Große Unternehmen müssen schon seit jeher wissen, wie viel sie wert sind, denn alles wird exakt in den Bilanzen aufgeführt. Auch die meisten Haus- und Grundstückseigentümer dürften in etwa ein Gefühl dafür haben, wie hoch ihr Eigentum bewertet wird. Bei den Kommunen war das über Jahrzehnte hinweg nicht der Fall, der Wert von Gebäuden, Straßen, Plätzen und sonstige Sachanlagen spielte keine Rolle. Das hat sich geändert, seit das Rechnungswesen von der Kameralistik auf die Doppik umgestellt wurde, und das war im Jahr 2020 der Fall.
Die Kommunen haben zu diesem Zeitpunkt zwar ihr Rechnungswesen umgestellt, eine Eröffnungsbilanz, in der sämtliche Sachwerte erfasst werden, haben jedoch viele noch nicht vorgelegt. In Königsbronn liegt sie nun vor. Der stellvertretende Kämmerer Matthias Bölstler stellte das 85-seitige Werk dem Gemeinderat vor, das Auskunft darüber gibt, wie arm oder reich der Ort ist.
Mehr als 60 Millionen Euro an Sachwerten
Ganz nüchtern betrachtet beläuft sich der Wert des gesamten Sachvermögens Königsbronns auf exakt 60.407.064,28 Euro. Mehr als 60 Millionen Euro also, die im Eigentum der Gemeinde sind. Dass die Zahlen auf dem Papier nicht unbedingt mit den tatsächlichen Werten identisch sind, ergibt sich einerseits aus der Methode der Bewertung, andererseits auch daraus, dass sich sämtliche Zahlen in der Eröffnungsbilanz auf das Jahr 2020 beziehen.
Neben mehreren kleineren Positionen besteht das Sachvermögen im Wesentlichen aus bebauten und unbebauten Grundstücken sowie aus Infrastrukturvermögen. In Königsbronn entfällt der größte Posten mit mehr als 32 Millionen Euro auf die bebauten Grundstücke, wobei hier Grund und Boden und das Gebäude getrennt bilanziert werden. Doch wie soll man beispielsweise den Wert historischer Gebäude ermitteln, von denen die Gemeinde ja einige in ihrem Besitz hat? Die Vorgehensweise ist relativ einfach: Alle bebauten Grundstücke, die zwischen Januar 2014 und Dezember 2019 gekauft oder bebaut wurden, werden mit den Anschaffungskosten bewertet, gleiches gilt für unbebaute Grundstücke wie Sportanlangen oder Spielplätze. Die Grundstücke, auf denen die gemeindeeigenen Gebäude stehen, werden anhand des Bodenrichtwerts beziffert, für die Bewertung der Gebäude wurden bei der Eröffnungsbilanz die Gebäudeversicherungswerte herangezogen.
Rathaus ist nur einen Euro wert
Das wertvollste der 57 Gebäude, die im Gemeindeeigentum und in der Eröffnungsbilanz enthalten sind, ist die sanierte Realschule der Georg-Elser-Schule. Ihr Wert wird mit 4,07 Millionen Euro angegeben. Den geringsten Wert weist ein Schuppen in Ochsenberg auf. Das repräsentativste und wohl auch schönste Gebäude in Königsbronn ist das historische Rathaus. Die Anschaffungskosten im Januar 1900 lagen bei umgerechnet 70.326 Euro. In der Eröffnungsbilanz ist der Restwert jedoch nur mit einem Euro Erinnerungswert angegeben. Das liegt daran, dass Gebäude, die älter als 50 Jahre sind, abgeschrieben sind. Gleiches gilt für die Georg-Elser-Gedenkstätte: Trotz der Anschaffungskosten in Höhe von 82.220 Euro hat sie nur noch einen Euro Erinnerungswert.
Anders steht es da schon um die Hammerschmiede. Im Jahr 2011 lag der Anfangsbestand bei 1,564 Millionen Euro, 2020 war sie noch 1,282 Millionen Euro wert. Die marode und dringend sanierungsbedürftige Herwartsteinhalle verfügte 2020 noch über einen Restwert von 454.282 Euro. Die Anschaffungskosten hatten im Jahr 1979 bei rund 2,5 Millionen Euro gelegen.
