Frauenüberschuss im Gemeinderat

Mehr Frauen als Männer im Gemeinderat von Altheim/Alb: Was bedeutet das in der Praxis?

Mit 6:5 haben die Frauen im Gemeinderat von Altheim/Alb seit den Wahlen im Juni die Mehrheit – für viele Kommunalparlamente etwas Besonderes. Doch was bedeutet diese Geschlechterverteilung in der Praxis?

Frauenpower in der Kommunalpolitik gibt es vielerorts, doch eine Bürgermeisterin zusammen mit einer 6:5-Mehrheit von Frauen im Gemeinderat? Das ist selbst in Baden-Württemberg etwas Besonderes – und seit Juni 2024 Realität in Altheim/Alb. Seitdem haben soziale Themen im zehnköpfigen Gremium deutlich an Gewicht gewonnen.

Sabine Jessberger und Martina Kölle, langjährige Mitglieder des Gemeinderats, hätten nie gedacht, dass sie bei der Neuwahl am 9. Juni dieses Jahres so viel weibliche Unterstützung bekommen würden. Die drei ausgeschiedenen Räte – Manfred Scheifele, Maximilian Pitz und Birgit Bosch – wurden durch Frauen ersetzt, die stark in ihrer Gemeinde engagiert sind. Bürgermeisterin Selina Holl erklärt: „Das ist auch ein Effekt der beiden zur Wahl stehenden Listen“, erklärt Bürgermeisterin Selina Holl. Es können Menschen mit ganz unterschiedlichen Stimmenergebnissen in den Rat rücken.

Zu Wort kommt jetzt nur noch derjenige, der ein neues Argument vorbringt

Selina Holl, Bürgermeisterin Altheim/Alb

So fanden Carola Wohlrab, Gabriele Holzäpfel und Sonja Bierbaum ihren Weg in das Gremium. Mit ihren individuellen Stärken und Perspektiven brachten sie frischen Wind: Nach der Wahl tagte der Rat mehrfach bis spät in die Nacht. Doch die Arbeitsweise änderte sich bald grundlegend. „Zu Wort kommt jetzt nur noch derjenige, der ein neues Argument vorbringt“, beschreibt Holl die neue Effizienz. Auch die Sitzungsunterlagen aus dem Rathaus wurden angepasst. „Sechsseitige Erläuterungen liest niemand“, meint die Bürgermeisterin. Stattdessen liefert sie kurze, prägnante Darstellungen und ergänzt sie bei Bedarf mit Detailinformationen in ihren Vorträgen.

Diese neue Herangehensweise sorgte im Dorf teilweise für Verwunderung. „Da wird ja gar nicht mehr richtig diskutiert“, lautet gelegentlich die Kritik, wenn Entscheidungen schneller als früher getroffen werden. „Das müssen wir der Bürgerschaft wohl noch genauer erklären“, gibt Holl zu. Mit der Einführung des Ratsinformationssystems (Ris) in einigen Monaten sollen Bürger künftig die öffentlichen Sitzungsunterlagen online einsehen können. So sollen die Entscheidungen des Rats für die Bevölkerung noch transparenter werden.

Jeder weiß, was er am anderen hat.

Selina Holl, Bürgermeisterin Altheim/Alb

Das Miteinander im Rat beschreibt sie als harmonisch. Frauen und Männer sitzen abwechselnd nebeneinander – eine zufällige Ordnung, die sich aus den bisherigen Stammplätzen der Räte ergab. „Jeder weiß, was er am anderen hat“, betont Holl. Sie sieht auch eine sinnvolle Arbeitsteilung: Die Frauen konzentrieren sich stärker auf soziale Themen, während die Männer eher die technischen Belange im Blick haben.

Frauen konzentrieren sich stärker auf soziale Themen

Bürgermeisterin Holl weiß um die Stärken ihrer weiblichen Gemeinderatsmitglieder: Martina Kölle bringt ihre Erfahrung als Erzieherin in die Kommunalpolitik und in Personalentscheidungen der Kinderhäuser ein. Sabine Jessberger, als Malerin mit einem besonderen Blick für Details, engagiert sich für den ordentlichen Erhalt des Rathauses und anderes. Ihre elterliche Familie ist mit dem Getränkehandel eine Institution im Dorf, die stets mithilft. Carola Wohlrab ist durch ihre Tätigkeit in Elternbeiräten bestens vernetzt und informiert. Gabriele Holzäpfel, Bauunternehmerin und Macherin, überzeugt mit schnellen und praktischen Antworten. Sonja Bierbaum ist das Herz der TSV-Turnabteilung. „Vom Pampers-Turnen bis zum Sportabzeichen“ kümmert sie sich mit viel Herzblut.

 „Im Zeichen der Gleichberechtigung ist das eine gute Sache“, findet auch Holls Stellvertreter Karl-Heinz Erb. „Die Frauen bringen einen persönlichen Touch ein, und am Ende geht es immer um das Wohl des Dorfes.“

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