Eigentlich war Bernhard Krüsken, der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, in den Landkreis Heidenheim gekommen, um beim Heidenheimer Bauerntag in Dischingen einen Impulsvortrag zu halten. Vorher aber schob er einen Besuch auf dem Hof der Familie Joos in Fleinheim ein. Wahrscheinlich, weil dieser Betrieb stellvertretend für ein Thema steht, das im Moment viele Landwirtinnen und Landwirte beschäftigt: das Bundesprogramm zum Umbau der landwirtschaftlichen Tierhaltung.
Eine Milliarde Euro hat die Bundesregierung für Landwirtinnen und Landwirte vorgesehen, die Ställe tiergerecht umbauen wollen. Auch laufende Mehrkosten, die in Betrieben mit höheren Standards entstehen, sollen teilweise bezuschusst werden. Viele Tierhalter stehen dem Programm skeptisch gegenüber: Sie sehen die Förderbedingungen als zu eng und das Programm als zu unzuverlässig an. Zu dieser Gruppe gehört auch die Familie Joos.
Tausende Ferkel aus Fleinheimer Erzeugung
Hansjörg und Anita Joos betreiben zusammen mit Sohn Michael, einem festen Mitarbeiter und mehreren Teilzeitkräften einen Hof am Nordrand von Fleinheim. Der Betrieb ist einer der größten Ferkelerzeuger in der Region: 310 Muttersauen werden dort gehalten, jährlich kommen 15.000 Ferkel auf die Welt. Diese werden an andere Betriebe im Landkreis Heidenheim und im Ostalbkreis weitergegeben, wo sie dann gemästet werden. "Den Hof gibt es seit über 40 Jahren", so Hansjörg Joos, "seitdem gab es keine nennenswerten Umbauten". Auch den heutigen Anforderungen des Tierschutzes würde der Schweinestall noch genügen, trotzdem würde die Familie Joos gerne einen Umbau starten. Doch das würde sich, trotz staatlicher Unterstützung, wohl nicht rechnen.
Das größte Problem für Michael Joos ist, dass er nach großen Investitionen für einen Umbau nicht mit langfristiger Unterstützung rechnen könne. Die Förderlaufzeit des Bundesprogramms ist auf sieben Jahre begrenzt und bei Betrieben mit über 200 Muttersauen ist nicht festgelegt, welcher Anteil der laufenden Mehrkosten überhaupt gefördert werden kann. Weniger Schweine zu halten, sodass jedes einzelne im bestehenden Stall mehr Platz hat, ist laut Hansjörg Joos keine Option, weil der Hof dann nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben wäre und weil die Anzahl der Ferkel mit den Kooperationspartnern abgestimmt sei.
Rechnen sich die Investitionen für das Tierwohl?
Viel lieber würde man in einen größeren Stall investieren, der neben verbessertem Tierwohl auch mehr Schweinen Platz bietet. Das aber ist durch das sogenannte Aufstockungsverbot nicht möglich. Wer Fördergelder beziehen möchte, darf den Tierbestand nicht vergrößern. Ohne eine Vergrößerung geht Hansjörg Joos davon aus, dass Investitionen in den Stall sich erst nach Jahrzehnten rentieren würden, wenn überhaupt.
Auch Krüsken kritisiert das Bundesprogramm: Eine Milliarde Euro würde nicht für alle interessierten Landwirtinnen und Landwirte reichen, da Betriebe, die den Anforderungen bereits entsprechen, einen großen Teil des Geldes als laufende Förderung abgreifen würden. Michael Joos glaubt, dass die positiven Effekte für viele Betriebe gering ausfallen könnten. "Die staatliche Unterstützung hilft am ehesten jungen Berufskollegen, die daraus Hoffnung schöpfen können", so Joos.
Wie sind unter diesen Bedingungen die Aussichten für die Schweinehaltung, in Fleinheim und in Deutschland? Ziemlich düster, wenn man Krüsken fragt. Neben unzureichender Förderung kritisiert er auch die Änderungen im Tierschutzgesetz, die in den kommenden Jahren wirksam werden: "Das wird der Sargnagel der deutschen Schweineindustrie." Die Nachfrage nach Schweinefleisch würde aber nicht verschwinden, sondern nur verlagert werden: "Der Ferkelerzeuger im Ausland hat andere Spielregeln."
Spezialisierung in der Schweinehaltung
Die moderne Schweineproduktion erfolgt meist in einem arbeitsteiligen System, weil die Produktionsbereiche Zucht, Ferkelerzeugung und Mast unterschiedliche Anforderungen an Tierhalter stellen. Die Ferkelerzeugung findet in Betrieben mit Muttersauen statt, die im Jahr mehrere Würfe Ferkel zur Welt bringen. Diese Ferkel werden dann aufgezogen, bis sie ein Gewicht von 25 bis 30 Kilogramm erreichen, bevor sie in einen Mastbetrieb gebracht werden. Dort bleiben die Tiere, bis sie ein Gewicht von 110 bis 125 Kilogramm erreicht haben. Danach werden sie zur Schlachtung gebracht.