Lebensgeschichte

Als Austernfarmer in Schottland: Wie der gebürtige Nattheimer Lars Mack ein neues Leben begann

Austernfischen statt Polizeidienst: Der gebürtige Nattheimer Lars Mack wagte einen Neuanfang – und lebt heute auf einer schottischen Insel. Die Geschichte eines Auswanderers.

Auf Colonsay kennt man sich. Es gibt etwa 120 Einwohner, die Häuser lassen sich abzählen. Anreisen kann man mit der Fähre, oder mit einer kleinen Cessna. Die Fahrt mit der Fähre dauert zweieinhalb Stunden. Meer, so weit das Auge reicht. Es gibt einen kleinen Laden, kein Krankenhaus, keine Polizei. Auf der schottischen Insel ist die Welt ruhig, der Wind rau.

Zu den 120 Einwohnern gehört seit 2024 auch Lars Mack. Der gebürtige Nattheimer hat einen Neubeginn gewagt, zog nach 22 Jahren im pulsierenden München in den ruhigen Heimatort seiner Frau. Er beendete seine Polizeikarriere und wird die Austernfarm seines Schwiegervaters übernehmen. Das ist mehr als ein vielversprechender Tapetenwechsel. Es ist ein Neubeginn.

Lars Mack fehlt nichts, außer „Brezel und Leberkäswecken vielleicht“

Doch so hoch will es Lars Mack gar nicht hängen. Er haucht vielmehr ganz locker in den Hörer: „Ich bin halt nochmal abgebogen.“ Denn er sei ja immer noch derselbe Mensch. Die Verbindung knackt, das WLan auf der Insel sei nicht das Beste, lässt er wissen. Es windet und rauscht.

Lars Mack kannte die Insel von Besuchen und von Erzählungen seiner Frau, die hier aufgewachsen ist. Er wusste, worauf er sich einlässt. Er sagt: „Ich stehe hier und schaue aufs offene Meer, mir fehlt nichts, außer ab und an eine Brezel und ein Leberkäswecken vielleicht.“ Dabei kann er sich ein Lachen nicht verkneifen.

Familie und Freunde: Die Brücken nach Nattheim bestehen noch

Nun, wie kommt ein Schwabe nach Schottland, ein Polizist auf eine Austernfarm? Wie so oft, ist auch das eine Geschichte, die das Leben schreibt, die sich so nicht planen lässt. Rückblick: Lars Mack ist in Nattheim geboren und aufgewachsen. Mutter und Schwester leben in der Härtsfeldgemeinde, der Papa ist bereits verstorben. Die Familie hatte eine Metzgerei, Lars Mack arbeitete früh mit. Die Brücken in die Heimat bestehen nach wie vor, Besuche finden regelmäßig statt. Auch Freunde sind hier.

Lars Mack ist in Nattheim zur Schule gegangen, bei der TSG hat er seine ersten Schwimmrunden gedreht – bis heute sollte das seine Leidenschaft bleiben. Er hat einige Erfolge vorzuweisen, als Jugendlicher bei der SSG Heidenheim aktiv, war er beispielsweise schon bei Weltmeisterschaften angetreten. Heute ist er international unterwegs. Wasser ist sein Element.

Es sollte weitergehen auf der Austernfarm des Schwiegervaters

Ein Wink des Schicksals, dass er dank des Wassers auch seine Frau Sandy Abrahams kennenlernte. Die schottische Anwältin war auf der Durchreise zu einem Schwimmwettbewerb nach Slowenien und machte in München Halt. Hier lernten sich Lars Mack und Sandy Abrahams kennen und lieben. Zusammen wollten sie einen neuen Weg einschlagen.

Lars Mack genießt das Inselleben mit Söhnchen Finn. Foto: Sandy Abrahams

22 Jahre lang war Lars Mack im Münchner Polizeidienst. Nach und nach reifte die Entscheidung, auszuwandern. Der 50-Jährige haderte nicht zuletzt mit den Gefahren im Einsatz, mit Konsum, Kommerz und Hektik des Großstadtlebens. Zudem sollte es weitergehen auf der Austernfarm des Schwiegervaters, Lars Mack und Sandy Abrahams wollten im Familienumkreis leben, von Erfahrungen und Zusammenhalt profitieren. Das Erbe weitertragen.

Der gebürtige Nattheimer hat nun einen anderen Blick auf die Natur

„Na klar, hier wird man ruhiger, man hat einen ganz anderen Bezug zu sich selbst und zur Natur“, erklärt Lars Mack. Dadurch, dass er nun von und mit der Natur lebe, habe er einen ganz anderen Blick darauf. Das Knowhow rund ums Austernfischen müsse er sich noch aneignen, doch er sei bemüht. „Ich freue mich auf die neue Aufgabe.“ Sein Glück: „Ich darf von einem der Besten lernen“, sagt er.

Auf Schottland muss sich die kleine Familie nun einleben, ankommen. Das Haus muss auf Vordermann gebracht werden, Lars Mack hat also auch handwerklich ordentlich was zu tun. Neu ist auch, dass Bevorratung gelernt werden muss. Denn im Winter fährt die Fähre nicht zuverlässig, unter Umständen ist man dann eine längere Zeit vom Festland abgeschnitten, bestellte Lebensmittellieferungen fallen aus. Der Laden im Ort bietet nur eine kleine Auswahl und es gilt: „Wenn weg, dann weg“. Auch für Sohn Finn wird es spannend, derzeit leben fünf Kinder auf der Insel. Der einzige Altersgenosse soll demnächst aufs Festland ziehen. Die Eltern machen sich Gedanken, aber keine Sorgen.

Lars Mack organisiert ein Schwimmevent im offenen Meer

Wann immer es die Zeit zulässt, springt Lars Mack ins Meer. Zusammen mit Freunden will er ein Schwimmevent organisieren und von der Nachbarinsel nach Colonsay schwimmen. Dabei müssen die Bedingungen stimmen, Strömung und Temperaturen sind mitunter nicht ohne da draußen. 20 Kilometer sind zurückzulegen, gute acht Stunden werden die Schwimmer unterwegs sein, schätzt Lars Mack. Seine Leidenschaft, sie setzt sich jetzt auf der Insel fort.

Dann knackt die Verbindung. „Wir wollen heute noch die Schwiegereltern besuchen“, ertönt Lars Macks Stimme etwas dumpf. Das Haus kann man nur durchs Watt erreichen. Dann ist die Verbindung weg.