Zwischen Hoffnung und Herausforderung: Eine Reise durch Uganda
Die warme Sonne taucht die fremde Landschaft unter uns in goldenes Licht. Es ist circa 5.30 Uhr, als unsere Maschine den Landeanflug in Richtung Entebbe, Uganda, startet. Hinter uns liegen circa 13 Stunden Flugzeit und der Alltag auf der heimischen Ostalb. Der ist nun Luftlinie etwa 6900 Kilometer entfernt. Auch der Arbeitsalltag bei der Heidenheimer Zeitung gehört, zumindest für die kommenden zweieinhalb Wochen, einer anderen Realität an. Anstatt beruflich oder als Touristen unterwegs zu sein, haben meine Mutter Antje Horrer und ich, Katharina Horrer, diese Reise ins Herz Afrikas als Vereinsmitglieder der Uganda-Hilfe Königsbronn gestartet. Unsere Mission ist es, die verschiedenen Projektstationen zu besuchen, die Vereinsgründerin Helene Dingler und ihr Team mit Sponsorengeldern unterstützt, und zu überprüfen, ob die Spenden aus Deutschland tatsächlich ihr Ziel erreichen.
Bislang hatte Helene Dingler diese Aufgabe immer selbst übernommen. Sie kennt die Menschen und Kontaktpersonen vor Ort, kann das facettenreiche Land und die Gegebenheiten einschätzen und weiß aus jahrelanger Erfahrung, wem sie vertrauen kann.
Die Planung dieser Reise hatte sich jedoch nicht ohne Hindernisse gestaltet: Eine unglückliche Schulterverletzung und gerissene Sehnen zwangen Helene, die uns eigentlich begleiten sollte, zur Absage der Reise. Sollten wir trotzdem gehen? Uns war klar, dass Uganda ein Land zwischen Hoffnung und Herausforderung ist, wo zwar viele herzliche Menschen leben, wo aber genauso auch ein korrupter Präsident an der Macht ist, der das Land unweigerlich prägt. Wir entschieden, dass wir die Kontakte vor Ort pflegen und uns ein eigenes Bild von der Situation machen müssen.
Hunderte Notleidende werden im Krankenhaus in Matany behandelt
Unsere Reise führt uns vom Flughafen in Entebbe zunächst nach Kampala, in die pulsierende Hauptstadt Ugandas. Von dort aus ging es weiter in das 300 Kilometer und etwa neun Stunden entfernte Matany, eine Siedlung in der Karamoja-Region im Nordosten des Landes. Dort liegt die Heimat und Arbeitsstätte von Günther Nährich, einem Comboni-Bruder. Im St.-Kizito-Hospital leisten er und sein Team aus einheimischen Ärzten, Pflegekräften und Hebammen beeindruckende Arbeit. Sie pflegen, behandeln und untersuchen täglich Hunderte von Patienten, die mitunter an HIV, Malaria, Tuberkulose, Schusswunden und Unterernährung leiden. Das Leid der Menschen in Matany ist groß, aber das vertrauensvolle und liebevolle Zusammenarbeiten der Mitarbeitenden des Krankenhauses lindert es. Obwohl die wenigsten der Patienten sich eine Behandlung leisten können, werden alle versorgt. Spenden sind unerlässlich, um die medizinische Versorgung aufrechtzuerhalten. Das Krankenhaus spart, wo es kann: Auf dem Gelände bewirtschaften zwei einheimische Mitarbeiter, Joseph und Elija, mit viel Expertise einen riesigen Garten mit Gewächshäusern und nachhaltigem Bewässerungssystem. Sie halten Ziegen und Hühner und pflegen einen Wald zur Bekämpfung der Landdegradierung.
Versorgung von 400 traditionell lebenden Menschen mitten im Busch
Besonders bewegend ist unsere zweitägige Teilnahme an dem monatlich stattfindenden "Outreach-Programm" des St.-Kizito-Hospitals. Der Name "Outreach" rührt daher, weil das Programm in den weit entlegenen und schwer erreichbaren Gebieten im Busch stattfindet, wo es weder Schulen noch medizinische Zentren gibt. Dafür: allerlei Krankheiten. Das einheimische Team, bestehend aus unfassbar fleißigen Hebammen, Krankenschwestern und einem Arzt, bietet für die traditionell lebenden Menschen die einzige Chance, an die notwendigste Gesundheitsversorgung zu gelangen: Impfungen für Säuglinge und Kleinkinder, Behandlung schwangerer Frauen, Medikamentenausgaben und Malariabehandlungen werden vorgenommen. An beiden Tagen sind wir dabei und helfen mit, als das Team rund 400 Menschen untersucht, verarztet und registriert.
