Prozess am Amtsgericht Heidenheim

Freiheitsstrafe auf Bewährung: Nattheimer schlägt Ehefrau eine volle Wasserflasche auf den Kopf

Mit etwas skurrilen Ausreden versuchte sich ein 58-jähriger Nattheimer, der offenbar schon mehrfach gewalttätig war, herauszureden. Warum ihm das Gericht keinen Glauben schenkte.

Glück im Unglück hatte eine 46-jährige Frau, als ihr Ehemann im Juni letzten Jahres mit einer vollen Sprudelflasche zuschlug. Sie erlitt eine Schädelprellung und eine Platzwunde. Leicht hätte der Angriff noch schlimmer für sie ausgehen können, denn offensichtlich hatte sich der Nattheimer häufiger nicht unter Kontrolle. Jetzt musste sich der 58-jährige Mann wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Heidenheimer Amtsgericht verantworten.

Schon mit seinen ersten Aussagen büßte der Angeklagte angesichts seiner nebulösen Schilderungen an Glaubwürdigkeit ein. „Sie ist mit dem Kopf gegen die Flasche gestoßen“, versuchte er, die Verletzungen seiner Frau zu erklären. Denn, wenn er wirklich vorgehabt hätte, sie mit der Flasche zu verletzen, wäre das wohl anders ausgegangen, deutete er an. Seine Frau habe sich plötzlich gebückt, vielleicht, weil sie gedacht habe, dass er sie schlagen wolle, so der Angeklagte. Sie habe auch zu ihm gesagt, dass er weggehen solle, weil sie Angst vor ihm habe.

Seine Noch-Ehefrau versuchte er, als diejenige darzustellen, die „keine Ruhe gebe“ bis ein Streit dann eskaliere. Sie sei alkoholabhängig und unberechenbar, wenn sie trinke. Deshalb sei es auch in der Vergangenheit öfter mal zu Streit und auch körperlichen Auseinandersetzungen gekommen.

Ehefrau: Sie kenne ihren Mann und wisse, wann es gefährlich für sie werde

An besagtem Tag sei ihr Mann schlecht gelaunt gewesen, berichtete das Opfer, das zugleich Nebenklägerin und Zeugin war. Eskaliert sei es dann, weil sie die Falltreppe zur Bühne geöffnet hatte und ihr Mann mit der Tür dagegen rempelte. Sie kenne ihren Mann sehr genau und wisse, wann ein Zustand erreicht sei, ab dem es gefährlich werde, berichtete sie vor Gericht. Als er mit der Flasche vor ihr gestanden habe, habe sie noch kurz überlegt, ob er jetzt wohl zuschlage, da sei es schon passiert gewesen. Sie sei in die Hocke gegangen und dann so schnell wie möglich raus aus der Wohnung in die Gartenhütte geflüchtet. Von dort habe sie die Polizei alarmiert. Gesundheitlich gehe es ihr seit der Trennung wieder besser, aber sie habe durch die häusliche Situation der letzten Jahre starke psychosomatische Beschwerden und sei in Behandlung.

Richter Dr. Christoph Edler hakte nach, ob es in der 2017 geschlossenen Ehe häufiger zu Streitigkeiten und Handgreiflichkeiten gekommen sei. Das bestätigte die Frau. Sie wolle nicht sagen, dass an ihrem Noch-Ehemann alles schlecht sei, aber wenn er in „diesen Zustand“ komme, könne er sich nicht mehr kontrollieren.

Immer wieder geglaubt, dass er sich bessern will

Sie berichtete von Vorfällen, bei denen er ihr auf den Kopf geschlagen habe und sie mit einem Messer bedroht habe, sodass sie sich Schnittwunden an den Händen zugezogen habe. Immer wieder habe sie ihm verziehen und ihm geglaubt, dass er sich bessern werde. 2018 habe der Angeklagte ihr am Boden liegend mit dem Fuß drei Rippen gebrochen. Laut der Aussage des Angeklagten sei seine Ehefrau damals eine Treppenstufe hinuntergefallen und habe sich dabei verletzt. 2021 hatte die Frau einen Gewaltschutzantrag gestellt, dann aber selber wieder zurückgezogen.

Die Spirale sei aber immer weiter nach oben gegangen, so das Opfer. Inzwischen habe sie erkannt: „Es ist für mich lebensgefährlich, in dieser Beziehung zu bleiben.“ Nach dem Vorfall im Juni letzten Jahres hatte die Ehefrau erneut einen Gewaltschutzantrag gestellt. Dazu sagte die damals zuständige Richterin als Zeugin aus. Die Einlassungen des Ehemannes, dass die Frau mit dem Kopf gegen die Flasche gestoßen sei, habe sie nicht für glaubwürdig gehalten. Schließlich habe er aber eingeräumt, dass er sie geschlagen habe, aber nicht habe verletzen wollen.

Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft sah die Aussage der Geschädigten als plausibel an und bezweifelte die Ausführungen des Angeklagten. Der Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung sei erfüllt. Zu Gunsten des Angeklagten spreche, dass er bisher keine Vorstrafen habe. Sie forderte eine zehnmonatige Freiheitsstrafe, auf zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt sowie eine Geldauflage von 4000 Euro. Der Rechtsanwalt der Geschädigten forderte zudem eine Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 6000 Euro.

Der Verteidiger war der Ansicht, dass nur durch ein gerichtsmedizinisches Gutachten zweifelsfrei festgestellt werden könnte, ob die Verletzungen der Frau nicht auch daher rühren könnten, dass sie gegen die Flasche gestoßen sei. Die Höhe des Schmerzensgeldes wollte er lieber in einem Zivilverfahren klären.

Richter Dr. Christoph Edler verurteilte den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten, ausgesetzt zu einer dreijährigen Bewährung, sowie einer Zahlung von 2.000 Euro an den Hilfs- und Wohltätigkeitsverein. Die gleiche Summe muss er an die Geschädigte leisten. Er sei überzeugt, dass es einen Schlag mit der Flasche gegen die Frau gegeben habe und diese ausgewichen sei, begründet der Richter das Urteil.

Partnerschaftsgewalt auf neuem Höchststand

Im Jahr 2023 wurden in Deutschland rund 168.000 Opfer von Partnerschaftsgewalt bis hin zum Mord (704 Fälle) polizeilich erfasst. Das ist neuer Höchststand. In 79 Prozent der Fälle waren die Opfer Frauen.

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