Wie Familie Schauz aus Fleinheim beispiellose Solidarität erfuhr
Fort. An einem einzigen sonnigen Freitagvormittag wird Familie Schauz die Existenzgrundlage unter den Füßen weggerissen. Knapp zwei Wochen ist es her, dass ein verheerender Großbrand den landwirtschaftlichen Betrieb der Familie in Fleinheim fast vollständig zerstört hat. Der Schock sitzt immer noch tief.
Fast zeitgleich erfahren das Ehepaar Marianne und Frieder Schauz sowie ihre fünf Kinder an jenem Freitag von dem Unglück: „Wir waren gerade mit dem Auto nach Triesdorf zu unserem Sohn Max unterwegs, als uns die Nachricht erreichte“, erzählt Frieder Schauz. „Schau‘, dass du heimkommst, der Stall brennt“: Mit diesen Worten wird Tochter Barbara Schauz am Telefon von dem Feuer unterrichtet. Das Ausmaß des Schadens kann sich in diesem Moment noch niemand in der Familie ausmalen.
Passanten aus Fleinheim retten Seniorin aus brennendem Haus
Erst vor Ort wird klar, dass es sich um einen Großbrand handelt. Der Stall und beide Silos werden dabei zerstört, auch das angrenzende Wohnhaus droht, von den Flammen verschlungen zu werden. Unzählige Feuerwehrkräfte, der Rettungsdienst, das DRK und die Polizei sind im Einsatz. Familie Schauz erlebt ihre dunkelste Stunde – und beispiellose Hilfe und Solidarität aus der Nachbarschaft.
„Es war gigantisch, wie viele Leute da waren, um uns sofort zu helfen“, berichtet Barbara Schauz. Als die ersten Familienmitglieder eintreffen, ist die Großmutter, die in dem Wohnhaus lebt, bereits von Passanten in Sicherheit gebracht worden. Einige Nachbarn beginnen parallel, die Tiere aus dem Stall zu holen. „Ein Kumpel von Max hat unter Lebensgefahr unseren Hund gerettet. Der hatte sich während des Feuers unter einem Dieseltank versteckt“, erzählt Tochter Daniela Eckardt.
Das gesamte Dorf Fleinheim, so scheint es, lässt an jenem Freitag alles stehen und liegen und hilft, wo es nur kann. Niemand habe lange überlegt, alle hätten sofort geholfen, erzählt Marianne Schauz. „Sie waren Tröster und Helfer in einem.“ Verpflegung erhalten die Helferinnen und Helfer während der Brandbekämpfung etwa vom Wirtshaus Ochsen aus Fleinheim sowie von Metzgereien aus Hohenmemmingen, Nattheim und Dischingen. Örtliche Getränkehändler stellen wie selbstverständlich ihre Vorräte zur Verfügung. „Am Tag darauf gab’s in ganz Fleinheim kein Spezi mehr“, erzählt Barbara Schauz.
Großes Glück im großen Unglück haben auch die rund 100 Kühe auf dem landwirtschaftlichen Anwesen. Sie alle können rechtzeitig und unversehrt in Sicherheit gebracht werden, Menschen kommen bei dem Feuer ebenfalls nicht zu Schaden. Auch hier wird Familie Schauz ungeheuer viel Hilfe zuteil.
Kühe kommen in Dunstelkingen bei Familie Abele unter
Ein Metzger aus Hohenmemmingen stellt seine Gatter zur Verfügung, mit der die Tiere in den Gärten der Nachbarn untergebracht werden. Unzählige Landwirtinnen und Landwirte aus der Region fahren mit ihren Anhängern in Fleinheim vor, um die Kühe zu ihren späteren, temporären Unterkünften zu transportieren. „In der Landwirtschaft greift man sich gegenseitig unter die Arme“, so Familie Schauz. Derzeit sind rund 15 Kälber auf dem Wahlberg bei Nattheim untergebracht, die rund 40 Kühe sowie das restliche Jungvieh haben auf dem Hof von Familie Abele in Dunstelkingen Unterschlupf gefunden.
Dort, in Dunstelkingen, kann die Milchproduktion momentan weiterlaufen. „Die Kühe müssen ja zweimal täglich gemolken werden“, sagt Frieder Schauz. Familie Abele habe extra dafür die Melkanlage des Hofs, die seit anderthalb Jahren nicht mehr genutzt wird, wieder in Schuss gebracht. Ob, und wenn ja, wann die Produktion im eigenen Betrieb in Fleinheim wieder aufgenommen werden kann, steht in den Sternen. Zur Brandursache gibt es nach wie vor noch keine Erkenntnisse, ein entsprechendes Gutachten ist noch nicht abgeschlossen. Der Produktionsraum des Hofes, in dem das eigene Bauernhofeis hergestellt wird, hat das Feuer überstanden, ebenso das angrenzende Wohnhaus – „man kann gar nicht beschreiben, wie viel Glück wir hatten“, so Max Schauz.
Brandursache in Fleinheim noch nicht ermittelt
Während die Zukunft des Hofs im Unklaren liegt, kann sich Familie Schauz über eines sicher sein: Auch in der Zeit nach dem Brand reißt die Unterstützung aus ihrem Umfeld nicht ab. „Wenn man jetzt jemanden im Dorf trifft, wird einem direkt Hilfe angeboten“, berichtet Barbara Schauz. Von Feuerwehrkräften, die in den Stunden nach dem Brand Nachtwache gehalten haben, über Landwirte, die unaufgefordert Dutzende Ballen Stroh vorbeibringen, bis hin zum Nattheimer Seniorenzentrum Regenbogen, wo die Großmutter der Familie aufgenommen wurde: „Es gibt ganz viele gute Menschen auf der Welt“, freut sich Marianne Schauz.
Es sind emotionale Tage für die gesamte Familie. „Der Hof ist hier in Fleinheim seit Generationen gewachsen“, erzählen die Töchter Cornelia Schauz und Veronika Ebner. Durch das Feuer hat die Familie viel verloren, sehr viel. „Aber gleichzeitig haben wir gemerkt, dass wir auch viel gewonnen haben“, sagt Cornelia Schauz mit Blick auf die Solidarität aus dem Dorf. „Das, was wir in dieser Zeit erfahren haben, kann man nicht mit Geld aufwiegen.“