Streit um Mehrfamilienhäuser

Klage gegen Neubau im Nattheimer Eberhardsweg: Das Urteil ist gefallen

Ein Dorn in ihrem Auge: Anwohner des Nattheimer Eberhardswegs haben gegen den Neubau zweier Mehrfamilienhäuser in ihrer Straße geklagt. Nun ist das Urteil gefallen.

Anwohner aus dem Nattheimer Eberhardsweg, die gerichtlich gegen einen Neubau in ihrer Straße vorgegangen sind, sind mit ihrer Klage gescheitert. Eine Woche, nachdem der Bau von zwei Mehrfamilienhäusern vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart verhandelt wurde, hat Richter Dr. Frank Wenger die Klage zurückgewiesen. In seiner Urteilsbegründung konzentriert sich Wenger auf vier Vorwürfe der Kläger.

1. Vorwurf: kein Einfügen in die Umgebung

Einer der Hauptkritikpunkte der Anwohner ist, dass sich die beiden Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 21 Wohneinheiten laut ihnen nicht in die überwiegend von Einfamilienhäusern geprägte Nachbarschaft einfügen. Wenger ist da anderer Ansicht: „Ein Zehnfamilienhaus ist genauso ein Wohngebäude wie ein Einfamilienhaus“, heißt es in der Urteilsbegründung, die schriftlich an alle Verfahrensbeteiligten ergangen ist. Die Zahl der Wohnungen bewirke für sich genommen grundsätzlich noch nicht, dass ein Mehrfamilienhaus der Eigenart eines Baugebiets widerspricht.

Weiter heißt es in der Begründung, die Kläger können sich auch nicht auf Erhalt der für diese Nachbarschaft typischen Prägung berufen, denn die sechste Kammer des Verwaltungsgerichts habe „schon größte Zweifel, ob ein solcher Anspruch überhaupt existiert“.

Was die von den Anwohnern beklagte hohe Grundflächennutzung der Mehrfamilienhäuser angeht, so ist Wenger der Meinung, dass bei mindestens zwei Grundstücken in der direkten Nachbarschaft „ebenfalls sehr hohe Grundflächennutzung vorzufinden“ ist.

2. Vorwurf: erdrückende Wirkung durch Neubau

Zusätzlich zur ihrer Ansicht nach mangelnden Einfügung des Neubaus kritisieren die Kläger eine „erdrückende Wirkung“, welche die beiden Gebäude auf die Nachbarschaft hätten. Ob das der Fall ist oder nicht, hat sich laut Wenger nicht am subjektiven Empfinden des Einzelnen, sondern vielmehr an normativen Kriterien zu orientieren. Im Eberhardsweg sieht das Gericht keine erdrückende Wirkung gegeben. Tatsächlich sei etwa die Firsthöhe des Zuhauses der Kläger sogar höher als die der Mehrfamilienhäuser.

3. Vorwurf: zu geringe Zahl an Stellplätzen

Den mit größten Kritikpunkt der Anwohner stellt die Parkplatzsituation in der Nachbarschaft dar, insbesondere die ihrer Ansicht nach zu geringe Zahl an Stellplätzen. Die Argumentation der Kläger bezeichnet Frank Wenger in seiner Entscheidungsbegründung als „seltsam unschlüssig“. Denn einerseits würden sie sich darüber beschweren, dass in der Zufahrtsstraße zu wenig Stellplätze ausgewiesen seien, andererseits würden die Kläger unzumutbare Lärmbelästigung durch die vorhandenen Stellplätze geltend machen.

Für die 21 Wohneinheiten stehen 27 Pkw-Stellplätze und 42 Fahrrad-Stellplätze zur Verfügung. Die gesetzlichen Anforderungen seien damit sogar übererfüllt. In Richtung Gemeinde Nattheim erklärt Richter Wenger: „Der Gemeinderat Nattheim hat zwar im Zusammenhang mit der Erteilung des Einvernehmens für das Vorhaben zwei Pkw-Stellplätze pro Wohneinheit gefordert, wozu er jedoch keine Kompetenz besitzt. Von der Möglichkeit, für abgegrenzte Teile des Gemeindegebiets mehr an Stellplätzen zu verlangen, hat er – soweit auf der gemeindlichen Homepage ersichtlich – keinen Gebrauch gemacht.“

Dass Straßen, auch Zufahrtsstraßen zu ganzen Wohngebieten oder gar Durchgangsstraßen, unmittelbar an Grenzen von Wohngrundstücken vorbeiführen, sei ein Normalfall. Eine unzumutbare Lärmbelästigung für die Kläger durch die Zufahrt zu den Stellplätzen der 21 Wohneinheiten sei letztlich nicht erkennbar.

4. Vorwurf: fehlende Wendemöglichkeit

Kleintransporter, etwa von Paketdiensten, können laut den Klägern nicht oder nur unzureichend innerhalb der Zufahrtsstraße wenden. Wie Wenger in der Begründung schreibt, würden die Anwohner monieren, dass Kleintransporter daher rückwärts herausfahren müssten, wodurch es zu erhöhter Lärmbelästigung komme. Damit würden die Kläger etwas in der Rechtsprechung – soweit ersichtlich – noch nicht Anerkanntes geltend machen. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots lasse dies nicht erkennen.

Nachdem die Klage damit abgewiesen ist, müssen die Kläger die Kosten des Verfahrens tragen. Der Streitwert der Klage wurde auf 10.000 Euro festgesetzt. Dabei handelt es sich nicht um den Betrag, den die Kläger zahlen müssen – am Streitwert dient lediglich als Grundlage für die Bemessung der Gerichtsgebühren. Gegen den Streitwert können die Kläger Beschwerde einlegen, ebenso können sie Berufung gegen das Urteil einlegen.

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