Batteriehersteller in Schieflage

Wie es den Varta-Beschäftigten jetzt geht

Vertreter der Arbeitnehmerseite reagieren auf den Schuldenschnitt bei Varta und den geplanten Einstieg des Autoherstellers Porsche. Das sagt der Betriebsratschef des Ellwanger Standorts:

Der Ellwanger Batteriehersteller Varta zieht sein Sanierungskonzept auf die harte Tour durch. Für den angekündigten Schuldenschnitt, der einen Teileinstieg des Autobauers Porsche und eine Enteignung der bisherigen Aktionäre vorsieht, ist nun der Weg weitgehend frei. Vertreterinnen und Vertreter der Arbeitnehmerseite sehen die Strategie mit gemischten Gefühlen, hegen aber Hoffnung für die Zukunft.

„Das hat sich schon die letzten Wochen und Monate angebahnt, dass eine Sanierung stattfinden muss“, sagt Stefan Vetter. Er ist Betriebsratsvorsitzender der Varta Consumer in Ellwangen-Neunheim. Die Haushaltsbatterien-Sparte der Varta beschäftigt in Neunheim und Dischingen mehr als 770 Menschen. Rund 1200 Beschäftigte sind es laut Varta am Konzernsitz und Microbatteries-Standort am Ellwanger Varta-Platz, mehr als 1000 laut Bayerischem Rundfunk außerdem am Standort Nördlingen.

Aktionäre verlieren alles – die Beschäftigten auch?

Varta muss dringend raus aus den Schulden: Vorausgesetzt, die Gremien und zuständigen Behörden stimmen zu, soll das Sanierungskonzept dem Konzern zufolge die Finanzierung der Varta AG bis zum Ende des Jahres 2027 sicherstellen. Allerdings scheiden dabei die bisherigen Aktionärinnen und Aktionäre entschädigungslos aus. Lediglich der bisherige Mehrheitsanteilseigner, der Unternehmer Michael Tojner und Porsche sollen künftig je 32 Prozent von Varta halten, übrige Finanzierer zusammen 36 Prozent. Die Aktie ist dann nicht mehr an der Börse notiert: Bereits jetzt ist das Papier, das am Montagmorgen zeitweise bei mickrigen 76 Cent pro Aktie notierte, fast wertlos.

Diese Sanierung über das sogenannte StaRUG-Verfahren war in der Vergangenheit vehement kritisiert worden – unter anderem von Aktionärsschützern. Dass die Pläne nun umgesetzt werden, ruft in der Belegschaft keine Verwunderung hervor: „Dass der nächste Schritt kommt, das haben die Leute erwartet“, sagt Betriebsratschef Vetter. Mitarbeiterinformationen hätten bereits stattgefunden, weitere seien voraussichtlich geplant.

Bekenntnis zu Stellenerhalt gewünscht

Vetter fasst die Gemütslage der Varta-Beschäftigten zusammen: „Erleichterung ist ein Stück weit da, aber es schwebt auch das Damoklesschwert des Stellenabbaus über uns.“ Ob, wo und in welchem Umfang es einen solchen geben könnte, sei noch nicht bekannt: „Wir werden in Kürze Gespräche mit der Geschäftsleitung führen“, erklärt er, zeigt sich allerdings verhalten optimistisch: „Der erste Schritt zu einer Sanierung scheint gemacht. Ein Sanierungskonzept macht für die Arbeitsplätze jedenfalls mehr Hoffnung als eine Zerschlagung des Konzerns.“ Zur Sorge der Belegschaft um ihre Arbeitsplätze müsse sich die Geschäftsleitung nun allerdings deutlich erklären.

Nicht erst seit gestern ein Sanierungsfall

„Das Management muss sich unbequeme Fragen gefallen lassen“, findet auch Tamara Hübner, Erste Bevollmächtigte der IG Metall Aalen: „Varta ist ja nicht erst seit gestern in der Sanierung, sondern schon lange.“ Jetzt brauche es ein zukunftsfähiges Konzept. „Das müssen wir als Arbeitnehmerseite aktiv begleiten und mitgestalten.“

Tobis Bucher, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Heidenheim, machte vor wenigen Tagen in einer Pressemitteilung darauf aufmerksam, dass unter den bald enteigneten Aktionären auch „Mitarbeiter aller Standorte, die im Glauben an 'ihre Varta' Aktien erworben haben“, sein könnten. Ob sich unter den Aktionären tatsächlich überdurchschnittlich viele Varta-Beschäftige befanden und befinden, lässt sich jedoch nicht zuverlässig belegen.

Wie ist die Lage in Dischingen?

Auf eine Anfrage der HZ bei der IG Metall sowie dem Betriebsrat des Varta-Standorts in Dischingen lag bis Redaktionsschluss keine Rückmeldung vor. Ein Bericht über die Lage, Sorgen und Hoffnungen der Beschäftigten in Dischingen folgt in Kürze.

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