Tote Seniorinnen bei Schwäbisch Hall

Polizei jagt möglichen Serienmörder

In der Region Schwäbisch Hall geht die Angst um: Drei Seniorinnen wurden in ihren Wohnungen getötet – immer mittwochs. Die Polizei studiert das Muster eines möglichen Serienmörders – und seine Spuren.

Polizei jagt möglichen Serienmörder

Der Mann, der die Terrasse reinigt, lässt die Arbeit kurzerhand stehen und lugt auffällig über den Gartenzaun, um zu sehen, wer die Straße entlanggeht. Passanten in dieser Siedlungsstraße der 3500-Einwohner-Gemeinde werden unmittelbar von mehreren Augenpaaren erfasst. Hier kennt jeder jeden. Hier grüßt man sich freundlich – und bekommt hochgezogene Augenbrauen zu sehen, wenn man das Grüß Gott nicht erwidert.

Wir werden den Täter fassen!

Kriminalpolizei Schwäbisch Gmünd

Fremde fallen auf. Und doch hat es in der Schenkenstraße in Michelbach an der Bilz (Landkreis Schwäbisch Hall) im Laufe des vergangenen Mittwochs ein Gewaltverbrechen gegeben, das wohl unter dem Radar der Anwohner verlief. Der Schock sitzt dort tief. „Kann ich meine Tochter noch alleine in die Schule gehen lassen?“, fragt sich etwa Andreas Kuhn. Ein anderer meint: „Ich bin schockiert und sprachlos. Wir sind doch eine friedliche Nachbarschaft.“

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Hat es ein Serienmörder auf Seniorinnen in Schwäbisch Hall abgesehen?

Das wäre schon fürchterlich genug im ländlich geprägten, beschaulichen Raum Schwäbisch Hall. Doch es ist nicht der erste Fall. Die Furcht geht herum, dass ein Serienkiller es auf ältere Frauen abgesehen hat, diese in Wohnungen überfällt und tötet. „Für Hall ist das eine überraschende Häufung“, meint auch Oberstaatsanwalt Harald Lustig.

Denn es ist das dritte Tötungsdelikt seit 2020, das ungeklärt ist. Zwischen den letzten beiden lagen exakt fünf Wochen. Da aktuell in keinem der drei Fälle ein Tatverdächtiger festgenommen wurde, gibt es laut Lustig „jemanden, mindestens eine Person, die da draußen noch unterwegs ist“.

Alle Seniorinnen in Schwäbisch Hall an einem Mittwoch getötet

Aktuell würden Spuren verglichen, DNA ausgewertet, Parallelen untersucht. Ein Zusammenhang sei derzeit nicht auszuschließen, so der Oberstaatsanwalt. Alle drei Opfer waren älter und verwitwet, sie lebten in Mehrfamilienhäusern, die letzten beiden auf der untersten Etage. Diese beiden waren zudem nur noch mit Gehstock oder Rollatoren mobil. Bei allen drei Taten spielte der Mittwoch eine Rolle. War es ein und derselbe Täter?

Der erste Fall ereignete sich am 14. Oktober 2020 am Hagenbacher Ring. An jenem Mittwoch hatte die 94-jährige wohlhabende Brauereierbin Elfriede Huchler gegen 9 Uhr zuletzt telefonischen Kontakt zu Angehörigen. Am Abend wurde sie tot in ihrer Penthouse-Wohnung entdeckt – brutal zugerichtet.

Huchler war trotz ihres Alters noch fit, besuchte regelmäßig ein Fitnessstudio. Ihr gehörten unzählige Immobilien und Feriendomizile, nicht nur in Schwäbisch Hall, sondern auch weit außerhalb der Region. Huchler galt als extrem misstrauisch, habe eigentlich niemanden ins Haus gelassen, heißt es von Angehörigen. Die Haustür des Opfers war unbeschädigt, weswegen davon auszugehen ist, dass sich Täter und Opfer kannten.

„Es gab viele Stränge im Umfeld, die infrage kamen“, meint Lustig. Die damals eingesetzte Sonderkommission „Ring“ fand DNA. Vergleichsproben von rund 100 möglichen Kontaktpersonen wurden genommen, auch von den Mietern der Getöteten. Doch der Abgleich blieb negativ. Bis heute ist unklar, von wem die DNA stammt, was der Täter erbeutet und mit welchem schweren Gegenstand er auf sein Opfer eingeschlagen hat. Elf Monate nach der Tat, im September 2021, schloss die Staatsanwaltschaft die Ermittlungsakte, weil es keine weiteren Ansatzpunkte für die Soko gab. „Unsere derzeit verfügbaren Mittel sind erschöpft“, sagte damals der Staatsanwalt.

Der Fall wurde aber wieder herangezogen, als vor fünf Wochen erneut eine Seniorin getötet wurde. Heidemarie K. lebte nur 180 Meter Luftlinie vom Opfer Huchler entfernt – im Hochparterre eines Mehrfamilienhauses im Schönbergweg. K. war am Mittwoch, 21. Dezember 2022, im Supermarkt „Nah & Gut“, wo sie einkaufte. Gegen 14.40 Uhr machte sie sich mit ihrem Rollator auf den Nachhauseweg. Was danach geschah, ist unbekannt. Am Freitag, der Tag vor Heiligabend, fanden Angehörige die Seniorin, deren Mann 2018 gestorben war, tot in der Wohnung.

Zunächst war nicht klar, ob ihre Verletzungen durch einen Sturz bedingt waren. Die Obduktion am Mittwoch darauf ergab aber, dass es sich um ein Gewaltverbrechen handelt. Die Polizei setzte unmittelbar die Sonderkommission „Höhe“, benannt nach dem Gebiet Tullauer Höhe, ein. 50 Beamte sicherten in der ganzen Siedlung mögliche Spuren, befragten die Nachbarschaft.

Ältere Bewohner in Sorge

Die Aufregung am Hagenbacher Ring ist seither groß, da dort binnen zwei Jahren zwei alleinstehende Seniorinnen getötet wurden. Gerade ältere Bewohner sind in Sorge, etwa Dagmar Wagner. „Ich bin selbst 80 und schließe meine Türen jetzt immer gut ab. Wenn jemand klingelt, mache ich nicht mehr auf“, sagt die Rentnerin. „Ich möchte normal sterben und nicht so, von irgendjemandem umgebracht werden.“

Nachbarinnen der 77-jährigen K. beschreiben das Opfer als liebenswerte, nette Frau, die mit ihren Töchtern regelmäßig draußen samt Rollator spazieren war. „Sie hat immer freundlich gegrüßt“, sagt eine. Eine andere fügt hinzu: „Sie hat das auf keinen Fall verdient.“

Jetzt, genau fünf Wochen später, ebenfalls an einem Mittwoch, ereignete sich die Tat in Michelbach. Vier Kilometer Luftlinie von dem anderen Tatort entfernt.

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