Kommunaler Wärmeplan

Analyse zeigt: So heizt Nattheim – und so könnte sich das künftig ändern

Wie heizt Nattheim? Und wie könnte sich das in Zukunft ändern? Eine Analyse zeigt auf, wie die Gemeinde in Sachen Heizinfrastruktur aufgestellt ist und wo in der Kommune besonders viel Potenzial für erneuerbare Energien liegt.

Ein Fahrplan bringt einen selten auf direktem Wege von A nach B. Unterwegs gibt es stets zahlreiche Zwischenstationen, Abzweigungen und bisweilen sogar Umwege. Praktisch genauso verhält es sich beim kommunalen Wärmeplan der Gemeinde Nattheim. Dessen Ziel ist klar: Herausfinden, wie die Heizinfrastruktur der Gemeinde klimaneutral umgebaut werden kann. Die ersten beiden Etappen auf dieser Reise hat Nattheim nun erreicht.

Wie weit ist die kommunale Wärmeplanung Nattheims? Vier Phasen umfasst das Projekt, die ersten beiden sind abgeschlossen. Im Zuge derer hat die Firma RBS wave GmbH aus Ettlingen sowohl eine Bestands- als auch eine Potenzialanalyse angefertigt. Fest steht dadurch inzwischen, wie hoch der Wärmebedarf Nattheims ist und wie die Energie- und Treibhausbilanz der Gemeinde ausfällt. Außerdem ist indessen bekannt, wo innerhalb der Kommune Energie eingespart werden könnte und wo erneuerbare Energien ausgebaut werden können.

Strom- und Wärmepotenzial in Nattheim

Wie steht Nattheim da? Im Prinzip ähnlich wie viele umliegende Kommunen auch. So hat die Untersuchung von RBS wave ergeben, dass in der Gesamtgemeinde insgesamt 2058 beheizte Gebäude vorhanden sind. Mehr als 90 Prozent davon setzen sich aus Wohnhäusern, insbesondere Einfamilienhäusern, zusammen. Auch die Frage, wie viele Jahre die Gebäude Nattheims auf dem Buckel haben, wurde beantwortet. Die meisten Gebäude stammen aus der Zeit zwischen 1969 und 1978. Wie Julian Seevers, Projektingenieur bei RBS wave, erläutert, befindet sich der Großteil der älteren Bauten im Ortskern Nattheims. Einen Anstieg an Neubauten habe es ab 2020 gegeben, vorwiegend in den Neubaugebieten.

Wie wird in Nattheim geheizt? Wenig überraschend nutzt man in der Härtsfeldgemeinde vor allem Erdgas zum Heizen. Der Energieträger macht 60 Prozent der Wärmeversorgung aus. Weitere Heizungstypen: Heizöl (23 Prozent), Scheitholz (5), Pellets (5), Nachtspeicher (4), Wärmepumpe (3) und Wärmenetz (0,4). Zudem hat die Bestandsanalyse ergeben, dass 44 Prozent der Gasheizungen in Nattheim vor weniger als 20 Jahren installiert wurden. Etwas mehr als die Hälfte ist demnach älter als 20 Jahre. Ähnlich verhält es sich im Sektor Ölheizungen. Hier sind 41 Prozent vor 20 oder weniger Jahren eingebaut worden.

Nattheim ist Vorreiter in Sachen PV-Anlagen

Wie steht es um Nattheims Potenzial für die Zukunft? Photovoltaik, Windkraft, Geothermie, Biomasse, Abwasserwärme – die Liste der Möglichkeiten, Strom und Wärme zu erzeugen, ist lang. Auch wenn Nattheim in vielen dieser Bereiche theoretisch ausbauen könnte, betont Julian Seevers, dass nicht jedes vorhandene Potenzial auch tatsächlich sinnvoll genutzt werden könne. Dies sei unter anderem davon abhängig, ob bestimmtes Potenzial beispielsweise ökonomisch rentabel nutzbar sei.

Wie sieht es bei der Windenergie aus? In Sachen Windkraft stehen bereits zwei Vorranggebiete zur Debatte. Dabei handelt es sich um eine Erweiterung des bestehenden Windparks im Nordwesten Nattheims sowie ein Vorranggebiet südöstlich von Fleinheim.

Wo macht sich Nattheim besonders gut? Vorreiter ist die Gemeinde, wenn es um Photovoltaikanlagen auf privaten und kommunalen Dachflächen geht. 22 Prozent der potenziell nutzbaren Flächen werden bereits für Solaranlagen verwendet – Nattheim befinde sich „auf einem guten Weg“, wie Seevers mit Blick auf andere Kommunen erklärt, die in der Regel zwischen zehn und zwölf Prozent der Flächen nutzen.

Welche Potenziale gibt es sonst noch – und welche nicht? Bis zu 46 Prozent des wärmeseitigen Endenergiebedarfs können potenziell durch lokale Biomasse gedeckt werden. Erdwärmesonden fallen hingegen komplett aus dem Plan weg: Da die Gesamtgemeinde in einem Wasser- und Heilquellenschutzgebiet liegt, ist der Bau von Erdwärmesonden nicht erlaubt. Außerdem hat die Potenzialanalyse ergeben, dass durch Sanierungen der Wohngebäude der Wärmebedarf im Wohnsektor um maximal bis zu 31 Prozent verringert werden kann.

Bald werden Nattheimer Bürger eingebunden

Wie geht es nun weiter? Als Nächstes steht im kommunalen Wärmeplan die Aufgabe an, sogenannte Zielszenarien aufzustellen. Aufbauend auf den Ergebnissen der Bestands- und Potenzialanalyse werden Möglichkeiten, welche zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung der Gemeinde Nattheim bis zum Jahr 2040 führen können, diskutiert. Dies soll in Form eines Workshops, an dem Gemeindeverwaltung sowie Gemeinderat teilnehmen, geschehen. Sobald die ersten weiteren Ergebnisse dieses Workshops feststehen, wird die Nattheimer Öffentlichkeit eingebunden – sie kann dann selber Anregungen und Änderungsvorschläge einbringen. Die nächste Zwischenstation des Fahrplans wäre dann erreicht. Das Ziel, auch wenn es noch weit entfernt scheint, rückt damit ein kleines Stück näher.

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