In den Clinch zwischen dem Eigentümer und der Gemeinde als Hauptmieterin des Ärztehauses hat sich jetzt auch die Untermieterin, die Allgemeinarztpraxis Dr. Klaus T. Kumpe, Matthias Wohlrab und Dr. Johannes M. Schmid eingeschaltet (wir berichteten in unserer Ausgabe am 31. Juli 2024). In einer schriftlichen Stellungnahme monieren die Ärzte offenbar, dass das Gebäude als medizinisches Zentrum vorgesehen war.
Der bei der Planung bekannte Nutzungszweck hätte bereits von Anfang an berücksichtigt werden müssen. Möglicherweise hätte die Immobilie bei der technischen Endabnahme nicht für diese Zwecke vermietet werden dürfen. Die dort praktizierenden Ärzte listen Baumängel auf und widersprechen damit dem Bauherrn, dem als freien Architekten in Ettlenschieß tätigen Bernd Dietrich, der mehrheitlich Gebrauchsspuren im Hause sieht.
Lange Liste an Problemen
Die Türen zu den Sprechzimmern und in das Wartezimmer dämmten nicht die Geräusche, sodass im Wartezimmer aus Diskretionsgründen ein Radio laufen müsse, um nicht die Gespräche am Tresen mithören zu können. Bernd Dietrich sieht das anders: „Ich habe dort eine Akustikdecke bauen lassen.“ Im Übrigen sei wohl der Fußbodenbelag nicht desinfektionsmittel-fest, die Praxiseingangstür zu schwach konzipiert, es fehle der elektrische Anschluss eines gesetzlich vorgeschriebenen und bereits 2017 an der Außenwand montierten Luftwärmeaustauschers und der Anbau mit Technikraum habe ein großes Feuchtigkeitsproblem. Dort, wo die Elektrik, Heizung und die Entkalkungsanlage des Zahnarztes untergebracht sei, sei es regelmäßig tropfnass.
Letzteres, so Eigentümer Bernd Dietrich, liege wohl daran, dass das dort entstehende Wasser nicht ordnungsgemäß aus den Auffangbehältern entsorgt würde, denn das müsse manchmal sogar er machen. Kritisiert wird ferner, dass in einem Abstellraum keine Mülltonnen stehen können, weil dort auch Baumüll lagert. Bernd Dietrich spricht im Telefonat von Baumaterialien, die er jetzt entsorgen will.
Dr. Kumpe und seine Kollegen weisen auch auf den ihrer Meinung nach schlechten Zustand des Außenputzes hin, der zur Kronengasse hin abzubrechen drohe. Auch das lässt der Eigentümer so nicht gelten: „Da ist eine Gitterdecke darunter, da passiert nichts.“ Unzufrieden sind die Mediziner ebenso mit den Dächern, denn eine Abdichtung sei bei jenem auf dem Anbau nicht vorhanden und bei dem auf der Zahnarztpraxis mangelhaft verlegt, dort befinde sich ein Teich, der dauerhaft da sei und die Insekten zur Brut anzöge. „Ich habe dort mit Flüssigkunststoff abgedichtet“, sagt dazu der Architekt.
Parkplatz noch unfertig
Nicht zuletzt sei der Zustand des nicht hergestellten Parkplatzes auf der Gebäuderückseite aufzuführen, denn der werde seit Jahren als Müllhalde und durch streunende Hunde als Klo benutzt. Zehn Parkplätze, darunter zwei für Behinderte, sollen dort noch entstehen. Aktuell ist Eigentümer Bernd Dietrich dabei, die Fläche selbst Stück für Stück zu pflastern. Der Eigentümer versteht nicht, warum die Praxis, die von Anfang an im Gebäude untergebracht ist, im Zuge des Baufortschritts Wünsche geäußert habe, so wie der später ins Haus gekommene Zahnarzt, denn im Bauantrag und der Baugenehmigung habe er, so Dietrich, einen „mittleren Bürostandard“ geplant und realisiert.
Von Nicola Abele, der dort selbständig tätigen Logopädin, war urlaubsbedingt keine Stellungnahme zu erhalten. Apothekerin Diana Haehner, die vor fünf Jahren von der anderen Straßenseite ins Ärztehaus umzog, stört ebenfalls die Außenansicht, hat jedoch außer aufplatzenden Fugen keine Mängel zu beanstanden. Zahnarzt Dr. Benjamin Sailer unterstützt seine Kollegen von der Hausarztpraxis: „Wir warten jetzt dringend auf den Gerichtsentscheid, damit die vielen Mängel behoben werden.“ Dies soll im Herbst in einem sogenannten Beweisschlussverfahren vor Gericht erfolgen.
Abrechnungen nicht nachvollziehbar
Von fehlenden Sockelleisten bis zum verschimmelten Technikraum – für Bürgermeisterin Selina Holl ist es einfach die Häufung der Mängel, die das Fass zum Überlaufen brachte, weil sie nicht behoben werden. Hinzu kommt, dass die vier Mieter des Ärztehauses seit Jahren auf nachvollziehbare Hausgeldabrechnungen warten. Laut Holl funktionieren die Zähler zum Teil nicht oder nicht einwandfrei. Die Gemeinde müsse Vorauszahlungen leisten, aber ihre Mieter kürzen diese aus besagtem Grunde gegenüber der Gemeinde.