin des Heidenheimer Reviers vor Gericht aussagten, hat sich die Durchsuchung im Oktober vergangenen Jahres zunächst sowohl gegen den Angeklagten als auch dessen Vater gerichtet. Die beiden leben im selben Haus; kinderpornographische Daten wurden laut den Ermittlern sowohl über die Mobilfunknummer des Angeklagten als auch über das familiäre W-Lan versendet.

Im Raum war greifbar, dass sich die Ermittlungen wohl nur gegen eine der beiden Personen richten würden.

Heidenheimer Hauptkommissarin über eine Hausdurchsuchung in Königsbronn

Vor Ort habe der Vater glaubhaft versichern können, „mit Instagram nichts am Hut zu haben“, erklärte der Kriminalhauptkommissar. Seine Kollegin ergänzte: „Im Raum war greifbar, dass sich die Ermittlungen wohl nur gegen eine der beiden Personen richten würden.“ Sie habe den Sohn daher zur Seite genommen und ihm geraten, dass er die Möglichkeit habe, seinen Vater zu entlasten. Der 24-Jährige habe anschließend zugegeben, dass sich die Ermittlungen wohl nur gegen ihn richten würden. An den genauen Wortlaut dieser Erklärung konnte sich vor Gericht jedoch niemand mehr erinnern – genauso wenig daran, ob dieses „Geständnis“ auch wirklich als Einräumen der Tatvorwürfe zu interpretieren gewesen war.

Zweifel und Unklarheiten: Aufgrund dieser forderte der Rechtsbeistand des Angeklagten, dass dieser in allen Punkten freigesprochen werde. Es sei nicht eindeutig, dass er das belastende Material auch wirklich heruntergeladen und verbreitet habe. Das „Geständnis“ sah der Rechtsanwalt nicht als solches, vielmehr habe sein Mandant zu dem Zeitpunkt unter enormem Druck gestanden.

Staatsanwältin fordert Bewährungsstrafe, Rechtsanwalt Freispruch

Ganz anders sah die Staatsanwältin die Angelegenheit an: „Das Geständnis wiegt schwer. Der Angeklagte hat sich als Verantwortlicher bekannt.“ Dass jemand anderes sich des Instagram-Accounts des Angeklagten beziehungsweise dessen Rufnummer zu Eigen gemacht hat, hielt sie für unwahrscheinlich. Aufgrund technischer Sicherheitsmaßnahmen wie etwa der Zwei-Faktor-Authentifizierung hätte der 24-Jährige einen eventuellen Fremdzugriff bemerken müssen, so die Staatsanwältin. Für den Besitz sowie die Verteilung von kinder- und jugendpornographischem Material forderte sie eine Gesamtstrafe von einem Jahr und zehn Monaten, auszulegen auf eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren. Zudem forderte sie eine Geldstrafe von vier Monatsgehältern sowie eine Therapie für den Angeklagten.

„Tatsächlich ist die Angelegenheit nicht ganz so einfach“, erklärte Richter Feil bei der Urteilsverlesung. Zweifel an der Schuld des Angeklagten seien geblieben, aber eben auch Zweifel an seiner Unschuld. Er könne sich nicht vorstellen, dass der Angeklagte bei der Hausdurchsuchung Verantwortung übernommen hätte, ohne gleichzeitig die schwerwiegenden Taten zu bestreiten. Da kinderpornographische Daten sowohl über die Mobilfunknummer als auch über das W-Lan-Netz verschickt worden waren, sei nicht davon auszugehen, dass Cyberkriminelle die Nummer des Angeklagten vorgetäuscht haben. Zu guter Letzt wurde laut Feil unbestreitbar belastendes Material auf dem Laptop aufgefunden. Zwar habe der 24-Jährige möglicherweise tatsächlich keinen Zugriff mehr darauf haben können, es gebe allerdings auch keinerlei Anzeichen für Fremdnutzung.

In keinem Deliktfeld ist es so schwer, das zuzugeben, wie in diesem. Sollten Sie diese Neigungen verspüren, gehen Sie das Problem an.

Richter Rainer Feil zu einem Angeklagten aus Königsbronn

Der Angeklagte wurde am Ende zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Diese ist als Bewährungsstrafe auf drei Jahre ausgelegt. Sein Smartphone wird einbehalten, ebenso muss der 24-Jährige 5000 Euro zu zehn Monatsraten an eine gemeinnützige Vereinigung zahlen. Als mildernde Umstände wurde dem Mann angerechnet, dass er nicht vorbestraft ist. Eine Therapie wurde nicht angeordnet, das Gericht geht nicht von pädophilen Neigungen aus. Dennoch sprach Rainer Feil ein Wort der Warnung aus: „In keinem Deliktfeld ist es so schwer, das zuzugeben, wie in diesem. Sollten Sie diese Neigungen verspüren, gehen Sie das Problem an.“

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