Tätowierungen

Warum Pfarrerin Eva-Maria Busch aus Zang nicht nur der Glaube unter die Haut geht

Eva-Maria Busch ist Pfarrerin im Ruhestand. Die Zangerin hat aber mindestens noch zwei Leidenschaften: Sie liebt Hardrock und Tattoos. Heute steht sie voll und ganz dazu. Doch das war nicht immer so.

Sechs Tattoos schmücken die Haut von Eva-Maria Busch bislang. Was das Tätowieren angeht, war sie eher eine Spätzünderin. Ihr erstes hat sie mit 50 stechen lassen. Eine Tulpe am Dekolleté. „Ich habe Tulpen mein ganzes Leben lang geliebt“, erklärt die 66-Jährige. „Ich bin kein Fan, sondern eher ein Tulpen-Freak.“ Jahrelang habe sie versucht, Schmuck in Tulpenform zu finden. Bis auf einen Ring in Istanbul sei sie nicht fündig geworden. „Irgendwann dachte ich mir, wenn die Liebe zu dieser Blume auch nach so vielen Jahren noch konstant ist, lasse ich mir einfach eine stechen.“

Die eigene Geschichte auf der Haut

Tattoos sind verbreitet wie nie. Fast jeder vierte in Deutschland trägt eines. Und bei Frauen sind Tattoos noch beliebter als bei Männern. „Ein ästhetisches Tattoo kann man sich natürlich auch mit 18 oder 19 stechen lassen, wenn es nur ein modisches Detail sein soll, aber eigentlich rate ich eher dazu ab“, sagt Eva-Maria Busch. Die Gefahr sei groß, dass es einem mit 35 nicht mehr gefällt, und man es dann mit Laser entfernen muss. Bei ihren Tattoos besteht die Gefahr nicht. „Sie haben mit mir, mit meiner Geschichte und meinem Leben zu tun“, erklärt sie. „Wenn man sich für ein Tattoo entscheidet, muss man wissen, was man tut.“ Dazu gehöre auch der Schmerz beim Tätowieren. „Ein Tattoo will eben verdient sein.“

Das Lieblingstattoo von Eva-Maria Busch. Foto: Rudi Penk

Dass sie den Schritt nicht früher wagte, hat auch mit ihrem Beruf als Pfarrerin zu tun. „Ein paar Gemeindemitglieder haben schon geschnauft, als sie mein Tattoo gesehen haben“, beschreibt Eva-Maria Busch. Als sie wegen eines Wechsels der Pfarrstelle vor einen Bewerbungsausschuss treten musste, wurde sie von diesem auch gefragt, warum sie tätowiert sei. „Unter Christen ist der Gedanke verbreitet, dass man sich nicht tätowieren lassen darf“, sagt die Zangerin.

Sind Tattoos im Christentum erlaubt?

Als Beleg wird von manchen ein Vers aus dem dritten Buch Mose herangezogen, der besagt, dass man sich nicht ins Fleisch einschneiden oder Schriften in sich ätzen soll. „Diese Stelle muss man aber wie vieles in der Bibel kontextuell betrachten“, sagt Busch. „Es geht dabei nicht um Tätowierungen, sondern um eine Form der Totenverehrung.“ Der Apostel Paulus beschrieb den Körper als einen Tempel des Heiligen Geistes, den man also nicht schädigen soll. „Nach Rücksprache mit meiner Hautärztin schädige ich meinen Körper aber nicht“, so Busch. „Die Farben sind hierzulande streng kontrolliert, die meisten Studios achten sehr auf Hygiene und jede Spritze dringt tiefer in die Haut ein als eine Tätowiernadel.“

Auf ihrem Arm trägt sie eine Anleitung dazu, wie das Leben gelingen kann. Foto: Rudi Penk

In der Geschichte der Menschen haben Tattoos jedenfalls eine sehr lange Tradition, mit der sich Eva-Maria Busch lange beschäftigt hat. Schon in der Steinzeit war diese Kunst bekannt und auch auf dem Körper von Ötzi, der rund 5000 Jahre alten Gletschermumie, haben Forschende mehr als 60 Tattoos gefunden. Ägyptische Priesterinnen schmückten ihren Körper damit, bei den Maori, den Ureinwohnern Neuseelands, erzählten Tätowierungen etwas über den sozialen Status der Person, über Religion und Weltanschauung. Die Römer markierten mit Tätowierungen Sklaven und Verbrecher.

