Auswertung von Smartphone-Video

Streift ein Wolf durch die Wälder bei Oberkochen?

Hund oder Raubtier? Ein Video auf Facebook sorgte in den vergangenen zwei Tagen für Diskussionen: Ein Spaziergänger will im Oberkochener Wolfertstal einen Wolf gesehen und gefilmt haben. Experten haben das Material nun ausgewertet – und sind zu einem eindeutigen Ergebnis gekommen.

Ganz gelassen liegt er auf einer Wiese am Waldrand. Dass nicht weit entfernt auf einem Feldweg ein Mensch mit seinem Hund steht und ihn filmt, scheint das Tier nicht zu interessieren: Womöglich war es gerade dieses Verhalten, das Facebook-Nutzer zweifeln ließ, ob es sich bei dem Tier auf dem Smartphone-Video, das in diesen Tagen in der Gruppe „Du kommst aus Oberkochen, wenn...“ veröffentlicht worden ist, tatsächlich um einen Wolf handelt.

Freiburger Forschungsanstalt: „Aufnahme lässt sicheren Wolfsnachweis zu“

Jetzt aber steht fest: Es war weder ein verwilderter, noch ein entlaufener Hund. Die fürs Wolfsmonitoring in Baden-Württemberg zuständige Forschungsanstalt in Freiburg hat das Video gesichtet und bestätigt, dass es sich tatsächlich um das bei uns in der Region (noch) seltene Raubtier handelt: „Die Aufnahme wurde von den Fachleuten der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt ausgewertet und lässt einen sicheren Wolfsnachweis zu“, heißt es in einer Mitteilung. Woher das Tier kommt, wie alt es ist und ob es sich um ein männliches oder weibliches Exemplar handelt, können die Experten anhand des Videomaterials nicht bestimmen.

Die „Schwäbische Post“ hat mittlerweile ein weiteres Video auf ihrem Youtube-Kanal veröffentlicht, auf dem das Tier zu sehen ist:

Tipps für Spaziergänger und Hundehalter

Nun sind Begegnungen zwischen Mensch und Wolf in unserer Region nach wie vor äußerst selten, ganz offensichtlich können sie aber vorkommen. Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt in Freiburg gibt deshalb Tipps, wie man sich in einer solchen Situation verhalten sollte:

Wer einem Wolf in freier Natur begegnet, sollte dies mit Respekt und vor allem Abstand tun. Keinesfalls sollte man auf ihn zugehen und ihn bedrängen, auch nicht, wenn anzunehmen ist, dass das Tier verletzt ist. Um ihm die Möglichkeit zu geben, sich frühzeitig zurückziehen zu können, empfehlen die Experten, sich durch lautes Reden oder Klatschen bemerkbar zu machen. Sollte der Wolf stehen bleiben, können sich Spaziergänger unter lautem Reden langsam entfernen.

Hundehaltern wird empfohlen, ihr Haustier im Wald angeleint oder nah bei sich gehen zu lassen, da Wölfe Hunde als Eindringlinge oder Beute sehen könnten. Auch hier wird dazu geraten, sich bei einer Begegnung ruhig und langsam zurückzuziehen. Sollte ein Wolf dennoch auf den Hund zugehen, sollten sich die Hundehalter mit lautem Rufen oder Gestikulieren bemerkbar machen oder im Notfall Gegenstände nach dem Wolf werfen.

Bei allen Ratschlägen und Tipps sprechen die Zahlen nicht dafür, dass sie tatsächlich notwendig werden könnten: Obwohl sich der Wolf seit rund 20 Jahren wieder in Deutschland ausbreitet, bleiben Begegnungen höchst selten. Gesunde, erwachsene Tiere haben kein großes Interesse am Menschen.

Wölfe sind keine Fluchttiere

Auffallend bei Wolfssichtungen ist aber auch, dass die Tiere häufig nicht weglaufen. Laut den Freiburger Experten liegt das zum einen daran, dass die Tiere oft aus dem Auto oder vom Pferd aus gesichtet oder gefilmt worden sind. Wölfe sind keine Fluchttiere wie beispielsweise Rehe, sie zeigen wie viele andere Säugetiere auch vor Fahrzeugen oder Pferden keine Scheu. „Gerade junge Wölfe können Menschen gegenüber neugieriger und weniger ängstlich sein“, heißt es weiter.

Die Sichtung im Oberkochener Wolfertstal war der erste gesicherte Wolfsnachweis in Baden-Württemberg in diesem noch jungen Jahr. 2023 gab es im gesamten Land insgesamt 147 solcher C1-Nachweise, wobei es sich oftmals um dieselben Individuen gehandelt hat. In der Region rund um Heidenheim war zuletzt im Jahr 2022 ein Wolf bei Altheim/Alb gesichert nachgewiesen worden. Zuvor im Jahr 2019 war ein Exemplar im Bereich Steinheim und Bartholomä unterwegs.

Die für das Wolfsmonitoring in Freiburg zuständigen Experten rechnen damit, dass sich in den kommenden Jahren auch auf der Schwäbischen Alb Wolfspaare oder Wolfsrudel ansiedeln könnten. Für Baden-Württemberg ist bislang nur ein Rudel bestätigt.

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Was tun bei einer Sichtung?

Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt in Freiburg ist unter anderem mit dem Wolfs- und Luchsmonitoring in Baden-Württemberg betraut. Wer meint, einen Wolf gesehen zu haben, eventuell sogar Fotos oder Videos von dieser Sichtung hat, sollte sich an die Freiburger Experten wenden, entweder telefonisch unter 0761.4018274 oder per E-Mail an info@wildtiermonitoring.de.

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