Für manche Menschen ist sie ein Ort. Für andere ein Gefühl. Arne Braun sieht in ihr manchmal sogar seine Lieblingsserie. Die Rede ist von Heimat. Und Heimat hat laut Staatssekretär Braun viele verschiedene Definitionen – seine Lieblingsserie ist übrigens „Mad Men“. Ebenso vielfältig wie der Heimatbegriff ist die Zahl der Möglichkeiten, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen. Der Landespreis für Heimatforschung kürt jährlich einige der besten Arbeiten aus dieser Sparte. Am Donnerstag wurde er einmal mehr verliehen, anlässlich der Heimattage auf dem Härtsfeld nun in der Nattheimer Gemeindehalle.
„In dieser schnelllebigen Zeit ist Heimatforschung ein Anker“, sagte Nattheims Bürgermeister Norbert Bereska. Neben dem Blick in die Vergangenheit sei sie stets auch eine Einladung, die Zukunft aktiv mitzugestalten. Arne Braun attestierte dem Begriff „Heimat“, sich immer wieder neu zu schaffen. Daher soll an dieser Stelle ein Blick auf die Preisträgerinnen und Preisträger und deren Definition von Heimat geworfen werden.
Heimat ist, was man isst: Aus kulinarischer Sicht näherte sich die Geschichts-AG des Mosbacher Nicolaus-Kistner-Gymnasiums dem Thema Heimatforschung. „Geschichte(n) auf dem Teller“ lautete der Titel ihres Projekts, welches beleuchtet, wie Nahrungsmittel und Landwirtschaft Menschen zusammengeführt haben. Dafür wurde die Geschichts-AG mit dem Schülerpreis bedacht.
Heimat ist, was man beschützen muss: Mit den Auswirkungen der Gleichschaltung auf Jugendliche in der Zeit des Nationalsozialismus anhand des Marktflecks Ochsenhausen haben sich Fabian Gmeinder und Sarah Göser beschäftigt. Dafür erhielten die beiden den Jugendförderpreis. „Wir waren schockiert, wie einschneidend und zugleich verführerisch diese Zeit für junge Menschen war“, erklärte Göser und forderte zudem, dass man nicht zulassen dürfe, dass der Begriff „Heimat“ von Rechtsextremen missbraucht werde.
Pforzheim: Stadtgeschichte der NS-Zeit sichtbar machen
Heimat ist das Gefühl, man selbst sein zu können: Der Preis Heimatforschung digital ging an die Projektgruppe „Geschichte aktiv“ des Hilda-Gymnasiums Pforzheim. Ziel der „Spurensuche Pforzheim“ ist es, die Stadtgeschichte der NS-Zeit zu erforschen und die Schicksale Einzelner sichtbar zu machen. Dabei hat die Gruppe auch viel über sich selbst gelernt – etwa, dass für manche von ihnen Heimat das Gefühl ist, man selbst sein zu können.
Heimat ist eine Ausnahmeerscheinung: Unter sämtlichen württembergischen Dörfern sticht Bebenhausen hervor. Doch auch abseits ihres Schlosses und ihres Klosters hat die Kommune viel zu erzählen. Hans Haug aus Tübingen hat diese Geschichte vom Beginn des Nationalsozialismus bis zur Eingemeindung aufgeschrieben. „Wenn man es jetzt nicht aufarbeitet, geht vieles verloren“, so Haug. Dafür erhielt er einen der beiden zweiten Preise.
Heimat ist Hartnäckigkeit: Eigentlich sind sie gar keine Modellbauer. Trotzdem haben sich die Mitglieder des Vereins Historisches Berau genau daran versucht – an einem Modell des Klosters Berau, begleitend zur Ausstellung „Der lange Atem der Berauer Nonnen“. Auch an den Verein ging der zweite Preis.
Heimat ist, unbequem zu sein: Drei Männer, ein Kaiser, ein langer Weg nach Wien. Wie sich Untertanen in Schechingen und Hohenstadt (Abtsgmünd) gegen ihren Landesherren Joseph Anselm Graf Adelmann zur Wehr setzten und sich sogar beim Kaiser persönlich beschwerten, das hat Reinhold Fischer erforscht. Der erste Preis ging damit an die Nachbarn im Ostalbkreis. Zehn Jahre Forschungsarbeit und Tausende – teils unentdeckte – Quellen stecken in diesem Werk.
113 Einreichungen, sechs Gewinner-Beiträge
113 Arbeiten wurden für den Landespreis für Heimatforschung 2024 eingereicht. Dieser ist mit insgesamt 17.500 Euro dotiert, das Preisgeld verteilt sich auf die sechs Gewinner-Beträge. Zudem wurden in diesem Jahr vier Anerkennungsurkunden verliehen.