Unesco-Welterbe

Eiszeit-AG: Der Landkreis Heidenheim tritt aus

Nach der Schließung der Archäoparks Vogelherd bei Niederstotzingen verlässt der Landkreis Heidenheim die Arbeitsgemeinschaft Weltkultursprung.

Eiszeit-AG: Der Landkreis Heidenheim tritt aus

Ein weiterer Rückschlag für die Eiszeitkunst in der Region: Der Landkreis Heidenheim zieht sich aus der Arbeitsgemeinschaft Weltkultursprung zurück. Durch die Schließung des Archäoparks in Niederstotzingen sei ein wesentlicher Baustein weggefallen, argumentiert das Landratsamt. Seit 2014 arbeiten die Landkreise Heidenheim und Alb-Donau und die Stadt Ulm in Sachen Eiszeitkunst zusammen, seit fünf Jahren gibt es die mit zwei Personen besetzte Geschäftsstelle beim Landratsamt in Ulm. „Wir haben jetzt den Status wie vor zehn Jahren“, sagt der enttäuschte Ulmer SPD-Landtagsabgeordnete Martin Rivoir. Er setzte sich in Stuttgart vergeblich für eine bessere Förderung ein, zuletzt zur Rettung des Archäoparks Vogelherd.

Ich kann nicht verstehen, dass das Land diese Einmaligkeit nicht nutzt.

Hermann Mader, Vorsitzender des Fördervereins Eiszeitkunst

„Es ist ein Abgrund“, sagt Rivoir. „Nicht würdig“ sei der Umgang des Landes Baden-Württemberg mit seinem Unesco-Welterbe „Höhlen und Eiszeitkunst der Schwäbischen Alb“. Ähnlich reagiert Hermann Mader, Vorsitzender des Fördervereins Eiszeitkunst im Lonetal. „Ich kann nicht verstehen, dass das Land diese Einmaligkeit, dieses Potenzial, nicht nutzt.“ Der frühere Heidenheimer Landrat möchte die aktuelle Entscheidung nicht kommentieren. Klar sei, dass ohne Archäopark das zentrale Element fehlt. Für den Beschluss des Niederstotzinger Gemeinderats hatte Mader Verständnis gezeigt. Wie berichtet, hatte sich die Kommune nicht mehr in der Lage gesehen, jährlich rund 300.000 Euro für das Erlebnisgelände und die Ausstellung an der Vogelherdhöhle aufzubringen.

Hermann Mader ist Vorsitzender des Fördervereins Eiszeitkunst im Lonetal. Wie es mit dem Verein weitergeht, ist derzeit offen. Archiv/Marita Kasischke

Schließung des Archäoparks, Rückzug des Kreises Heidenheim, keine deutliche Unterstützung des Landes: „Ich sehe nicht ein, für was ich noch kämpfen soll“, sagt Hermann Mader. Seit 17 Jahren leitet er den Förderverein. Auch dessen Zukunft ist jetzt offen. Im Oktober werde es in einer Klausurtagung um die Fortführung gehen. Er selber werde mit Ablauf der Amtszeit im Jahr 2025 den Vorsitz abgeben. „Dann habe ich das fast 19 Jahre lang mit großer Leidenschaft gemacht.“ Viele Menschen, die bisher stolz auf die älteste Kunst waren, seien von der ganzen Entwicklung enttäuscht.

Ist der Welterbe-Titel für die Eiszeithöhlen in Gefahr?

Mader sieht den Welterbe-Titel in Gefahr, wenn eine von sechs Höhlen nicht für Besucher zu erreichen ist. Während manche wenigstens durch ein Gitter betrachtet werden könnten, sei die Vogelherdhöhle weiträumig eingezäunt.

Heiner Scheffold, Landrat des Alb-Donau-Kreises, bedauert das zum Jahresende wirksame Ausscheiden des Kreises Heidenheim. Die kommunalpolitische Entscheidung sei zu akzeptieren. Bei der Sitzung des Kreistags bekannte sich Scheffold klar zum Unesco-Welterbe. Auch Iris Mann, Ulmer Bürgermeisterin und Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft, betont in einer Mitteilung: „Wir werden die Arbeitsgemeinschaft Weltkultursprung auch nach dem 1. Januar 2024 weiterführen.“ Laut Daniela Baumann, Pressesprecherin des Alb-Donau-Kreises, wird an der Besetzung der Geschäftsstelle mit zwei Personen nicht gerüttelt. Im Landkreis Heidenheim werde die Geschäftsstelle noch dann aktiv, wenn sich Projekte über die Kreisgrenze hinweg erstrecken.

Der Landkreis Heidenheim arbeite weiterhin mit der Stadt Ulm und dem Alb-Donau-Kreis zusammen, schreibt die Pressestelle des Landratsamts Heidenheim, „nur eben nicht mehr im Rahmen der von der AG Weltkultursprung festgelegten Organisations- und Finanzstruktur“. Wie hoch die Beiträge sind, wird nicht genannt.

Arbeitsgemeinschaft hat im Ach- und Lonetal viel geleistet

In der Vergangenheit hat die Geschäftsstelle einiges auf den Weg gebracht: Hinweisschilder an den Autobahnen, einheitliche Beschilderungen im Achtal und im Lonetal, Wege zu den Fundorten mit Infotafeln, genannt „Eiszeitspuren“, Konzeptionen für Rad- und Wanderwege und Veranstaltungen zum Welterbetag. Es gibt auch eine Wanderausstellung, und die wollen Hermann Mader und der Förderverein im kommenden Jahr in Heidenheim zeigen. Mader hat noch nicht ganz aufgegeben. Er ist mit der Unesco-Kommission in Bonn im Kontakt und will sich mit vielen Beteiligten an einen Tisch setzen, um zu erörtern, was noch gemacht werden kann.

Für Martin Rivoir ist klar: Der Ball liegt jetzt bei der CDU-Landtagsfraktion mit ihrem Vorsitzenden Manuel Hagel aus Ehingen und Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Kretschmann müsse endlich ein Herz für die ältesten Kunstwerke der Menschheit zeigen und so etwas auf den Weg bringen wie die großzügige Konzeption „Keltenland Baden-Württemberg“.

Sechs Welterbe-Höhlen im Lonetal und Achtal

Unter dem Titel „Höhlen und Eiszeitkunst der Schwäbischen Alb“ wurden 2017 die eiszeitlichen Fundlandschaften im Lonetal und im Achtal und die entdeckten Kunstwerke in die Liste des Weltkulturerbes eingetragen. Die bedeutenden Fundorte sind im Lonetal der Hohlenstein-Stadel (Asselfingen), die Bocksteinhöhle (Rammingen) und die Vogelherdhöhle (Niederstotzingen-Stetten), im Achtal der Hohle Fels (Schelklingen), das Geißenklösterle (Blaubeuren-Weiler) und die Sirgensteinhöhle (Blaubeuren). Die Arbeitsgemeinschaft Weltkultursprung wurde 2018 gegründet, zuvor schon gab es eine Zusammenarbeit der Akteure.