Selbst gemacht

Wie zu Omas Zeiten: Brotbacken im Dorfbackofen der Nattheimer Landfrauen

Feiner Duft, knackige Kruste: Die Nattheimer Landfrauen betreiben einen Dorfbackofen und laden regelmäßig zu öffentlichen Backtagen ein. Ein Besuch.

Draußen grüßt der Frühling. Knappe 20 Grad machen eine Jacke heute ziemlich überflüssig. Es ist Samstag, es ist halb eins. Und so nach und nach trudeln die fleißigen Brotbäckerinnen in der Alten Schlosserei in Nattheim ein. Hier steht der gemeinschaftlich genutzte und von den Nattheimer Landfrauen betriebene Dorfbackofen. Ein Schätzchen für Selbermacherinnen, für Genießer und Brotfreunde.

Heute ist öffentlicher Backtag. Nach Anmeldung können Interessierte Teiglinge vorbeibringen und im Holzbackofen kross backen lassen. Eine gute Dreiviertelstunde braucht das. Je nach Brotart und Größe. Knackige Kruste und unverwechselbarer Geschmack: Der Ofen hat seine Qualitäten. Das wird geschätzt.

Anfeuern, abkehren und los geht’s: Um 13 Uhr ist der Ofen bereit

Mariska Wekemann ist heute schon länger im Einsatz. Ihre Arbeit beginnt gegen 9 Uhr. Sie ist eine der beiden Vorsitzenden der Nattheimer Landfrauen und Ansprechpartnerin in Sachen Dorfbackofen. Heute hat sie Dienst. Sie feuert den Ofen an, heizt ein, räumt später die Glut heraus und kehrt die Asche ab. So, dass pünktlich um 13 Uhr die ersten Brote in den Ofen wandern können.

In der Alten Schlosserei kommen heute wieder die unterschiedlichsten Sorten an. Sauerteigbrot, Genetztes, Mischbrot, Kartoffelbrot – ein buntes Sammelsurium an Leckereien. Die eine Bäckerin hadert etwas mit ihrem Teig, die andere ist stolz auf die wunderbare Beschaffenheit – alle sind gespannt, wie ihre Brote heute aus dem Ofen kommen werden.

Bei 280 Grad wird feines Brot gebacken

„Fangen wir an“, sagt Mariska Wekemann. Sabine Rößler (stellvertretende Vorsitzende der Landfrauen) kippt die Teiglinge (übrigens alle wegen potenzieller Verwechslungsgefahr mit Namensschildchen versehen) auf den Brotschieber. Der Ofen hat gut 280 Grad, als die ersten Brote eingeschossen werden, wie man das unter Brotbäckern fachmännisch sagt. Hinten werden die dunkleren und größeren Brote platziert, vorne die helleren und kleineren. Man muss mit den Gegebenheiten arbeiten, die Temperaturen klug nutzen.

Die Macherinnen hinter dem Dorfbackofen: Mariska Wekemann (zusammen mit Miriam Ritzel Vorsitzende der Nattheimer Landfrauen) und Stellvertreterin Petra Rößler. Markus Brandhuber

20 Brote passen in den Ofen, wenn man ihn ganz ausnutzen will. Bei den Backtagen hat sich laut Mariska Wekemann ein „treuer Kern“ herauskristallisiert. Zwischen sechs und zehn Frauen kommen regelmäßig. Landfrauen und sonstige Brotbäckerinnen, die sich ihr Können meistens selbst beigebracht haben, die vom Austausch mit der Gruppe profitieren oder auch bereits den einen oder anderen Kurs belegt haben.

Das ist Handarbeit und das schmeckt man.

Lena-Marie Riek, Brotbäckerin

Da ist zum Beispiel Lena-Marie Riek. Die 30-Jährige kommt regelmäßig und gerne zum Backtag. „Ich habe einfach Spaß am Backen und schätze die Gemeinschaft“, sagt sie. Sie freut sich, dass sie bei den Landfrauen viel lernen kann. Denn: „Ich habe keine Großeltern, die mir das beibringen könnten“. Ihr ist es wichtig, Traditionen aufrechtzuerhalten. „Das ist Handarbeit und das schmeckt man“, betont sie. Hier bei den Landfrauen profitiert sie vom Austausch, erfährt Tricks und Kniffe. „Unbezahlbar“, sagt sie.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Markus Brandhuber

Tipps und Kniffe von Landfrau zu Landfrau

Ein anderes Beispiel ist Gerlinde Saller. Sie hat zu Corona-Zeiten mit dem Brotbacken begonnen – und Freude daran gefunden. Sie probiert aus, studiert Rezepte und hat ihre ganz eigenen Erfahrungen gemacht. Heute hat sie ein Kartoffelbrot dabei. Das schmecke wunderbar.

