Von Hasendiebstahl bis Körperverletzung

Wie wichtig ist der Polizeiposten in Nattheim?

Von Vermisstenfällen und Nachbarschaftsstreit: Welche Bedeutung haben dezentrale Polizeiposten auf dem Land? Ein Besuch in Nattheim.

Direkt an der Straße gelegen, Holzverkleidung, blaue Fensterläden. Man kennt ihn und spätestens das offizielle Schild an der Hausmauer verrät es: Hier an der Neresheimer Straße ist in Nattheim der Polizeiposten untergebracht. Ein hübsches ehemaliges Forsthaus. Ein schmuckes Domizil für die Polizei.

Hier geben sich natürlich nicht zig Beamte die Klinke in die Hand, hier fährt nicht im Minutentakt ein Polizeiauto mit Blaulicht zum Einsatz. In Nattheim geht es eher ruhiger zu. Hier kennt man sich, hier unterhält man sich. Hier hat man noch immer Respekt voreinander.

Die Straftaten sind so vielfältig wie die Gesellschaft

In Zeiten der Zentralisierung und Bündelung von Kompetenzen bleibt die Frage, wie wichtig diese kleineren, dezentralen Posten im ländlichen Raum sind. Neben den beiden Polizeirevieren in Heidenheim und Giengen gibt es fünf kleinere Polizeiposten in Nattheim, Steinheim, Gerstetten, Herbrechtingen und Sontheim. Alle wiederum gehören zum Polizeipräsidium Ulm.

Was die reinen Zahlen betrifft, so hatten die Beamten in Nattheim im vergangenen Jahr 391 Straftaten zu bearbeiten. Und diese sind so vielfältig wie die Gesellschaft selbst. Michael Bonauer leitet den Polizeiposten in Nattheim und sagt: „Wir haben hier mit kleinerer bis mittlerer Kriminalität zu tun. Vom Hasendiebstahl bis zur Körperverletzung – wir sehen das ganze Repertoire.“ Zu seinem Team gehören noch ein Kollege und eine Kollegin. Das Trio macht in erster Linie Ermittlungsdienst und Innensachbearbeitung und „der Lage angepasste“ Dienste. Im Falle eines Falles ist es neben dem Streifendienst oft erste Instanz.

Brauchen wir die dezentralen Polizeiposten?

Die Nattheimer Polizisten haben rein rechnerisch rund 14.200 Einwohner zu betreuen. Das Zuständigkeitsgebiet erstreckt sich von der Autobahnbrücke Heidenheim über Nattheim, Dischingen bis zur Landesgrenze nach Bayern und nach Neresheim, wo die Kollegen aus dem Ostalbkreis übernehmen. Praktisch läuft hier ganz viel Hand in Hand mit den jeweiligen zuständigen Organisationseinheiten, wie es im Polizeijargon heißt.

Michael Bonauer und Matthias Müller, Leiter des Polizeireviers Heidenheim, zu dem der Nattheimer Posten gehört, betonen die Bedeutung: „Die Arbeit hier ist enorm wichtig“, sagt etwa Matthias Müller. Auch die Pressestelle des Ulmer Polizeipräsidiums reiht sich ein: „Polizeiposten sind ein wichtiger Bestandteil der polizeilichen Organisation. Durch diese kann auch im ländlichen Bereich eine bürgernahe Polizeiarbeit erfolgen.“ Laut Polizeipräsidium gibt es derzeit keine Bestrebungen, Polizeiposten im Landkreis Heidenheim zu schließen.

Austausch mit Bürgern und Fußstreife

Die Vorteile kleinerer dezentraler Posten liegen auf der Hand und sind teils ganz praktischer Art. Man nehme etwa die kürzeren Anfahrtswege. Und natürlich geht es um die Nähe zur Bevölkerung, um ein Sicherheitsgefühl für die Bürger und die Ansprechbarkeit und Sichtbarkeit vor Ort, was wiederum präventiven Charakter hat. „Hier kennt man sich“, sagt Michael Bonauer, der mit Kollegen häufig auf Fußstreife geht. „Wir sind täglich im Austausch mit den Bürgern.“ Das ist ein Gewinn. Für die Bürger, aber auch für die Polizei: „Wir erfahren auch Dinge, die wir nicht gefragt haben“, so Bonauer.

Es ist Fingerspitzengefühl gefragt

Michael Bonauer weiß: „Auch hier gibt es Fälle von häuslicher Gewalt, sexuellen Missbrauch. Viele Straftaten finden auch hier hinter verschlossener Tür statt.“ Vermisste Personen beschäftigen die Polizei in Nattheim hin und wieder, was sich aber meist glücklicherweise schnell fügt. Auch Schlägereien bei Veranstaltungen, Tumulte bei Fußballspielen oder beim Fasching sind Themen. In der Statistik steche kein Bereich besonders hervor. Und überall bedarf es einer gehörigen Portion Fingerspitzengefühl.

Die Polizei muss auf der anderen Seite ebenso mit Bagatellen umgehen. Es geht um Nachbarschaftsstreitereien, um nicht ordnungsgemäß von der Straße zurückgestellte Mülleimer. Bonauer ist es wichtig, den Menschen zuzuhören, sie ernst zu nehmen. „Das habe ich mir auf die Fahne geschrieben.“

Das schafft Vertrauen und gegenseitige Akzeptanz. Denn Bonauer weiß auch, dass der Grat in der Polizeiarbeit schmal sein kann. Dass man mal freundlich berät, mal zurechtweist und sich nicht selten in Graubereichen zurechtfinden muss. Unterm Strich ist Bonauer froh: „Der Respekt vor der Polizei ist hier noch da.“

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