Gulu: Ausbildung und Arbeit fördern die einheimische Wirtschaft
Unsere nächste Station ist die Stadt Gulu, acht Stunden von Matany und nur zwei Stunden von der Grenze zum Südsudan entfernt. Während der turbulenten Zeiten der brutalen Rebellenarmee „Lords Resistance Aermee“ war Gulu ein Zentrum der Konflikte. Tausende Kinder und Jugendliche wurden von den Rebellen rekrutiert und zum Morden gezwungen. Die Grausamkeit kann man sich kaum vorstellen. Mittlerweile hat sich die Situation längst beruhigt und die Stadt ist zu einem wichtigen Handelszentrum geworden. Narben der schrecklichen Vergangenheit trifft und sieht man hier trotzdem noch an einigen Stellen: ehemalige Kindersoldaten mit Brandnarben, ohne Arme, Beine, Finger, Ohren, ohne Arbeit, Familie und Perspektive. Seit Jahren hilft Bruder Konrad Tremmel auch diesen Menschen. Seit kurz nach Ende der Konflikte ermöglicht er ihnen Ausbildung und Arbeit. In seiner Handwerkerschule, die wir in Gulu besuchten, beschäftigt er rund 100 Frauen und Männer und hat 180 Auszubildende.
Seine Auszubildenden haben nach ihrer Lehre neben einer Übernahme im Lehrbetrieb die Möglichkeit, eigene kleine Betriebe zu gründen, was die einheimische Wirtschaft fördert. Von Vorteil für den Absatz des Betriebs ist Konrads weitläufiges Netzwerk mit den Einheimischen. Vor Ort erleben wir, dass er an vielen Stellen auf hilfsbedürftige Menschen trifft und wie er Notdürftigen weiterhilft. Es vergeht fast kein Tag, an dem bei ihm nicht jemand vorbeikommt, der tagelang kein Essen hatte oder Geld für Medikamente benötigt. Konrad hilft, wo er kann. Und wo er es für sinnvoll hält.
Auch Pater Gerner lebt nun mit Konrad und weiteren Mitbrüdern auf der Missionsstation Layibi in Gulu. Mit seinen fast 88 Jahren ist er zwar gesund, aber sehr müde. Vermutlich wird er Uganda bald verlassen müssen.
In der Primarschule St. Bakhita, ebenfalls in Gulu, erleben wir die herzliche Regina, die sich um Waisenkinder kümmert. Ihre Situation erfordert dringende Verbesserungen, und es ist ein großer Traum von ihr und ihrem Team, einen eigenen Brunnen zu besitzen, der zuverlässig Wasser liefert. Das Waisenhaus möchte damit unabhängig von der Willkür der Regierung werden, die die Wasserversorgung kontrolliert und zu unbestimmten Zeitpunkten dafür sorgt, dass kein Wasser fließt.
Aber nicht nur in Uganda, sondern auch im Südsudan, wo sich die Situation aufgrund von Raub und Mord äußerst schwierig gestaltet, unterstützt die Uganda-Hilfe Königsbronn mit finanziellen Mitteln. In Gulu treffen wir auch Comboni-Bruder Erich Fischnaller, der aus dem Südsudan nach Uganda fliehen musste, nachdem seine Handwerkerschule im Krieg bei einem Überfall total zerstört wurde. Er arbeitet nun im großen Flüchtlingslager Moyo nahe der Grenze. Täglich kämpft er darum, mittellose Familien, Waisen, Behinderte und Kriegsopfer vor dem Hungertod zu bewahren.
Die Reise ist geprägt von vielen Begegnungen und Besuchen von Orten, wo Hilfe des Königsbronner Vereins Gutes tut. Auch aus der Ferne bleibt der Verein weiterhin in engem Kontakt, so wie mit Pater Samuel Ocaya, der von der Uganda-Hilfe Königsbronn unterstützt wird und von den Fortschritten der Landwirtschaft und der Schule in Odek berichtet.
Seit unserer Rückkehr nach Königsbronn begleiten uns die Erlebnisse und Eindrücke dieser Reise. Die Dankbarkeit und Bescheidenheit, weil es uns hier so unglaublich gut geht, verstärken unser Engagement, die Menschen in Uganda und im Südsudan in ihrer Not zu unterstützen. Fest steht: Die Missionare, Ärzte und Schwestern in Uganda leisten Unglaubliches, um Armut, Hunger und Krankheit zu lindern und Bildung zu ermöglichen. Und was Helene Dingler dort aufgebaut hat, ist und bleibt etwas sehr Besonderes: Projekte, die möglich machen, dass die Menschen in Uganda im eigenen Land leben und sich vor Ort eine bessere Zukunft aufbauen können. Trotz aller Widrigkeiten.