Was passiert, wenn die Mönche gehen?

Das Neresheimer Kloster zwischen schwindendem Einfluss und ungewisser Zukunft

Das Kloster Neresheim steht vor ungewissen Zeiten. Mit nur noch fünf Mönchen wird die Zukunft der Benediktinerabtei auf dem Ulrichsberg zum Stadtgespräch. Ist der Neresheimer Konvent in der Krise? Wie geht es weiter, wenn es noch weniger Mönche werden?

Das Benediktinerkloster mit der Abteikirche auf dem Ulrichsberg dominiert den Blick über die Härtsfeldlandschaft bei Neresheim. Nicht nur die Bürgerinnen und Bürger der Härtsfeldstadt mögen sich fragen, wie es hinter den dicken Klostermauern in Zeiten aussieht, in denen in Priesterseminaren der katholischen Kirche kaum noch junge Männer studieren und in Klostern kaum neue Mönche die „ewige Profess“ ablegen.

Am Fuße der Benediktinerabtei schaut manch einer wohl mit gemischten Gefühlen auf das Bauwerk, dessen Kirche zu den bedeutendsten deutschen Kirchenbauten des Spätbarock zählt, das aber auch als Symbol für den schwindenden Einfluss des klösterlichen Lebens interpretiert werden kann. Fest steht, in Neresheim leben derzeit noch fünf Mönche. Zwei von ihnen sind über 80 Jahre alt. Wie geht es weiter? Muss man damit rechnen, dass das Kloster aufgegeben wird? Und was geschieht dann? Das Kloster ist Stadtgespräch.

Heute ist die Abtei, die im Jahr 1095 zunächst für Augustiner-Chorherren gegründet wurde, nahezu eine Einsiedelei. In den vergangenen Jahrhunderten gab es stets Höhen und Tiefen. So gab es Zeiten, in denen weit mehr als 30 Mönche das Benediktinerkloster zu einem Ort großer spiritueller Gemeinschaft machten. Aber auch Zeiten, wie nach dem Dreißigjährigen Krieg, als im Kloster nur noch vier Mönche lebten.

Eine Abtei ohne Abt?

Nun hat sich in den vergangenen Jahren die Zahl der Mönche kontinuierlich verringert. Nach dem Tod von Pater Martin Jelli im April 2024 sind es noch fünf Mönche, die die Klosteranlage bewohnen. Das sind Pater Gregor Hammes, Pater Theodor Köhler sowie Bruder Gerhard Haßler und Bruder Matthias Maucher. Pater Albert Knebel steht dem Konvent als sogenannter Konventualprior vor. Der 67-Jährige hat als in dieser Funktion alle Pflichten und Rechte eines Abts, ist aber weder auf Lebenszeit noch auf die zwölf Jahre wie ein Abt gewählt. Im März vergangenen Jahres hatte ihn der Konvent auf weitere sechs Jahre zum Oberen des Klosters gewählt.

Pater Theodor und Bruder Gerhard sind mit weit über 80 Jahren die beiden Ältesten des Konvents. Jüngster Mönch ist Bruder Matthias. Er lebt seit 2017 in der Gemeinschaft der Benediktiner in der weitläufigen Klosteranlage auf dem Ulrichsberg. Bruder Matthias hat eine Ausbildung zum Buchhändler absolviert und ist seit geraumer Zeit Subprior, also Stellvertreter des 67 Jahre alten Pater Albert.

Amtswechsel vollzogen

Das Stellvertreteramt hatte zunächst Pater Gregor Hammes inne. Der 55-Jährige wurde von Bruder Matthias Maucher – noch vor der Wiederwahl von Pater Albert – abgelöst. Dazu brauchte es allerdings eine Regeländerung. Die gibt es nicht nur in Neresheim. Der Grund ist allgemeiner Art und dem Mangel an geweihten Priestern geschuldet. Bis dahin galt zwingend, dass bestimmte Ämter, wie Abt, Prior oder Subprior, nur Patres innehaben dürfen; also Mönche, die Theologie studiert haben und zum Priester geweiht wurden. Bruder Matthias ist das nicht. Eine offizielle Mitteilung über die Neubesetzung des Amtes gab es vonseiten der Neresheimer Benediktiner nicht. Über die Gründe ließe sich trefflich spekulieren.

Unter den Neresheimern heißt es, man habe Pater Gregor die Aufgabe des Subpriors entzogen und an Bruder Matthias übertragen. Auf entsprechende Anfrage verweist Konventualprior Pater Albert in einem Schreiben darauf, dass er „Abtei interne und personenbezogene Daten aus Datenschutzgründen nicht beantworte“. Allgemein bekannt ist, dass Pater Gregor bereits einmal das Kloster für mehrere Wochen verlassen hat und wohl auch spätestens ab Frühsommer dieses Jahres erneut Gast eines Benediktinerklosters im Ausland sein wird.

Es existiert keine von unserem Orden vorgeschriebene Mindestanzahl an Mönchen für ein Kloster.

Konventualprior Pater Albert

Selbst wenn Pater Gregor nicht mehr nach Neresheim zurückkehren sollte, ist das kein Grund für das Ende des Klosters. „Es existiert keine von unserem Orden vorgeschriebene Mindestanzahl an Mönchen für ein Kloster“, erläutert Konventualprior Pater Albert in dem Brief.

Viel Platz für Wenige

Viel Platz für wenige Mönche also? Die Mönche bewohnen den Ostflügel des Konventgebäudes, das, wie die gesamte Klosteranlage samt Abteikirche, sich im Eigentum der Neresheimer Benediktiner befindet. Die Schenkung stammt aus dem Jahr 1927. Insgesamt gebe es aktuell 16 Mönchszellen. Im Westflügel seien, so der Kloster-Obere, elf Gästezimmer. „Ansonsten enthält das Gebäude Funktionsräume, die sich als Wohnräume nicht eignen.“ Der Konventualprior betont in dem Zusammenhang, dass das „Konventgebäude mit seinen vielen Fenstern zur Hälfte aus Gängen und Fluren besteht“.

Während andernorts Klöster aufgegeben werden, ist ein Ende in Neresheim noch nicht in Sicht. Doch was wäre, wenn? Dann hätte die Fürsten-Familie Thurn und Taxis wohl ein Recht darauf, das Kloster zurückzukaufen. Offen ist, ob sie das Vorkaufsrecht zieht. Falls nicht, bleibt abzuwarten, was folgt. Es bleibt ein Fragezeichen, wer sich dann engagiert: die Diözese Rottenburg-Stuttgart oder das Land Baden-Württemberg.

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