Knapp 100 Besucherinnen und Besucher waren am Mittwochabend der Einladung des Heidenheimer SPD-Kreisverbands in den Niederstotzinger Gasthof Krone gefolgt, darunter auch der Heidenheimer Oberbürgermeister Michael Salomo. Der Bundestagsabgeordnete Kevin Leiser aus dem Wahlkreis Schwäbisch Hall-Hohenlohe nutzte vor seiner Rede spontan die sich bietende Gelegenheit, mit im Gasthof anwesenden Landwirten – die hatten sich zu ihrem gleichzeitig stattfindenden Stammtisch zusammengefunden – ins Gespräch zu kommen. Und das Ganze auch in friedlicher Atmosphäre. In Biberach war nur wenige Stunden zuvor der Politische Aschermittwoch der Grünen aus Sicherheitsgründen im Zusammenhang mit Bauernprotesten abgesagt worden.
Seine Rede begann Leiser – wie es sich für einen Politischen Aschermittwoch gehört – mit einer Attacke auf den politischen Gegner, die CDU/CSU, verpackt in einer rhetorischen Frage. Was denn die Themen Verteidigung, Wirtschaft, Inneres, Wohnungsbau, Landwirtschaft, Energie und Bildung einen würde, fragte er rückblickend in die Runde und gab sich und dem Publikum die Antwort gleich selbst: „Das sind zum einen die größten Herausforderungen, die wir im Land haben. Und es waren alles Minister von CDU und CSU.“
Süffisanter Dank an Helmut Kohl
Von denen hätte man viel Arbeit hinterlassen bekommen, sagte Leiser und verwies beispielhaft auf das Versagen und die politische Einflussnahme der damaligen Regierung Kohl bei der Errichtung eines – damals ursprünglich von der SPD geplanten – Glasfasernetzes. Helmut Kohl selbst hätte damals die Entscheidung gefällt, nicht auf Glasfaser zu setzen, sondern auf ein Kabel-TV-Netz. „Danke, Helmut Kohl, danke CDU“, resümierte Leiser süffisant, Jahrzehnte später verlege man nun doch Glasfaserkabel.
Kevin Leiser ging auch auf die Haushaltsberatungen im Bundestag ein, diese seien durchaus „knackig“ gewesen und durch das Urteil aus Karlsruhe noch einmal komplizierter geworden. Man habe es sich dabei in der Regierungskoalition nicht leicht gemacht. Für die Opposition treffe das allerdings nicht zu. Die Haushaltspolitiker von CDU/CSU hätten zum Sparen aufgerufen, allerdings nie hinzugefügt, wo man das denn tun solle. Von den Fachpolitikern der Union hingegen habe er ständig gehört, „ihr müsst mehr ausgeben!“.
„Wir als Sozialdemokraten hatten nie einen Zweifel daran, was die AfD wirklich vorhat.“
Kevin Leiser, SPD-Bundestagsabgeordneter
Natürlich thematisierte Leiser auch die Correctiv-Recherchen über die Deportationspläne der AfD. „Wir als Sozialdemokraten hatten nie einen Zweifel daran, was die AfD wirklich vorhat“, sagte er. Die Integrationsleistungen vieler Menschen werden gerade zunehmend angezweifelt, „und das bei unserer Geschichte“. Für ihn sei es unvorstellbar gewesen, „dass so etwas noch einmal passiert“. Bezugnehmend auf Hitlers Machtergreifung sagte Leiser, dass die SPD damals „auf der richtigen Seite der Geschichte“ gestanden habe. „Und wer ist damals eingebrochen? Die Konservativen!“ Er sei sich „bei denen noch nicht 100-prozentig“ sicher, ob sie auch heutzutage der „machtpolitischen Verlockung“ widerstehen könnten.
Kevin Leiser glaubt auch nicht an den Mythos der „Entzauberung“, wenn man Rechtsextreme Regierungsverantwortung übernehmen ließe. „Wer das glaubt, der hat das Geschäftsmodell der AfD nicht verstanden.“ Die AfD habe „null Interesse“, etwas Positives für die Menschen in diesem Land zu bewegen, so der SPD-Politiker. „Die leben von Hass, die leben von Angst. Das ist deren Geschäftsmodell.“
Was das eigene Regierungshandeln anbelangt, wollte Kevin Leiser einige Irrtümer, die in den Medien kursierten, richtigstellen. So sei beim Gebäudeenergiegesetz offenbar der Eindruck erzeugt worden, „der Robert Habeck würde in die Keller gehen und dort die Heizungen herausreißen“. Bei der Energiewende sei es aber so, dass man sich als Gesellschaft gegenseitig helfe, so Leiser auf die dafür bereitgestellten Fördermittel verweisend.
„Wenn man beim Bürgergeld etwas wegnimmt: Geht’s dann den Niedriglohnempfängern besser? Nein!“
Kevin Leiser
Zu den Angriffen auf das Bürgergeld und dem angeblich nicht vorhandenen „Lohnabstand“ zu Niedriglohnempfängern sagte Leiser, dass es diesen Abstand sehr wohl gebe. Wer arbeite, habe mehr als der, der auf Bürgergeld angewiesen sei. Eine Absenkung des Bürgergelds komme für die SPD deshalb auch nicht infrage, niemand werde alleingelassen, so Leiser, und verwies zusätzlich auf das vom Bundesverfassungsgericht garantierte Existenzminimum. „Wenn man beim Bürgergeld etwas wegnimmt: Geht’s dann den Niedriglohnempfängern besser? Nein!“ Was man stattdessen brauche, seien „massiv steigende Löhne“.
Die Ukraine verteidigt auch unsere Sicherheit
Kevin Leiser sicherte der Ukraine im Kampf gegen Russland auch eine umfassende Unterstützung zu, und zwar „solange wie die Ukraine unsere Unterstützung benötigt“. Denn die Ukraine verteidige „ihre Freiheit und unsere Sicherheit“. Deutschland sei mittlerweile nach den USA der zweitgrößte Unterstützer der Ukraine. Summiere man alle Ausgaben, sowohl die über die EU als auch militärische und finanzielle Hilfen, dann habe Deutschland diesbezüglich bisher 38 Milliarden Euro aufgewendet. Aus Frankreich seien bisher 16 Milliarden Euro geflossen. „Unsere europäischen Partner müssen massiv mehr tun“, ergänzte er.
Es gebe unheimlich viele Herausforderungen und Zumutungen momentan, so der Bundestagsabgeordnete, aber auch vieles, was optimistisch stimme. Sein persönliches Empfinden sei: „Die Lage ist eigentlich viel besser als die Stimmung.“ Wenn man sich in der Welt umschaue, gebe es so viele Länder, „die hätten gern unsere Probleme“. Man dürfe nichts beschönigen, aber in der Relation gesehen „können wir froh sein, dass wir in diesem tollen Land leben“.
Ein Lehrer im Bundestag
Kevin Leiser ist 30 Jahre alt und Lehrer für Mathematik, Gemeinschaftskunde und Wirtschaft. Bei der Bundestagswahl 2021 unterlag er zwar im Wahlkreis Schwäbisch Hall-Hohenlohe einem CDU-Kandidaten, zog aber trotzdem über die SPD-Landesliste in den Deutschen Bundestag ein. Dort ist Leiser ordentliches Mitglied im Verteidigungsausschuss sowie stellvertretendes Mitglied im Petitionsausschuss und im Ausschuss für Digitales.