Jubiläum

Notfallseelsorge im Kreis Heidenheim: Hilfe, wo Worte fehlen

Mit einem Blaulicht-Gottesdienst und einer Feierstunde wurde in Königsbronn an die Anfänge der Notfallseelsorge im Landkreis Heidenheim vor 25 Jahren erinnert. Wer sich um welche schwierigen Aufgaben kümmert.

Notfallseelsorge im Kreis Heidenheim: Hilfe, wo Worte fehlen

Als die evangelische und die katholische Kirche 1998 im Kreis Heidenheim die Notfallseelsorge gründeten, waren die Erinnerung an das Eisenbahn-Unglück bei Eschede mit 101 Toten und jener schreckliche Busunfall bei Donaueschingen mit 22 Toten noch allen in Erinnerung. Vor allem die Gedanken an die Not der betroffenen Fahrgäste und die Fassungslosigkeit und Hilflosigkeit bei den Einsatzkräften waren präsent. Im ersten Jahr der neuen Einrichtung waren es dann 20 Einsätze für die Notfallseelsorge im Landkreis, die heuer 25 Jahre besteht. Allein im Jubiläumsjahr 2023 wurden aber schon 83 Einsätze notiert.

Künftig, so kündigte Pfarrer Rolf Wachter (Heuchlingen) beim vierten Blaulicht-Gottesdienst in der katholischen Mariä-Himmelfahrtskirche zu Königsbronn an, werde dieser Gottesdienst jährlich am Freitag vor dem Volkstrauertag gefeiert. Der Hausherr, Pfarrer Dietmar Krieg freute sich über mehr als 250 Gottesdienstbesucher.

Blaulicht-Gottesdienst in Königsbronn mit drei Gründen zum Feiern

Geleitet und gefeiert wurde dieser Gottesdienst von den beiden Dekanen Dr. Dietmar Horst (katholisch) und Gerd Häußler (evangelisch), Pfarrer Rolf Wachter (evangelisch) und Pastoralreferent Thomas Haselbauer. Ein dreifacher Grund sei zu feiern: 25 Jahre Notfallseelsorge, 15 Jahre Kriseninterventionsteam des DRK und ein Jahr Nachsorge für die Einsatzkräfte nach Extremeinsätzen und ebensolchen Erlebnissen. Die Predigt hielt Rolf Wachter und verwies auf die vielfältigen Ereignisse, mit denen Feuerwehr, Rotes Kreuz und Polizei konfrontiert würden und wie man immer wieder erlebe, wie dankbar Menschen für die Hilfe und Zuwendung sind. Zunehmende Bürokratie, aber vor allem verbale oder sogar tätliche Angriffe würden den Einsatzkräften sehr zusetzen.

In diesem Gottesdienst segnete Gerd Häußler den Schnaitheimer Pfarrer Martin Kleineidam als neuen Notfallseelsorger ein. Verabschiedet wurden (in Abwesenheit) Iris Carina Kettinger und Katharina Kleiner. Weil sie beruflich noch mehr in Anspruch genommen oder nun Ruheständler sind, wurden durch Rolf Wachter und seinen Stellvertreter Thomas Haselbauer Arno Broers (Sontheim/Brenz), Steffen Palmer (Sontheim/Brenz) und Michael Williamson verabschiedet. Letzter bekam beim Festakt noch eine Ehrennadel und eine Urkunde für 25 Jahre Notfallseelsorge. Steffen Palmer wurde für 20 Jahre gedankt.

