Wie der Neresheimer Karl-Heinz Reiger in seinem Laden Musik und Whisky verbindet
Es braucht keine zwei Minuten Gespräch mit Karl-Heinz Reiger, dann steckt man schon tief in den Feinheiten südkoreanischer Pressungen des 1987 erschienenen Albums „The Joshua Tree“ von „U2“. Dass Reiger ein beinharter Fan der irischen Rockband ist, wäre enorm untertrieben. Der Neresheimer hat Autogramme der vier Musiker und überlebensgroße Porträts, kennt und besitzt jede erdenkliche Veröffentlichung der Band in allen Varianten. Er weiß, welchen Spitznamen die Mutter von Gitarrist Edge ihrem Sohn gibt, und er hat eine kleine Sammlung von Trommelstöcken von Larry Mullen.
Mit „U2“ ist es für Reiger aber nicht getan. Seit über 50 Jahren sammelt er Schallplatten, mehr als viertausend sind es geworden, und seit gut 25 Jahren ist er Whiskysammler. Gut 1300 Flaschen hat er zusammengetragen, etwa 90 Prozent aus Schottland, der Rest stammt aus aller Welt.
Besucheransturm zur Eröffnung in Neresheim
Vor gut einem Jahr hat er aber einen Entschluss gefasst, der für einen Sammler ungewöhnlich erscheint: Er verkauft jetzt, wonach er so lange gejagt hat. Am 25. November hat Reiger an der Hauptstraße 4 in Neresheim den Laden „Malt & Music“ eröffnet, an drei Tagen in der Woche bietet er nun seine Schallplatten, zahllose „U2“-Fanartikel und einen Großteil seiner Whisky-Sammlung an. Am Eröffnungstag seien geschätzte 200 Besucher gekommen, erzählt er.
Sein Vater sei auch schon Sammler gewesen, sagt Reiger, und als er starb, standen die Kinder vor der Frage, was sie mit all den Dingen anstellen sollten. „In diese Verlegenheit möchte ich meine eigenen Kinder nicht bringen“, sagt er. Es sei praktisch unzumutbar, jemanden vor die Entscheidung zu stellen, welche Platte einen echten Sammlerwert hat und was Massenware ist.
Ähnlich beim Whisky: Der 66-Jährige hat Brände in der Sammlung, von denen es weltweit nur wenige Hundert Flaschen gibt, manche davon hat er eigens in den Destillerien gekauft. Für sie einen fairen Preis zu ermitteln, ist eine Wissenschaft. Und Fairness ist für Reiger wichtig: Platten oder Whiskys als bloße Spekulationsobjekte zu sammeln, das lehnt er komplett ab.
Früher Kino, heute Platten- und Whisky-Laden
Die Idee, seine Sammlung Stück für Stück zu verkaufen, bekam einen Schub durch die Tatsache, dass das Haus an der Hauptstraße Reiger und seiner Frau gehört. Der Schwiegervater hatte hier einst ein Kino eröffnet, später zogen eine Drogeriekette und ein Supermarkt ein, zuletzt war im Erdgeschoss seit 2005 die Buchhandlung Scherer ansässig. Als sich Ortrun Scherer vor zwei Jahren zum Ruhestand entschloss, ließ Reiger einen alten Traum wahr werden: „Ich wollte schon als junger Mann einen Plattenladen haben, ich habe mich bloß nicht getraut.“ Jetzt, als Rentner und ohne die Not, seinen Lebensunterhalt damit zu verdienen, geht er diesen Schritt.
In unzähligen Arbeitsstunden hat er den Laden renoviert, die früheren Bücherregale für Hunderte Whiskyflaschen umfunktioniert, im Internet fand er alte Grabbeltische, in denen er Platten in der Bandbreite von „Rolling Stones“ bis „Mötley Crüe“ und darüber hinaus präsentiert.
Karl-Heinz Reiger hat sich einen Traum erfüllt
Mit Wareneinkauf musste sich Reiger dagegen nicht beschäftigen. „Alles, was ich anbiete, habe ich schon gehabt“, sagt er. Sammler eben. Dass dies im Umkehrschluss bedeuten könnte, dass er seinen neuen Laden bei gutem Verkaufserfolg bald wieder schließen müsste, befürchtet der Neu-Unternehmer nicht. Schon in den ersten Tagen sei ein Sammler auf ihn zugekommen, der ihm Schallplatten verkaufen wollte. Und viele der Whiskys könnte er auch nachkaufen. Eine langfristige Strategie ist aber nicht das, was Reiger im Vorfeld beschäftigt hat. Er hat sich gewissermaßen ein Museum mit Shop geschaffen und ist schon jetzt glücklich, wie vielen Gleichgesinnten er begegnet.
Öffnungszeiten
„Malt & Music“ ist donnerstags, freitags und samstags jeweils von 11 bis 18 Uhr geöffnet.