Mit 99,3 Prozent bei einer Wahlbeteiligung von 42,26 Prozent wurde Bürgermeister Marcus Bremer in Niederstotzingen für eine zweite Amtszeit wiedergewählt. Über die Herausforderungen der Zukunft, aber auch der Vergangenheit sprach mit ihm Marita Kasischke.
Herr Bremer, wie fühlen Sie sich nach einem solchen Wahlausgang?
Das ist überragend. So viel Rückhalt zu spüren, ist etwas ganz Besonderes – so nehme ich das wahr. Ich stehe auch noch ganz unter dem Eindruck, was sich da am Wahlsonntag ereignet hat. Dass die Stadtkapelle sich auf dem Marktplatz eingefunden hat, dass so viele Kollegen aus dem Landkreis Heidenheim, aber auch dem Alb-Donau-Kreis persönlich da waren und so viele Bürgerinnen und Bürger ebenfalls da waren – das war einfach toll.
Haben Sie lange überlegen müssen, ob Sie für eine zweite Amtszeit kandidieren?
Überhaupt nicht. Das war von Anfang an klar, dass ich wieder antreten werde. Ich habe ja gleich zu Beginn meiner Amtszeit gesagt, dass ich das als langfristiges Engagement sehe und dieses Versprechen will ich auch halten. Ich fühle mich in Niederstotzingen sehr, sehr wohl. Da brauchte es keine Überlegung. Das war völlig klar, dass ich weitermache.
Mit Beton und Geld kann man viel bauen, aber für ein Gemeinschaftsgefühl braucht es mehr. Und das ist hier in Niederstotzingen vorhanden.
Bürgermeister Marcus Bremer
Die Stimmung in Niederstotzingen sei eine ganz besondere, sagten Sie am Wahltag. Wie lässt sich diese Stimmung beschreiben?
Vor allem in einem sagenhaften Miteinander. Bestes Beispiel dafür sind die Feierlichkeiten „Hundert hoch zwei“, die wir ja gerade erlebt haben: Zwei Vereine aus zwei Stadtteilen tun sich zusammen, um etwas Besonderes auf die Beine zu stellen. Und das Miteinander hat noch mehr Ergebnisse: der Marktplatztreff, das Neun-Meter-Turnier, das Gaudi-Turnier im Tennis, das Public Viewing auf dem Marktplatz – all das sind Beispiele, die die Menschen zusammenführen. Und das gelingt in ganz besonderem Maße, weil die Menschen das auch annehmen und mitmachen. Mit Beton und Geld kann man viel bauen, aber für ein Gemeinschaftsgefühl braucht es mehr. Und das ist hier in Niederstotzingen vorhanden. Die 650-Jahr-Feier im Jahr 2016 hat dazu schon sehr viel beigetragen, aber man muss immer dranbleiben, und dazu braucht es alle: Verwaltung, Gemeinderat, Mitarbeiter, Vereine, Bürgerschaft. Ein Bürgermeisteramt ist nie eine One-Man-Show.
Ihr Rückblick auf die erste Amtszeit – wie fällt der aus?
Atemberaubend (lacht). Es gab sehr viele Themen zu bearbeiten, und das bei einer hohen Taktung. Und es war atemberaubend schön, weil ich vieles kennenlernen durfte und die verschiedensten Erfahrungen machen durfte.
Welche Entwicklung hat Niederstotzingen in dieser Zeit genommen?
Ich würde sagen, die Arbeit der vergangenen Jahre wurde gut und konsequent fortgeführt. Dabei gab es die verschiedensten kommunalen Handlungsfelder. Im Bereich Wohnen stand die Innenstadtentwicklung an, für die der baurechtliche Rahmen zu stecken war. Wir haben mit der Vorderen Reute in Oberstotzingen, dem Büschelesfeld II in Stetten und Höhe II in Niederstotzingen in allen Stadtteilen neue Bauplätze geschaffen. Um die Grund- und Nahversorgung sicherzustellen, haben wir das Vorkaufsrecht am brachliegenden Grundstück des alten Netto-Marktes ausgeübt und dafür gesorgt, dass sich der Rewe als Vollsortimenter dort ansiedeln kann. Mit der Sanierung der ehemaligen Hauptschule haben wir für Grundschulkinder eine gute Lernumgebung schaffen können und gleichzeitig eine gute Arbeitsumgebung für Lehrkörper. Die Kinderbetreuung wurde bedarfsgerecht ausgebaut, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sicherzustellen. Die weißen Flecken im Breitbandausbau wurden beseitigt, genauso die Mobilfunkabdeckung ausgebaut. Und im Hinblick auf die demografische Entwicklung haben wir ein Quartiersmanagement auf den Weg gebracht, um gute Lebensverhältnisse nicht nur für ältere Mitbürger zu schaffen.
Sie haben als Diplom-Verwaltungswirt (FH) auch in der privaten Wirtschaft gearbeitet. Was bringt das für Vor- oder Nachteile für den öffentlichen Dienst mit sich?
Ich denke, jegliche Erfahrung aus dem beruflichen und privaten Umfeld hilft in der Funktion des Bürgermeisters, weil man verschiedene Blickwinkel einnehmen und nachvollziehen kann. Da ist jede Erfahrung wertvoll.
Die Herausforderung Ganztagsbetreuung an der Grundschule ist dringend zu meistern, und zwar sowohl baulich als auch betrieblich.
Bürgermeister Marcus Bremer
Was steht denn jetzt in der Agenda von Niederstotzingen ganz oben?
Die Herausforderung Ganztagsbetreuung an der Grundschule ist dringend zu meistern, und zwar sowohl baulich als auch betrieblich. Wir haben einen Förderantrag im Umfang von 2,4 Millionen Euro gestellt und wissen, dass der Fördertopf vielfach überzeichnet ist. Da warten wir auf die Aussagen aus dem Kultusministerium, wie der Zuschuss ausfallen wird. Wir müssen die Baumaßnahmen europaweit ausschreiben und andererseits inhaltlich überlegen, in welcher Form der Betrieb sichergestellt werden kann. Im sozialen Bereich ist der Aufbau der Generationenhilfe zu betreiben, das Gewerbegebiet Oberstotzingen ist weiterzuentwickeln, den Bau des Pflegeheims mit betreutem Wohnen werden wir weiter eng begleiten. Der Breitbandausbau wird uns weiter beschäftigen und auch das Thema Brenzbahn wird von hohem Interesse sein.
Was wünschen Sie sich dazu an Rahmenbedingungen von Landes- und Bundespolitik?
Ich wünsche mir, dass, wenn von dort neue Aufgaben definiert werden, auch von vornherein klar gesagt wird, wie das finanziert werden kann. Und ich wünsche mir, dass nicht laufend neue Pflichtaufgaben hinzukommen. Die sind ja schon jetzt enorm. Ohne die Mitarbeiter der Stadtverwaltung und des Bauhofs, die hier Großartiges leisten, könnte das gar nicht gestemmt werden.
Wie wird es im Gelände des Archäoparks weitergehen?
Wir sind ja nach wie vor mit der Rückabwicklung beschäftigt und loten aus, welche Nachnutzungsmöglichkeiten bestehen. Dabei setzen wir aber nicht auf eine schnelle Lösung, sondern eine, die nachhaltig trägt und auch Akzeptanz findet. Ob der Vogelherd wieder öffentlich zugänglich sein wird, wird sich noch zeigen. Der Titel Welterbe ist jedenfalls durch die Schließung des Archäoparks nicht gefährdet, dazu haben wir klare Aussagen. