Beruf Bademeister

Was Sonia Thur und Jan Kaufmann an ihrer Arbeit im Nattheimer Ramensteinbad schätzen

In vielen Frei- und Hallenbädern fehlen Bademeister. Sonia Thur und Jan Kaufmann machen ihren Beruf mit Leidenschaft. Sie sagen: "Wir starren nicht nur stur aufs Wasser. Es steckt mehr dahinter, als man denkt."

Was Sonia Thur und Jan Kaufmann an ihrer Arbeit im Nattheimer Ramensteinbad schätzen

31 Grad und 70 Prozent Luftfeuchtigkeit. Für tropisches Klima müssen Sonia Thur und Jan Kaufmann nicht ins Flugzeug steigen – sie haben es jeden Tag an ihrem Arbeitsplatz, dem Nattheimer Ramensteinbad. Während andere Hallenbäder – teilweise auch wegen Personalmangels – den Sommer über schließen und auch keine Schwimmkurse anbieten, hat das Ramensteinbad geöffnet. Und wer denkt, hier wäre es in den Sommermonaten leer, der irrt. „Juli und August sind zusammen mit Januar unsere stärksten Monate. Da rennen uns die Leute die Bude ein“, sagt Betriebsleiter Jan Kaufmann. Ein wichtiger Grund dafür: „Wir haben ein Außenbecken, eine Liegewiese mit Sonnenschirmen und Liegestühlen. Da kommt schon Urlaubsfeeling auf.“

Bis zu 450 Badegäste pro Tag – auch im Sommer

An einem starken Tag tummeln sich im Wasser dann bis zu 450 Menschen. Und Sonia Thur und Jan Kaufmann sind für ihre Sicherheit verantwortlich. Ist das nicht belastend? „Am Anfang war man bei der Aufsicht schon angespannt und nervös, aber das hat sich gelegt“, sagt Kaufmann. „Man darf sich auch nicht zu viele Gedanken machen, das würde einen sonst nervlich kaputt machen“, ergänzt Thur. Beide haben vor 19 bzw. 18 Jahren ihre Ausbildung zur Fachkraft für Bäderbetriebe im Heidenheimer Aquarena absolviert.

Ins Wasser springen, um jemanden zu retten, musste Sonia Thur in dieser Zeit bisher nur einmal. Ein Badegast hatte einen Krampf bekommen und war in Panik geraten. „Da denkt man nicht nach, man handelt automatisch“, beschreibt die 38-Jährige. Allerdings kommt es schon des Öfteren zu kleinen oder größeren Unfällen – vom Bienenstich, über Platzwunden bis zu Knochenbrüchen. Ganz zimperlich sollte man also nicht sein.

Gibt es auch in Nattheim Problemgäste?

In diesem Sommer wurde viel über gewalttätige Auseinandersetzungen in zwei Berliner Freibädern debattiert. Und selbst vor dem Ramensteinbad prangt ein Plakat, auf dem steht: „Finger weg! Kein Glotzen und Grapschen in unserem Schwimmbad“. Gibt es denn auch in Nattheim Problemgäste? „Eigentlich nicht. Unsere Gäste sind hauptsächlich Familien und ältere Menschen. Weniger halbstarke Spaßbader“, sagt Kaufmann. Aber weil Übergriffe generell zunähmen, hätten sie eigens zum Thema sexuelle Belästigung eine Schulung absolviert. „Da ging es darum, für das Thema zu sensibilisieren und Wege zu zeigen, wie man damit umgeht.“

Ganz heil ist die Welt im Ramensteinbad aber auch nicht immer. „Es kommt schon vor, dass sich Gäste daneben benehmen und wir sie dann rauswerfen müssen“, sagt Sonia Thur. Und das heißt: Man muss sich behaupten. „Das war aber schon in der Ausbildung so, das lernt man dann.“ Zuletzt musste sie eine fünfköpfige Gruppe Ü-40-Männer rauswerfen, weil sie zu viel Alkohol getrunken und sich „schrecklich verhalten“ hätten. Als schließlich Bierbecher über dem Becken herumflogen, reichte es der Bademeisterin. „Erst wollten sie sich nichts von mir sagen lassen, aber schließlich sind dann doch alle gegangen. Man muss sich einfach durchsetzen und konsequent bleiben.“

“Die Leute glauben, aufs Wasser zu starren, sei keine Arbeit”

Macht die Aussicht auf schwierige Gäste den Beruf Bademeister unattraktiv und ist ein Grund für den landesweiten Personalmangel? „Vielleicht“, sagt Kaufmann. „In Großstädten ist der Beruf natürlich ein anderer.“ Dazu komme die Schicht- und Wochenendarbeit. „Der Hauptgrund ist aber, glaube ich, dass sich die meisten unter unserem Beruf nichts vorstellen können“, ergänzt Sonia Thur. „Ich werde oft gefragt, was ich hauptberuflich mache. Die Leute glauben, wir starren nur stur den ganzen Tag aufs Wasser und dass das keine Arbeit ist.“

Dabei sei der Beruf vielseitiger, als man glaubt. „Wir sind ja auch für die gesamte Technik zuständig“, erklärt Kaufmann. „Die Filter warten, Chemikalien nachfüllen, die Messstation kalibrieren und noch viel mehr.“ Chemie und Mathe seien daher auch Bestandteil der dreijährigen Ausbildung. Geschätzt kümmert sich der 35-Jährige zu 50 Prozent seiner Arbeitszeit um technische Belange. Dazu kommt das Telefon, die Kasse muss im Blick behalten werden, die Endreinigung. Und wenn der Bauhof mal keine Zeit hat, wird auch der Rasen von Kaufmann gemäht. „Es gefällt mir, dass der Beruf so vielfältig ist und wir hier ein bisschen Mädchen für alles sind.“ Sein Beruf habe zu Unrecht ein schlechtes Image. „Es steckt mehr dahinter, als man denkt.“ Und im Übrigen sei es auch anstrengend, über lange Zeit konzentriert auf das Wasser zu schauen und den Überblick zu behalten.

Der Schönste Teil des Berufs: Kinderschwimmkurse

Dazu kommt der Umgang mit den unterschiedlichen Gästen, denn der eine oder andere beschwert sich gern oder spricht über seine persönlichen Probleme. „Manchmal ist man Seelentröster, ein anderes Mal Konfliktlöser und Kompromissfinder. Ohne psychologisches Geschick wird es da schwierig“, sagt Sonia Thur. Und natürlich gibt es noch die Schwimmkurse. Die sind für die 38-Jährige überhaupt das Schönste an ihrem Beruf. „Es ist toll, wenn die Kinder es dann können und sich über ihren Erfolg freuen.“ Und für Jan Kaufmann ist es nicht nur der schönste Teil des Berufs, sondern auch der wichtigste. „Ich denke, das muss einfach jeder können. Genauso wie Schreiben oder Lesen.“

Halb Nattheim das Schwimmen beigebracht

Da beide Bademeister schon seit mehr als zehn Jahren in Nattheim arbeiten, kennt man viele der Gäste. Und sowohl Thur als auch Kaufmann leben in der Gemeinde. „Eigentlich vergeht kein Tag, an dem man auf der Straße oder beim Einkaufen nicht von jemandem angesprochen wird“, sagt Kaufmann. Kein Wunder, wenn man halb Nattheim das Schwimmen beigebracht hat. „Manchmal kommt man sich ein bisschen vor wie ein Promi.“ Und nicht nur deshalb steht für ihn und seine Kollegin fest: „Ich kann mir keinen anderen Beruf vorstellen. Und auch keinen anderen Ort. Hier macht es einfach Spaß.“