Winterserie „Ausflugstipps“

Der Ellwanger Krippenweg: die Weihnachtsgeschichte in darstellerischer Vielfalt

Von Heiligabend an sind viele Kirchen oft bis Lichtmess Orte, die durch das Aufstellen von Weihnachtskrippen das biblische Geschehen der Geburt Christi in figürlichen Darstellungen illustrieren. Die Gestaltung der Krippen ist dabei sehr abwechslungsreich. Ein kleiner Eindruck lässt sich beispielsweise beim Verfolgen des Ellwanger Krippenwegs gewinnen.

Monumental oder winzig klein, farbenfroh oder holzsichtig, prächtig ausgestattet oder minimalistisch – Weihnachtskrippen gibt es in unerschöpflicher Vielfalt. Für viele Menschen, zumeist mit christlichem Hintergrund, gehören die dreidimensionalen Darstellungen des biblischen weihnachtlichen Geschehens mit Figuren von Menschen, Tieren und Engeln ebenso zum Fest wie der Tannenbaum. Dementsprechend sind Krippen bis heute auch in vielen Privathäusern zu finden. Und natürlich sind sie während der Weihnachtszeit und darüber hinaus bis Dreikönig oder oft gar bis Lichtmess am 2. Februar in unzähligen Kirchen und Kapellen öffentlich zur Betrachtung aufgebaut.

Wer in der Region einen kleinen Eindruck dieser erwähnten Darstellungsvielfalt der biblischen Geschichte gewinnen möchte, kann sich auf den sogenannten Ellwanger Krippenweg begeben: Von 24. Dezember bis Lichtmess sind an verschiedenen Stationen in der Stadt und in der Umgebung mehr als zehn schöne Weihnachtskrippen in sakralen Gebäuden sowie in einem musealen Raum zu entdecken. Auch Führungen werden auf Nachfrage bei der Tourist-Info angeboten. Einen echten „Weg“ für den Besuch gibt es allerdings nicht, obwohl sich vier der Krippen in der Stadtmitte befinden. Für die anderen ist es hilfreich oder gar notwendig, sich ein Verkehrsmittel zu organisieren.

Als das Besondere am Ellwanger Krippenweg gilt die Fülle an historischen und zeitgenössischen Umsetzungen und auch der Bezug zur Region. Und zeitlich gesehen reichen die Objekte von der Barockkrippe bis zu jener von Künstlerpfarrer Sieger Köder aus dem Jahr 1998.

Die drei Krippen in der Basilika

Gleich drei Weihnachtskrippen gibt es in der Basilika St. Vitus am Ellwanger Marktplatz in der Stadtmitte zu sehen. Auf der Treppe am Choraufgang befindet sich, gestaffelt aufgebaut, die 1986 von Studiendirektor Johannes Hils entworfene Krippenkonzeption. Die weihnachtliche Geschichte wird hier um historische Personen erweitert, die bei der Weitergabe des Glaubens in der Region eine Rolle spielten, so etwa die Stifter des Ellwanger Klosters, Hariolf und Erlolf.

Am Choraufgang der Ellwanger Basilika St. Vitus hat die 1986 von Studiendirektor Johannes Hils gestaltete Krippenkonzeption ihren Platz. Foto: Stadt Ellwangen

Ganzjährig zu sehen ist in der Krypta von St. Vitus die Krippe, die der Ellwanger Künstler Josef Retzbach 1928 bis 1936 gestaltet hat. Die Architektur nimmt Teile des Schlosses Ellwangen auf und ist mit Figuren bevölkert, die Personen aus der Entstehungszeit wiedergeben. Sieger Köder nahm spätere Ergänzungen vor.

In der Krypta von St. Vitus steht die Krippe, die der Ellwanger Künstler Josef Retzbach 1928 bis 1936 fertigte und die den Brückenbogen und die Torbastei des Schlosses aufnimmt. Foto: Stadt Ellwangen

Der bedeutende religiöse Künstler Köder (geboren 1925 in Wasseralfingen, gestorben 2015 in Ellwangen) zeichnete zusammen mit Helferinnen auch verantwortlich für die im Kreuzgang von St. Vitus aufgestellte Krippe. Das 1998 entstandene Werk ist von einer Reduktion der Ausdrucksformen und Beschränkung auf grobe und billige Materialien geprägt, um die armseligen Verhältnisse bei der Geburt Christi ästhetisch zu illustrieren.

Aus einfachen und groben Materialien besteht die Krippe, die Künstlerpfarrer Sieger Köder zusammen mit weiteren Beteiligten 1998 schuf. Sie befindet sich im Kreuzgang von St. Vitus. Foto: Stadt Ellwangen

Die Krippe in der Stadtkirche

Die vierte Krippe in der Stadtmitte steht in der evangelischen Stadtkirche, in Nachbarschaft zur Basilika. Hier sind die Figuren aus rotem Ton geformt worden und unbemalt geblieben. Sie zeigen die Weihnachtsgeschichte nach den Evangelisten Lukas und Matthäus. Entstanden ist die Krippe auf Initiative einer Frauengruppe aus dem Ellwanger Frauenforum, die 1986 den Entschluss dazu fasste und für die Umsetzung ihrer Idee Unterstützung bei einer Künstlerin fand. An der rechten Chorwand ist hinter der Krippe außerdem ein Gemälde eines Asam-Schülers zu sehen, das ebenfalls das biblische Geschehen zeigt.