Temperatur, Teigbearbeitung, Teigführung: Wer Brotbacken will, muss einiges beachten. Und doch wird immer wieder betont, wie einfach es ist. Ja, es formiert sich zunehmend eine echte Brotback-Bewegung. Der eigene Sauerteig im Kühlschrank kommt nahezu einem Ritterschlag gleich. Man könnte annehmen, Selbstgemachtes erfährt wieder mehr Wert. Bei den Landfrauen ist man sich sicher: „Das schmeckt man einfach.“

Die Backzeit vertreiben sich die Landfrauen mit Nützlichem: Mariska Wekemann führt vor, wie man Gebäcke mit Lauge versieht. „Das ist kein Hexenwerk“, sagt sie. Die Frauen tauschen sich aus, trinken Kaffee, plaudern über Rezepte und Teigtemperaturen, während im Ofen das Brot durch das sogenannte Schwaden nochmals extra Zuwendung erfährt. Schnell wird klar: Der Dorfbackofen ist auch ein Ort der Begegnung, hier kommt man zusammen. Wie früher.

Seit 2021 gibt es in Nattheim den Dorfbackofen

Es waren die Landfrauen, die in Sachen Dorfbackofen die Initiative ergriffen und am Ideenwettbewerb „Gemeinsam Schaffen“ des Ministeriums für ländlichen Raum teilgenommen hatten. Die Freude war groß, als Nattheim tatsächlich zum Zug gekommen war. Im Juli 2021 war dann der erste öffentliche Backtag. Von März bis Oktober finden einmal pro Monat Backtage für die Öffentlichkeit statt. Diese haben sich etabliert.

Teamwork: Vorsichtig werden die Teiglinge auf den Ofenschieber gekippt. Markus Brandhuber

Doch nicht nur für die öffentlichen Backtage werden der Dorfbackofen und die Räumlichkeiten in der Alten Schlosserei genutzt. Die Landfrauen bieten übers Jahr verschiedene Kurse an, Schulen und Kindergärten sind zu Gast, sie machen mit beim Ferienprogramm und auch bei Events öffnen die Landfrauen ihre Türen und backen für ein breites Publikum. Ein Höhepunkt im diesjährigen Veranstaltungskalender: Ein französischer Abend mit Weinprobe. Baguettes, Quiche, Brioche sind im Gespräch. Einfallsreich sind sie, die Landfrauen. Und sie tragen Wissen weiter.

So langsam durchzieht ein exquisiter Geruch die Alte Schlosserei. Es ist der feine Duft von frischem Brot. „Mhhh...“, sagt eine junge Bäckerin, „dazu brauche ich nur Butter, mehr nicht.“ Petra Rößler holt die Brote aus dem Ofen, Mariska Wekemann macht die Klopfprobe und vertraut auf ihr erfahrenes Gehör. „Fertig“, sagt sie. Nach kurzer Abkühlzeit wandern die Laibe in Körbe und Taschen. Zufriedene Bäckerinnen verlassen den Raum und tragen ihr Brot fast wie ein Schätzchen nach Hause.

Die nächsten Backtermine im Überblick

Der nächste öffentliche Backtag findet am 10. Mai statt. Weitere Termine sind am 7. Juni, 12. Juli, 13. September und am 11. Oktober. Jeweils um 13 Uhr beginnen die Landfrauen mit dem Einschießen der Brote, die Teiglinge sollten jedoch 15 Minuten vorher da sein. Anmeldungen sind erbeten unter 0172.9273479 oder per E-Mail an dorfbackofen.nattheim@gmail.com 

Jetzt einfach weiterlesen
Jetzt einfach weiterlesen mit HZ
- Alle HZ+ Artikel lesen und hören
- Exklusive Bilder und Videos aus der Region
- Volle Flexibilität: monatlich kündbar