Festakt im evangelischen Gemeindehaus Königsbronn

Am folgenden Abend war im evangelischen Gemeindehaus zu Königsbronn die eigentliche Geburtstagsfeier mit Musik des Pfarrer-Ehepaars Anne-Kathrin Kapp-Kleineidam und Martin Kleineidam. In kleinen Gesprächsrunden, die Königsbronns evangelischer Pfarrer Christoph Burgenmeister moderierte, wurden die verschiedenen Anforderungen, Aspekte, Belastungen und durchaus auch erfreuliche Momente des Diensts angesprochen: Notfallseelsorge also, wo die Worte versagen. Dabei erfuhren die Zuhörer, dass der bisherige Chef des Kriseninterventionsteams, Holger Loock, von Ilka Schleifer als Leitung abgelöst wurde.

Von „einem sehr guten Dreiklang“ im Blick auf Notfallseelsorge, Kriseninterventionsteam und Einsatz-Nachsorge sprach Landrat Peter Polta: „Sie sind in schwierigen Momenten im Kreis unterwegs und spenden Trost bei erschütternden Schicksalsschlägen.“ Polta versicherte, dass der Landkreis die Arbeit weiter nach Kräften unterstützen werde.

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Leni Breymaier zollte den aktiven Helfern großen Respekt. Mitunter bräuchten die Einsatzkräfte selbst Hilfe, um Erlebtes verarbeiten zu können. Dekan Gerd Häußler sagte: „Beispielhaft zeigt die Notfallseelsorge, wie die Kirchen in die Gesellschaft hineinwirken und Zeichen der Nächstenliebe setzen können. Ich bin stolz auf die Notfallseelsorge.“

Dr. Bernhard Konyen gratulierte als Präsident des Rotkreuz-Kreisverbands und bestätigte „als Leitender Notarzt habe ich die enorme Hilfe schätzen gelernt“. Er erinnerte auch an Karl-Heinz Kocka, der viele Jahre die Notfallseelsorge prägte und als treibende Kraft vor 25 Jahren gewirkt habe. Thomas Joos gratulierte als stellvertretender Vorsitzender des Kreisfeuerwehrverbands.

Pfarrer Rolf Wachter, der seit 15 Jahren der Notfallversorgung vorsteht, sagte, dass der Kooperationsvertrag mit dem Landkreis vor der Unterzeichnung stehe. Schließlich wolle sich die Notfallseelsorge mit einem VW-Bus-ähnlichen Fahrzeug ausrüsten, um Betroffene nicht mehr unter freiem Himmel, sondern im geschützten Raum eines Fahrzeugs betreuen zu können. Dafür brauche man Spenden, auch für die Betriebskosten.

Die Notfallseelsorge: Einblicke und Zahlen

In der Notfallseelsorge sind aktuell 25 Personen aktiv. Deutlich abgenommen hat in der Vergangenheit die Zahl katholischer Geistlicher. Neu hinzu kam Pfarrer Mathias Michaelis von der katholischen Kirchengemeinde Burgberg. Auch bei der evangelischen Kirche ist der Rückgang angesichts von Stellenkürzungen bei den Pfarrdienstposten zu erwarten. Unter den Notfallseelsorgern sind übrigens auch zwei Muslime: Özcan Kalkat und Abdullah Göcmen. Als erfreulich angesehen wird die steigende Zahl Ehrenamtlicher, die sich in die Arbeit einbringen, freute sich sinngemäß Rolf Wachter.

Das Kriseninterventionsteam des Roten Kreuzes umfasst 13 Aktive. Oftmals sind beide Organisationen gleichzeitig im Einsatz. Der Alarm kommt über die integrierte Leitstelle in Aalen.

Noch keinen Einsatz zu bestehen hatte in diesem Jahr das neue Einsatz-Nachsorgeteam, dem teilweise auch Personen aus den vorgenannten Institutionen angehören. In den 25 Jahren wurde bei insgesamt 1300 Einsätzen rund 6000 Menschen geholfen. Geleistet wird Akuthilfe bei plötzlichen Todesfällen oder Suizid, bei  schweren Unglücksfällen und bei der Überbringung von Todesnachrichten durch die Polizei. Auch seelische Verzweiflung kann Anlass sein, die Notfallseelsorge zu rufen.