Es ist zu laut in Nattheim. Zumindest in der Theorie. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs müssen Gebiete, die in der sogenannten Umgebungslärmkartierung erfasst sind, einen Lärmaktionsplan aufstellen. Lärm bekämpfen, Ruhe schützen: Mit diesem Plan soll eine Kommune demonstrieren, wie sie dieses Ziel erreichen will. Auch die Gemeinde Nattheim ist davon betroffen. In der jüngsten Sitzung des Gemeinderats ging es darum, was die Gemeinde bereits dafür getan hat, was sie noch tun wird und was sie lieber bleiben lässt.
Wenig verblüffend ist der größte Lärmherd Nattheims die B 466 von Heidenheim kommend bis zum Kreisel beim Ortseingang. Auch der Lärmpegel des Verkehrsaufkommens auf der Autobahn A 7 strahlt teilweise bis auf die Nattheimer Gemarkung. „Wichtig ist beim Lärmaktionsplan jedoch, dass wir nicht nur diesen kleinen Teil betrachten, sondern generell die Hauptstraßen in Nattheim“, erläuterte René Recknagel, stellvertretender Hauptamtsleiter der Gemeinde. Werner Pomes vom Munderkinger Ingenieurbüro Loos & Partner konkretisierte: „Wir müssen die Straßen untersuchen, auf denen am Tag mehr als 8000 Fahrzeuge unterwegs sind.“
Geschwindigkeitsreduktion nicht immer effektiv gegen Lärm
Untersuchen, damit ist jedoch keine genaue Messung gemeint. „Der Lärmpegel wird nicht gemessen, nur prognostiziert“, so Pomes. Grund dafür sei, dass eine Messung angesichts der vielen verschiedenen Randbedingungen, die es zu beachten gelte, sehr aufwendig sei.
Ernüchternd äußerte sich Pomes darüber hinaus zur Bekämpfung von Lärmproblemen. „Viele Maßnahmen, von denen man denkt, dass sie viel bringen, tun das nicht.“ Die Reduktion der Geschwindigkeit von 50 auf 30 Kilometer pro Stunde würde die Lärmbelastung im betroffenen Gebiet lediglich um 1 bis 1,5 Dezibel verringern. Der Schlüssel liege in der Kombination verschiedener Maßnahmen, beispielsweise Geschwindigkeitsreduzierung und lärmarmem Asphalt.
Viele Maßnahmen, von denen man denkt, dass sie viel bringen, tun das nicht.
Ingenieur Werner Pomes über Lärmbekämpfung
Was das denn konkret für Nattheim bedeute und was Pomes der Gemeinde empfehle, zu tun, wollte Gemeinderatsmitglied Michael Henle (BWV/CDU) wissen. Zunächst, das riet Pomes, solle man den Ist-Zustand in Nattheim untersuchen, kritische Bereiche definieren und festhalten, was bereits gegen Lärm getan werde. Prinzipiell müsse die Gemeinde handeln, sobald in einem Bereich mehr als 55 Dezibel gemessen werden.
Insbesondere am Ortseingang prasseln laut Umgebungslärmkartierung teils bis zu 69 Dezibel auf umliegende Anwohnerinnen und Anwohner ein. „Dort liegt die Straße tiefer als die Wohnhäuser. Und Lärm steigt nach oben“, so Pomes. Als eine Option für diesen Bereich wurde eine Lärmschutzwand diskutiert – diese müsste etwa 4,5 Meter hoch sein. Anzumerken ist laut Werner Pomes, vor Ort zu prüfen, ob an lärmbelasteten Orten auch wirklich Menschen betroffen sind. Die Karte zeige nur Emissionsorte; teilweise seien diese Bereiche jedoch unbewohnt.
Lärmaktionsplan Nattheim: erst Ortseingang, dann Durchfahrtsstraßen
Gemeinderat Günther Paschaweh (SPD) plädierte dafür, zu einem späteren Zeitpunkt, sozusagen als „Kür“, die Durchfahrtsstraßen Nattheims unter die Lupe zu nehmen. „Von dort haben uns teilweise ebenfalls massive Beschwerden von Anwohnern erreicht“, berichtete Paschaweh.
Der nächste Schritt des Lärmaktionsplans der Gemeinde Nattheim beinhaltet laut Pomes, sich zu entscheiden, ob man zunächst auf den besonders von Lärm belasteten Bereich bis zum Kreisel schaut oder direkt auf den gesamten Ort. Auch der Teilort Steinweiler soll zu gegebener Zeit untersucht werden. Der Tenor im Gemeinderat wurde deutlich: Zunächst wolle man an den Rändern der Kommune beginnen.