Die Barockkrippe im Schlossmuseum

Abseits vom Ellwanger Stadtzentrum ist im Schlossmuseum das ganze Jahr über eine um 1760/1770 entstandene Barockkrippe ausgestellt. Zwei Szenen sind in den Vitrinen zu erkennen: die Ankunft der Heiligen Drei Könige und die Hochzeit von Kana. Insgesamt gehören mehr als 100 biegsame Figuren in Originalgewändern aus der Entstehungszeit dazu. Es wird vermutet, dass diese fürstpröpstliche Auftragsarbeit einst noch aus weiteren, nicht mehr erhaltenen Szenen bestand.

Die monumentale Krippe auf dem Schönenberg

Früher stand die Barockkrippe in der außerhalb der Stadt gelegenen Wallfahrtskirche Schönenberg, die auf dem gleichnamigen, etwa 530 Meter hohen Berg thront. Dort kann man heute stattdessen eine ebenfalls ganzjährig präsentierte, vielbesuchte und sehr große Weihnachtskrippe betrachten. Zu finden ist sie hinter dem Hochaltar auf der begehbaren Empore. Bestandteile sind eine üppige Architektur, Landschaftsstücke und ein breites Hintergrundgemälde. Die Anfänge reichen in das Jahr 1911 zurück – damals wurde in Oberammergau eine Krippe mit 50 Figuren und Umgebung bestellt. Über die Jahre gab es verschiedene Umgestaltungen des monumentalen Werks. Die jüngste Neuordnung aus den Jahren 1992/1993 geht wiederum auf Sieger Köder zurück, der auch sechs neue Figuren dazu entwarf.

Die vier Krippen in der Gemeinde Rosenberg

Vier weitere interessante Krippen, die als Teil des Ellwanger Krippenwegs gelten, sind in Ortschaften westlich und nordwestlich der Stadt zu entdecken. Allesamt gehören sie zur Gemeinde Rosenberg. 1955 wurde in Hinterbrand (mit dem Auto etwa zwölf Minuten von Ellwangen) die Kapelle St. Josef erbaut, in der Sieger Köder ebenfalls intensiv gewirkt hat. Neben den fünf Bildfenstern des Gebäudes, die er gestaltete, ist von Heiligabend bis 2. Februar über dem Altar eine sogenannte Bretterkrippe aufgebaut, für deren Entstehung 1993 er die künstlerische Leitung übernahm. Bei einer Bretterkrippe wurden die Figuren auf Bretter gemalt, dann ausgesägt und gestaffelt aufgestellt.

Die Kapelle St. Maria vom Guten Rat in Hütten (von Hinterbrand etwa drei Minuten mit dem Auto) stammt aus dem Jahr 1779. Auch hier sind Bildfenster von Sieger Köder zu sehen sowie eine auf ihn zurückgehende großformatige Kastenkrippe, die seit dem Jahr 2000 in der Weihnachtszeit aufgebaut wird. Sie wirkt wie ein mit zwei Türen aufklappbarer und innen unterteilter Flügelaltar, der mehrere weihnachtliche Szenen und zahlreiche Engelsfiguren darüber zeigt.

1975 kam Sieger Köder als Pfarrer nach Hohenberg und Rosenberg. Für die neuromanisch umgebaute Jakobuskirche in Hohenberg (von Hütten etwa fünf Minuten mit dem Auto) schuf er in den folgenden Jahren 28 Kirchenfenster und eine Weihnachtskrippe. Zusammen mit Kindern gestaltete er lebendig wirkende Figuren aus einem Drahtgerüst, Pappmaschee und echtem Stoff für die Kleider zur Darstellung des biblischen Geschehens.

Zahlreiche Figuren und auch Tiere wie Elefant und Kamel umfasst die Krippe in der Pfarrkirche Rosenberg (von Hohenberg nochmals etwa fünf Minuten Autofahrt). Gemeindemitglieder fertigten sie in Handarbeit unter Anleitung des früheren Ortspfarrers Köder. Die vielen dargestellten Szenen haben diese Gestaltung in der Vergangenheit zu einem Anziehungspunkt für Krippenfreunde gemacht. Die Kirche beherbergt eine ganze Reihe weiterer Kunstwerke Köders, so auch einen Flügelaltar, dessen linker Flügel noch eine weitere, in diesem Fall gemalte Krippenszene zeigt.

Und eines dürfte klar sein: Die Fülle und Vielfalt der Weihnachtskrippen in der Region ist mit dieser Zusammenstellung des Ellwanger Krippenwegs längst nicht erschöpft.

Info-Flyer und Sieger-Köder-Museen

Bei der Ellwanger Tourist-Info gibt es einen Flyer zum Krippenweg. Und wer sich für Sieger Köder intensiver interessiert, der kann in Ellwangen an der Nikolaistraße 12 das Sieger-Köder-Museum Bild und Bibel sowie in Rosenberg das Sieger-Köder-Zentrum mit Museum und Bibelgarten besuchen. Beide wurden 2011 eröffnet.

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