Energiewende

Klimaneutral heizen: Noch viele offene Fragen beim Wärmeplan in Nattheim

Nattheim arbeitet an einem kommunalen Wärmeplan. Im Gemeinderat wurde jetzt ein Entwurf vorgestellt. So manchem Gemeinderat blieb das zu unkonkret. Nun können sich Bürger beteiligen.

Wie kann Nattheim klimaneutral heizen? Wie kann die Infrastruktur umgestellt oder ausgebaut werden? Was ist möglich, was ist sinnvoll, was ist machbar? Allesamt Fragen, die im sogenannten kommunalen Wärmeplan betrachtet werden.

Die Gemeinde Nattheim ist derzeit auf dem Weg, einen solchen Plan festzuzurren – und somit für sich als Kommune selbst und wo möglich auch für die Bürgerinnen und Bürger Möglichkeiten auszuloten. Der Wärmeplan soll die „Ausgangssituation darstellen“ und „einen möglichen Transformationsprozess beschreiben“, heißt es.

Dazu sind die Kommunen mittlerweile verpflichtet. Das sogenannte Wärmeplanungsgesetz schreibt dies vor. Das Ziel ist klar formuliert: Bis 2045 soll in Deutschland ausschließlich mit erneuerbaren Energien geheizt werden. Baden-Württemberg geht noch einen Schritt weiter und will das bereits 2040 erreichen. Ein cleveres Wärmemanagement ist gefragt.

Potenzial und Bestand wurde beleuchtet

Nattheim hatte sich in dieser Sache bereits vor der gesetzlichen Verpflichtung freiwillig auf den Weg gemacht und die Firma RBS wave GmbH ins Boot geholt. Im Juli wurde eine Bestands- und Potenzialanalyse im Gemeinderat vorgestellt. Jetzt präsentierte die RBS wave GmbH konkrete Ansätze.

Photovoltaik, Windkraft, Geothermie, Biomasse, Abwasserwärme – es gibt eine ganze Reihe an Möglichkeiten, Strom und Wärme zu gewinnen. Doch: „Nicht jedes vorhandene Potenzial kann letztlich auch genutzt werden“, machte Rüdiger Kleemann, der den Entwurf seitens der RBS wave präsentierte, in der Sitzung deutlich.

Wie heizt Nattheim?

Wie heizt Nattheim aktuell? Rüdiger Kleemann gab einen kurzen Überblick. In den gut 2000 zu beheizenden Gebäuden wird, und das ist keine Überraschung, noch großteils mit Erdgas und Öl geheizt. Rüdiger Kleemann: „Die erneuerbaren Energien kommen, aber wir sind noch längst nicht da, wo wir hinwollen.“

Mit dem Wärmenetz im Wiesbühlareal sei die Gemeinde auf einem guten Weg – hier gelte es, an der Dekarbonisierung zu arbeiten – sprich, an der CO₂-Verringerung. „Man muss sich überlegen, wie man das gut weiterentwickeln kann“, so Kleemann.

„Mit Dämmen können wir das Klima nicht retten“

Wie steht es um Sanierungen? Energieeinsparung ist neben der Umstellung der Versorgung ein zentraler Punkt. Kleemann zeigte auf, dass hier natürlich immer Potenzial besteht. „Wenn wir von heute auf morgen alle Gebäude sanieren würden, könnten wir 30 Prozent Wärme einsparen. Mit Dämmen allein retten wir das Klima nicht“, sagt er. Der Hebel über Heizungsaustausch sei hier deutlich wirksamer.

Mit fünf Maßnahmen in die Zukunft

Also gilt es, anzupacken. Neue Wege zu gehen. Der Entwurf, der im Gemeinderat aufgezeigt wurde, umfasst fünf Maßnahmen.

Bürgerinformation: Rüdiger Kleemann verdeutlichte in der Sitzung: „Informierte Bürger sind handlungsfähige Bürger.“ Es gehe darum, aufzuzeigen, wie Energie eingespart und die Wärmeversorgung umgestellt werden kann.

Prüfung der Abwasserwärme: Die Abwasserwärmenutzung war bislang noch nicht sehr im Fokus, es gebe aber durchaus bereits Abwasseranlagen, die laufen und funktionieren, so Rüdiger Kleemann. Für Nattheim müsste man hinsichtlich einer möglichen Nutzung noch Messungen machen.

Wärmenetz für Fleinheim: Ein Wärmenetz sei denkbar – und soll weiter geprüft werden.

PV-Ausbau auf Dach- und Freiflächen: Hier gelte es zu untersuchen, wo es Flächen zur Nutzung gibt. Ins Spiel brachte er einen Bereich am Autobahnanschluss. Nattheim sei mit 22 Prozent Nutzung absolut vorbildlich, es gebe aber noch Luft nach oben.

Biomasse nutzen: Es soll weiter geprüft werden, wie die künftige Entwicklung sein könnte. Möglichkeiten jedenfalls seien da.

Das sagen Gemeinderäte dazu

Wolfgang Bernhard (BWV/CDU) fasste zusammen: „Eines ist klar, umsonst geht nichts.“ Er schlug in Richtung Kämmerei vor, künftig jährlich einen Betrag im Haushalt bereitzustellen, um sich hier auf Investitionen vorzubereiten. Sören Plepla (CDU/BWV) sagte und sprach damit vielleicht mehreren aus der Seele: „Was mir fehlt, ist was Konkretes.“ Bürgermeister Norbert Bereska entgegnete: „Wir können uns nun überlegen, welche Schlüsse wir daraus ziehen“ und verwies auf die anstehende Klausurtagung.

Auf Nachfrage sagt Moritz Sachs, bei der Gemeindeverwaltung mit der Wärmeplanung betraut: „Die Gemeinde erhält durch den kommunalen Wärmeplan erste Anhaltspunkte und eine gute Datenbasis, an welchen man sich bei zukünftigen Überlegungen und Planungen orientieren kann. Aus dem kommunalen Wärmeplan lassen sich aber keine definitiven Aussagen ableiten, wie eine zukünftige Wärmeversorgung in der Gemeinde Nattheim tatsächlich aussehen wird.“

Bürger können sich beteiligen

Jetzt haben Bürger bis 15. November im Rahmen einer Öffentlichkeitsbeteiligung die Möglichkeit, den Entwurf einzusehen. Dies ist auf der Homepage der Gemeinde oder im Bürgeramt des Rathauses möglich. Anmerkungen und Anregungen können eingereicht werden. Im November will der Gemeinderat über den Wärmeplan entscheiden.

Das Wärmeplanungsgesetz

Die Bundesregierung hat das sogenannte Wärmeplanungsgesetz erlassen. Es verpflichtet Kommunen, einen kommunalen Wärmeplan aufzustellen. Bis spätestens Mitte 2028 sollen alle rund 11.000 Kommunen Deutschlands eine Wärmeplanung haben. Großstädte (Gemeindegebiete mit mehr als 100.000 Einwohnern) sollen ihre Pläne bis zum 30. Juni 2026 haben, in Gemeinden mit weniger als 100.000 Einwohnern reicht die Frist bis zum 30. Juni 2028. Kleinere Gemeinden (unter 10.000 Einwohner) können ein vereinfachtes Wärmeplanungsverfahren vornehmen, heißt es seitens der Regierung.

Jetzt einfach weiterlesen
Jetzt einfach weiterlesen mit HZ
- Alle HZ+ Artikel lesen und hören
- Exklusive Bilder und Videos aus der Region
- Volle Flexibilität: monatlich kündbar