Kommunalwahl in Nattheim

Haben Ortschaftsräte eine Zukunft? Das sagt Auernheims Ortsvorsteher Wolfgang Bernhard dazu

Am 9. Juni werden unter anderem die Ortschaftsräte der Nattheimer Teilorte gewählt. Auernheims Ortsvorsteher Wolfgang Bernhard erklärt, warum die Zukunft der Gremien ungewiss ist und warum die Kommunalwahl in Auernheim dieses Jahr besonders kurios ist.

Wenn die Nattheimerinnen und Nattheimer dieser Tage die Stifte zücken, wenn sie die Wahlzettel in die Hand nehmen und ihre Kreuze machen, dann wählen sie gleich mehrere Gremien: das Europäische Parlament, den Kreisrat im Landkreis Heidenheim, den Nattheimer Gemeinderat sowie die Ortschaftsräte von Auernheim mit Steinweiler sowie von Fleinheim. Ob letztere, die Ortschaftsräte, auch bei der nächsten Kommunalwahl in fünf Jahren wieder auf dem Wahlzettel stehen werden, ist allerdings alles andere als in Stein gemeißelt. Haben Ortschaftsräte eine Zukunft? Darüber grübelt unter anderem einer, den es ganz direkt betrifft: Auernheims Ortsvorsteher Wolfgang Bernhard.

Zwei Gründe sieht Bernhard für die schwindende Bedeutung dieser Gremien. Zum einen scheint das Interesse der Bevölkerung an ihnen schlichtweg zurückzugehen. Obwohl 2019 71,8 Prozent der Auernheimer den Gang zur Wahlurne antraten, beobachtet Bernhard den generellen Trend der Wahlverdrossenheit auch bei den Ortschaftsrats-Wahlen. „Die ältere Generation geht wählen. Bei den Jüngeren ist die Entwicklung schwer abzuschätzen.“

Wahlen in Auernheim: nur eine Stimme pro Kandidat

Gleichzeitig sei es zunehmend schwieriger, überhaupt Kandidatinnen und Kandidaten für den Ortschaftsrat zu finden. „Mit viel Überzeugungskraft und persönlichem Zureden ist es uns gelungen, fünf Kandidaten für Auernheim und zwei für Steinweiler zu finden“, berichtet der Ortsvorsteher. Eigentlich wäre es sogar möglich, drei Listenplätze in Steinweiler zu besetzen – gefunden hat sich für den dritten Platz allerdings niemand. Und noch ein ungewöhnliches Novum hat die Kandidatensuche dieser Kommunalwahl zum Vorschein gebracht.

In der Vergangenheit gab es in Auernheim stets zwei Listen: eine der Bürgerlichen Wählervereinigung und eine der Freien Wählervereinigung. Bis zu 16 Kandidaten standen also in der Regel zur Auswahl. 2024 konnte in dem Nominierungsverfahren erstmals nur eine einzige Liste erstellt werden. Das hat nicht nur Auswirkungen auf die Zahl der Kandidaten. „Zum ersten Mal haben wir damit eine Mehrheitswahl in Auernheim. Das bedeutet, dass man jedem Kandidaten auf der Liste nur jeweils eine Stimme geben kann. Früher waren es jeweils drei“, erklärt Wolfgang Bernhard.

Mit viel Überzeugungskraft und persönlichem Zureden ist es uns gelungen, fünf Kandidaten für Auernheim und zwei für Steinweiler zu finden.

Wolfgang Bernhard über die Kandidatensuche zur Kommunalwahl

Als würde dieser Umstand die ohnehin nicht ganz unkomplizierte Kommunalwahl nicht noch zusätzlich komplexer machen, gesellt sich in Auernheim eine weitere Kuriosität hinzu. „Zwei Auernheimer haben nachträglich ihren Hut in den Ring der Kommunalwahl geworfen.“ Durch die Mehrheitswahl ist es laut Bernhard theoretisch möglich, eine beliebige Anzahl an weiteren Namen auf die Wahlzettel zu schreiben. „Wichtig ist einfach, dass man jedem Kandidaten nur eine Stimme gibt. Sonst ist der Wahlzettel nämlich ungültig.“

Ein komplexer Wahlvorgang, schwierige Kandidatensuche, sinkendes Bürgerinteresse – lohnt sich ein Ortschaftsrat denn überhaupt noch? „Einem Teil der Bevölkerung scheint es immer noch wichtig zu sein“, ist sich Bernhard sicher. Für die Auernheimer seien Ortschaftsrats-Mitglieder in erster Linie direkte Ansprechpartner vor Ort – „für sämtliche Sorgen, sowohl größere als auch kleinere.“ Diese reichen laut dem Ortsvorsteher von simplen Genehmigungsfragen bis hin zu nachbarschaftsrechtlichen Belangen.