Die zweitgrößte Position unter den Sachanlagen ist das Infrastrukturvermögen, das sich auf knapp 17 Millionen Euro beläuft. Hierzu gehören die Straßen, Wege, Tunnel, Friedhöfe, Brücken und sonstige Bauten, aber auch das Kanalsystem. Auch hier wurde alles zwischen 2014 und 2020 mit den Anschaffungs- und Herstellungskosten bewertet, für alles vor 2014 wurden Pauschalwerte herangezogen. Die gemeindeeigenen Straßen wurden dafür in fünf Kategorien unterteilt: Schnellverkehrs- und Industriesammelstraßen (139 Euro pro Quadratmeter), Hauptverkehrsstraßen und Straßen in Wohngebieten (127 Euro), Wohnsammelstraßen (113 Euro), Anliegerstraßen (106 Euro) und nicht asphaltierte Wege (23 Euro). Insgesamt verfügt die Gemeinde über 42 Kilometer Gemeindestraßen und 8,3 Kilometer Gemeindeverbindungsstraßen. Hinzu kommen noch 14 Brückenbauwerke unterschiedlicher Art und Größe.
Von den knapp 17 Millionen Infrastrukturvermögen entfallen allein 11,8 Millionen Euro auf Grund und Boden. Die Straßen, Wege und Plätze sind mit 1,4 Millionen Euro bewertet. Dies kommt dadurch zustande, dass die Straßen separat von dem Grund, auf dem sie verlaufen, genannt werden. Die gemeindeeigenen Friedhöfe und Bestattungseinrichtungen weisen in der Bilanz einen Wert von knapp 2,4 Millionen Euro auf.
1093 Straßenbeleuchtungen
Die Beleuchtungen werden im Infrastrukturvermögen ebenfalls bewertet. Auch das erfolgte anhand der Anschaffungskosten. Sind diese nicht bekannt oder nicht zu ermitteln, wurden Durchschnittswerte herangezogen. Die liegen bei technischen Leuchten bei 860 Euro, bei Dekorationsleuchten bei 1335 Euro und bei historischen Dekorationsleuchten bei 2990 Euro je Lichtpunkt. Insgesamt verfügt Königsbronn über 1093 Straßenbeleuchtungen.
Die Gemeinde verfügt auch über eine Vielzahl von Grundstücken, insgesamt handelt es sich um exakt 737 Flurstücke. Die unbebauten Grundstücke werden in der Eröffnungsbilanz auf einen Gesamtwert von 6,3 Millionen Euro taxiert. Zu ihnen gehören Grünflächen, Sportplätze, Spielplätze, Ackerland, Waldflächen, aber auch sonstige unbebaute Grundstücke. Für die bebaubaren Grundstücke wurde der Beschaffungswert zugrunde gelegt, liegt der nicht vor, griff man auf den aktuellen Bodenrichtwert zurück.
Neben den bebauten und unbebauten Grundstücken sowie der Infrastruktur werden noch andere Vermögenswerte der Gemeinde in der Eröffnungsbilanz genannt. Dazu gehören die Kunstgegenstände und Kulturdenkmäler (30.000 Euro), Maschinen, technische Anlagen und Fahrzeuge (730.000 Euro), Betriebs- und Geschäftsausstattung (571.000 Euro), Vorräte (17.500 Euro) und geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau (3,7 Millionen Euro).
Mehr Transparenz
Einer der Gründe, warum die Doppik die kameralistische Buchhaltung abgelöst hat, war, dass sich der Gesetzgeber mehr Transparenz verspricht. Ein wesentlicher Bestandteil des neuen Rechnungswesens ist nämlich auch, dass die Kommunen und Landkreise die Abschreibungen erwirtschaften müssen. Das ist bei Unternehmen seit jeher so, die Kommunen waren jedoch außen vor.