Jessica Fraser ist sauer. Bei ihrer täglichen Gassirunde in Niederstotzingen hat ihre Hündin Lotte am Dienstag etwas aus dem hohen Gras mitgebracht, das verdächtig aussah. „Zum Glück konnte ich es ihr sofort wegnehmen“, beschreibt sie. Und was sie dann in den Händen hatte, macht jeden Hundefreund sprachlos. Es war eine halbe Weißwurst, ganz offensichtlich präpariert und mit einer rötlichen, körnigen Substanz gefüllt. Fundort war ein Feldweg nahe der Theodor-Storm-Straße – nicht weit entfernt vom Standort des neuen Rewe-Markts.
Jessica Fraser reagierte schnell. Sie warnte Nachbarn und Freunde über Whatsapp und auf Facebook, rief die Polizei, informierte das Ordnungsamt und die Kleintierpraxis am Schloss in Niederstotzingen. „Möglichst viele sollen wissen, dass sie die Augen offenhalten müssen“, sagt Fraser. „Um weitere Giftköder zu finden – oder vielleicht auch den Täter.“
Einen Gang zum Tierarzt hielt Fraser für nicht notwendig, weil sie Lotte die präparierte Wurst schnell genug wegnehmen konnte. Vor drei Monaten war das anders. Da hatte die junge Frau an derselben Stelle eine präparierte Wurst, in der blaue und rote Partikel zu sehen waren, gefunden. Sie vermutete schwer, dass Lotte etwas davon gefressen hatte und ging sofort zum Tierarzt. „Sie bekam eine Spritze, die sich erbrechen lässt und ich war noch nie so froh, dass mein Hund ins Auto gekotzt hat“, sagt Jessica Fraser.
Auch ein Hund aus der Nachbarschaft schnappte einen Giftköder auf und musste ebenfalls behandelt werden. Zum Glück rechtzeitig. Denn im schlimmsten Fall kann es sonst für den Hund tödlich enden. Erst im Februar war eine Hündin in Königsbronn mutmaßlich mit Rattengift vergiftet worden und daran gestorben.
Staatsanwaltschaft Ellwangen: Verfahren wurde eingestellt
Jessica Fraser erstattete schon beim ersten Vorfall Anzeige bei der Polizei. Die Ermittlungen gegen Unbekannt blieben jedoch ergebnislos. „Das Stück Fleisch war mit Rattengift präpariert“, sagt Pressestaatsanwalt Maximilian Adis. „Aber da es keine Täterhinweise und Ermittlungsansätze gab, wurde das Verfahren mittlerweile eingestellt.“ Vom Vorfall am Dienstag hat die Staatsanwaltschaft bislang noch keine Kenntnis.
Die Polizei rät Hundehaltern in Niederstotzingen zu Vorsicht, ebenso Dr. Carmen Heisele von der Kleintierpraxis am Schloss. „Man muss jetzt unbedingt verstärkt aufpassen und im Zweifel den Tierarzt zurate ziehen“, sagt sie. Allerdings sei es für Tierärzte gar nicht so einfach, eine Vergiftung zu erkennen, weil die Symptome so vielfältig und unterschiedlich sind. Möglich sei Erbrechen, Fieber, Durchfall, verfärbte Schleimhäute, aber auch nur Abgeschlagenheit. Hat ein Hund Rattengift gefressen, können die Symptome auch erst Tage danach auftreten in Form von Blutungen ohne erkennbaren Grund, die allerdings auch innerlich auftreten können.
"Verdacht ist häufiger als Vergiftung"
Wenn eine Vergiftung vorliegt, ist in den meisten Fällen nicht klar, um was für eine giftige Substanz es sich handelt. „Nur durch das in Augenschein nehmen, ist es nicht möglich, das zu bestimmen. Und die Substanz im Labor zu bestimmen, dauert, ist aufwändig und sehr teuer“, so Heisele. Da es in den meisten Fällen aber ohnehin kein einfaches Gegenmittel gebe, würden vom Tierarzt bei Vergiftungsverdacht die Symptome behandelt. „Ein Verdacht bei Brechdurchfällen ist aber viel häufiger, als eine tatsächliche Vergiftung“, sagt Heisele. „In meiner 26-jährigen Praxis habe ich vielleicht fünf Mal Material gesehen, das ziemlich sicher ein Giftköder war.“
Wenn ein Hund allerdings etwas aufgeschnappt hat, das verdächtig aussieht, ist Eile angesagt. „Wir können ihm ein Medikament geben, das den Hund erbrechen lässt“, erklärt Heisele. „Aber das sollte möglichst innerhalb von einer Stunde nach der Aufnahme der Substanz sein, weil man nie weiß, wie schnell sich das potenzielle Gift auflöst oder von den Scheimhäuten des Hundes aufgenommen wird.“
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