In einer Sache sind sich alle Beteiligten einig: Nattheims Ortsmitte soll ausgebaut werden. Wie diese neue Ortsmitte eines Tages aussehen soll, da scheiden sich hingegen die Geister. Während ein Bauherr aus dem Raum Stuttgart, dem das ehemalige Lauxenhof-Gelände gehört, ein Wohnhaus bauen will, möchte die Gemeinde Nattheim dort unter anderem lieber Stellplätze sehen. Die Streitigkeiten landeten schließlich vor dem Verwaltungsgerichtshof Mannheim, wo die Gemeinde in Teilen eine Niederlage einstecken musste – eine Änderung des Bebauungsplans wurde für unwirksam erklärt. Das letzte Wort in dieser Angelegenheit scheint jedoch noch nicht gesprochen zu sein.
Zwar wird eine Revision laut Gerichtsurteil nicht zugelassen, dagegen hat die Gemeinde Nattheim allerdings Beschwerde eingelegt – mit Erfolg. Somit ist das Urteil bis auf Weiteres nicht rechtskräftig. Mehr noch: Die Gemeinde hat am Donnerstag einen völlig neuen Bebauungsplan im beschleunigten Verfahren aufgestellt. Dieser umfasst nicht nur das Lauxenhof-Gelände, sondern auch Teile der Verkehrsflächen Heidenheimer Straße, Fleinheimer Straße und Hauptstraße. Zur Sicherung des Beschlusses hat der Gemeinderat im selben Zug eine Veränderungssperre für das Gebiet beschlossen.
Bauherr übt Kritik an Nattheimer Gemeinderat
Der Stuttgarter Bauherr sieht dieses Vorgehen kritisch: „Das Gericht hat die Veränderung des Bebauungsplans ‚Ochsenwiesen‘ für rechtswidrig erklärt. Dass der Gemeinderat mit dem Bebauungsplan ‚Ortsmitte‘ praktisch noch einmal genau dasselbe Vorgehen beschlossen hat, finde ich recht wagemutig. Das Urteil ist dadurch ja nicht aus der Welt.“
Nattheims Bürgermeister Norbert Bereska hält dagegen: „Die Punkte des Gerichts sind in dem neuen Plan vollumfänglich enthalten.“ Dieser sei im Vorfeld entsprechend vor- beziehungsweise aufbereitet worden. „Erfolgsaussichten für Dritte“, die den Plan gerichtlich anfechten wollen würden, stehen laut Bereska schlecht.
Der Verhandlungsweg ist für den Bürgermeister trotz des richterlichen Urteils nicht ausgeschlossen. Parallel zu den Ortsmitte-Planungen unterbreite die Gemeinde dem Bauherrn Angebote, das Lauxenhof-Gelände abzukaufen und ihm ein Ersatzgrundstück bereitzustellen. „Der Bauherr hat das in der Hand“, so Bereska.
Droht Gemeinde Nattheim Schadenersatzklage?
Bis auf das besagte Gelände gehören sämtliche Grundstücke, die der Bebauungsplan „Ortsmitte“ umfasst, der Gemeinde Nattheim. Dass diese effektiv verhindere, dass der Bauherr den Lauxenhof bebaut, sieht der Bauherr als Missachtung seines Eigentums an. Verbunden mit dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs sieht der Bauherr einen Anspruch auf Schadenersatz, dieser würde sich seiner Schätzung nach auf rund zwei bis drei Millionen Euro belaufen.
Wie es für den Bauherrn weitergeht, ist derzeit auch für ihn selbst noch völlig offen. Derzeit liegen seine Pläne zur Genehmigung bei der Baurechtsbehörde vor. Unabhängig davon plant die Gemeinde Nattheim nun eben den Ausbau des Bereichs nach ihrer Vorstellung.
Was genau sieht also der Bebauungsplan „Ortsmitte“ vor? Angedacht ist, am Rathaus eine Fahrradabstellanlage für Rathausmitarbeiter aufzustellen, dafür sollen die dortigen Pkw-Stellplätze wegfallen beziehungsweise verlegt werden. Der Rathausvorplatz selbst soll durch Bepflanzung grüner werden, Sitzgelegenheiten sollen geschaffen werden.
Während gegenüber des Rathausvorplatzes der aktuelle Status quo beibehalten werden soll – sechs Stellplätze mit Ladesäule – ist geplant, das Lauxenhof-Areal auszubauen. Dort sind ein Parkplatz und Spielgeräte angedacht, außerdem eine Mobilitätsstation als Knotenpunkt für den Umstieg vom Fahrrad auf den Bus. Da die Gemeinde aufgrund dieser Veränderungen mit mehr Fußgängern rechnet, soll die Fahrbahn am Lauxenhof-Gelände breiter gemacht und durch eine Querungshilfe ergänzt werden. Wie viele Stellplätze letztlich realisiert werden würden, ist noch nicht klar beziffert, laut Norbert Bereska werden jedoch definitiv zusätzliche Parkplätze entstehen.
Der Bereich zwischen Kreissparkasse und Brauerei soll für Wohnraum genutzt werden. Der Fokus liegt hier auf barrierefreiem Wohnen für Senioren. Geplant sind zur Straßenseite ein voraussichtlich dreigeschossiges Wohnhaus mit kleinen, seniorengerechten Wohnungen. Der hintere Bereich sieht eine Bebauung mit ein- oder zweigeschossigen Bungalows vor – auch diese Wohnungen richten sich an Senioren, die ihren Wohnraum verkleinern wollen.