Heimattage Härtsfeld

Wie ein Mundart-Abend in Neresheim Lust auf schwäbischen Dialekt machte

Der Mundart-Abend in der Neresheimer Härtsfeldhalle führte Künstlerinnen ganz unterschiedlicher Temperamente zusammen, die sich aber einig waren in der Lust auf Dialekt.

Ein „Mund.art-Fescht auf em Härtsfeld“, so war der Abend angekündigt, muss nicht angestaubt sein. Drei Künstlerinnen mit „Power“ sollten auftreten in der fast voll besetzten Neresheimer Härtsfeldhalle. Dass sich gelegentliche Anglizismen durchaus vertragen mit Dialekt, machte schon gleich einleitend bei ihrer Begrüßung die Wasseralfinger Mundart-Erzählerin Marie-Louise Ilg deutlich. Schließlich seien die Schwaben ja unbestreitbar „weltoffen“. Und „wie lebendig unsere Sprache ist“, dafür wurden dann in knapp zweieinhalb Stunden vielfach Belege geliefert.

Das begann schon ganz anschaulich mit dem Intro der Besigheimer Kabarettistin Sabine Essinger, die mit dem Dudelsack auf die Bühne stampfte und ein internationales Medley blies, das die schottische Hymne ebenso enthielt wie das heimische „Auf der schwäb’schen Eisabahn“. Sie erläuterte sodann „Mutti-Tasking“ am Tablet („passen ja nur vier Kaffeetassen drauf“) ebenso überzeugend, wie sie ein Chanson von Édith Piaf vortrug, mit dem Wortlaut einer südwestdeutschen Speisekarte. Mit ebenso viel Temperament wie Musikalität, mit ausgeprägtem Mutter- und Wortwitz, mit heftigem Augenzwinkern und ausgeprägter Selbstironie sorgte sie für vielerlei „Wonnewallungen“ – bei ihren Figuren (etwa Cosima Fleischle am Airport) wie beim Publikum.

Dialektale Deftigkeit

Lustschreie unter der Wechseldusche (mal kalt, mal saukalt) schleuderte sie dem Publikum ebenso unerschrocken entgegen wie offensives schwäbisches Babygebrabbel oder den bitterbösen Monolog der Witwe am frischen Grab: „Bunga-Bunga-Buzzel – in der Hölle bruzzel!“ Dass sich dialektale Deftigkeit und extrovertierte Intelligenz nicht gegenseitig ausschließen, belegte sie in ihren zwei Teilauftritten nachdrücklich. Und mit all ihrer „Power“ unterfütterte sie ihren Anspruch: „Man kann das Schwäbische nicht oft genug hören!“

Ganz anders, viel leiser und zurückhaltender trat die junge Liedermacherin Elena Seeger auf: Sozialisiert im Killertal tief unterm Trauf der Westalb, begeisterte sie mit ebenso nachdenklichen wie filigran unterhaltsamen Songs und Moderationen. Eine „Ode ans Schwäbische“ oder eine Eloge aufs „Springerle“ wechselten sich ab mit kritisch-pfiffigen Sottisen auf „Koi Zeit“, auf landsmannschaftlich typischen finanziellen „Minimalismus“ oder verweigerungsbewusstes „I ka’s et“. Im Wortsinn überwältigend war die lustvoll zelebrierte „Runde gemeinsamen Jammerns“ und dito „Bruddelns“ mit dem Publikum. Aus 150 unerschrockenen Kehlen kamen kernige Laute. Seeger kann sehr rein und fein singen sowie bestens pfeifen und Gitarre spielen. Und mit hochintelligentem Selbstbewusstsein präferiert sie allürenfrei die durchweg zurückhaltenden Töne und Worte.

Beobachtungen über das Schwabentum

Dritte im Schwäbinnenbund war die oberschwäbische Autorin Marlies Grötzinger, dialektal aktiv seit 35 Jahren. Im (realen) „Schwabenradio“, für das sie lange als freie Mitarbeiterin tätig war, galt sie als „HIV-positiv“ – soll heißen in der „Heimat intensiv verwurzelt“. Sie präsentierte unter anderem „elf Arten, nein zu sagen“ sowie vielerlei bedenkenswerte Beobachtungen autochthonen Schwabentums inklusive feinsinniger Schlussfolgerungen.

Abschließend sprach Dr. Wolfgang Wulz, gebürtiger Heidenheimer („ein Knöpfleswäscher“) und Erster Vorsitzender des veranstaltenden Vereins „Schwäbische Mund.art“, ein umfassendes „Dankschön“ aus. Abgeschlossen wurde der Abend mit dem vom Publikum stimm- und stimmungsvoll intonierten schwäbischen Hauptlied „Muß i denn zum Städele hinaus“ – begleitet passend offensiv und weltoffen von Essingers Dudelsack. Et no schee war’s.

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