Bindeglied zwischen Auernheimern und Gemeindeverwaltung Nattheim

Bernhard stellt jedoch klar, dass ein Ortsvorsteher inzwischen keine verwaltungstechnischen Aufgaben mehr habe. Die erste Anlaufstelle ist heute das Rathaus in Nattheim, auch in politischen Angelegenheiten ist die Entscheidungsgewalt des Auernheimer Gremiums begrenzt. „Der Ortschaftsrat hat viele repräsentative Aufgaben und fungiert vor allem als Bindeglied zwischen den Bürgern und der Gemeindeverwaltung.“ In der Härtsfeldgemeinde funktioniere diese Abstimmung zwischen Rathaus und Ortschaftsrat gut – „auch der Gemeinderat fragt oft nach einem Meinungsbild aus dem Teilort.“

In manchen Fällen könne das Gremium etwas spürbar bewirken. Bernhard führt hier als Beispiel die Gesamtentwicklung des Auernheimer Baugebiets an. In anderen Fällen klappe es eben nicht. Die Bauplatzpreise beispielsweise hätte man in Auernheim gerne tiefer angesetzt, als es die Gemeindeverwaltung letztlich beschlossen hat.

Um ehrlich zu sein: Wahrscheinlich nicht.

Wolfgang Bernhard auf die Frage, ob Bürger den Wegfall des Ortschaftsrates bemerken würden

Würde bei einer künftigen Kommunalwahl kein Ortschaftsrat mehr zustande kommen, weil sich etwa keine Kandidaten finden, so müsste sich das Gremium laut Wolfgang Bernhard formal selbst auflösen. Ob der Bürger die Auswirkungen einer solchen Entscheidung im Alltag wahrnehmen würde? „Um ehrlich zu sein: Wahrscheinlich nicht“, gibt Bernhard zu. Aber: Solange etwas im Alltag funktioniere, nehme der Bürger in der Regel nicht wahr, welcher Aufwand oftmals dahinterstecke. „Erst wenn etwas fehlt oder man sich persönlich eingeschränkt fühlt, merkt man das.“

Vier Kommunen im Landkreis Heidenheim haben Ortschaftsräte

Die beiden Ortschaftsräte der Nattheimer Teilorte sind aus deren Eingemeindung 1973 hervorgegangen. Der erste Ortsvorsteher Auernheims war Alfons Ganzenmüller – zuvor bekleidete er das Amt des Auernheimer Bürgermeisters, ehe er nach insgesamt 24 Jahren den Ruhestand antrat. 1989 übernahm Heinrich Bolsinger die Position, drei Jahre später wurde Ingrid Ochs gewählt. Sie war über 19 Jahre lang im Amt. Auernheims heutiger Ortsvorsteher Wolfgang Bernhard hat die Rolle seit nunmehr zwölf Jahren inne.

Den Zeitaufwand eines Ortschaftsrats schätzt Bernhard auf durchschnittlich zwei bis drei Stunden pro Monat, zusätzlich zu der Zeit, die die regelmäßige Sitzung des Gremiums einnimmt. Im Gemeinderat, dem Bernhard in Nattheim als BWV/CDU-Fraktionsvorsitzender angehört, falle dieser ehrenamtliche Zeitaufwand deutlich höher aus. „Das sind sechs bis sieben Stunden Minimum, eher mehr.“ Als Ortsvorsteher sei er gefühlt 24 Stunden am Tag im Einsatz, denn oftmals würden Auernheimer ihn auch spontan im Ort auf ihre Probleme ansprechen.

Kommunen steht es generell frei, ob sie zusätzlich zum Gemeinderat und dessen Ausschüssen auch Ortschaftsräte haben möchten. Im Landkreis Heidenheim haben neben Nattheim die Kommunen Heidenheim, Gerstetten und Dischingen Ortschaftsräte.

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