Schon Ötzi war tätowiert

„Tätowierungen haben sich auf der ganzen Welt entwickelt“, sagt Eva-Maria Busch. Auch bei vielen Völkern Europas waren sie verbreitet, bis Papst Hadrian I. diese Art von Körperschmuck im Mittelalter verbot und somit dem Vergessen preisgab. „Auch durch dieses Verbot geriet der Körperschmuck in die Schmuddelecke und ist lange dort geblieben“, so Eva-Maria Busch. Dass Seefahrer bemalt von ihren Reisen aus der Südsee zurückkehrten, tat dann sein Übriges. Ein weiterer Grund, warum Tätowierungen lange Zeit Unsicherheit beim Gegenüber hervorriefen, glaubt Eva-Maria Busch.

Die islamische Mythologie ist eine weitere Leidenschaft von Eva-Maria Busch. Davon zeugt dieser Ausspruch. Im Islam sind Tätowierungen allerdings verboten. Foto: Rudi Penk

Als Pfarrerin fiel ihr die Entscheidung, sich tätowieren zu lassen, jedenfalls schwerer als anderen. „In den ersten Jahren nimmt man sich als junger Pfarrer als Person eher zurück“, beschreibt Eva-Maria Busch. Mit den Jahren werde man dann selbstbewusster. „Man merkt, dass man mit seiner eigenen Persönlichkeit nicht hinter den Berg halten muss.“ Irgendwann war der Punkt erreicht, an dem sie sich sagte: „Ich bin ein gläubiger Mensch und ich habe Freude an Tätowierungen und Lust auf Hardrock.“ Und so habe sie ihren eigenen Weg gefunden. Grundsätzlich glaube sie an eine Religion, die einen nicht einengt, sondern befreit.  

Ihre Lieblingsband: AC/DC

Unsicherheit bei Gläubigen rief auch lange Zeit ihre zweite Leidenschaft hervor: Hardrock. Denn diese Musikrichtung hatte in der Kirche ebenfalls nichts zu suchen. „Dabei haben viele Bands unglaublich gute Texte“, so Eva-Maria Busch. Als Beispiel nennt sie Led Zeppelins „Stairway to Heaven“. „Das hat man verteufelt, man sollte satanische Botschaften hören, wenn man es rückwärts spielt. Das war wirklich absurd.“ Schließlich gehe es im Titel darum, dass man sich eine Treppe in den Himmel nicht für Geld kaufen kann. Das weiß sie nicht zuletzt durch ihre Auftritte mit Siggi Schwarz bei „Rock und Poesie“, wo bekannte Rocksongs gespielt und von Eva-Maria Busch in poetischer Art und Weise übersetzt werden. 

AC/DC ist übrigens die Lieblingsband von Eva-Maria Busch. „Ich bin im Juli zusammen mit 90.000 anderen auf dem Cannstatter Wasen gestanden“, gibt sie lachend zu. Ihr Lieblingstitel sei allerdings nicht „Highway to Hell“, sondern „Hells Bells“. „Das Intro zieht einem einfach die Füße weg.“ Der Titel bedeute übersetzt zwar „Höllenglocken“, aber es gebe eine Geschichte dazu. „Das Glockenläuten, das besungen wird, gedenkt der im Krieg Verstorbenen. Es lohnt sich immer, sich tiefer mit etwas zu beschäftigen.“

Beruf und Berufung

Eva-Maria Busch ist seit Oktober 2023 im Ruhestand. Davor war sie sieben Jahre Pfarrerin bei der Zinzendorfgemeinde in der Heidenheimer Oststadt. Weitere berufliche Stationen waren Ötisheim im Enzkreis, die Evangelischen Jugendheime in Heidenheim, Weidenstetten, Ettlenschieß und Zang. Seit 1. Februar arbeitet sie aushilfsweise in der Kirchengemeinde Söhnstetten.

Die nächste Veranstaltung von "Rock und Poesie" mit Eva-Maria Busch und Siggi Schwarz unter dem Motto „Heal the World“ findet am 9. März ab 17 Uhr in der katholischen Kirche in Burgberg statt.

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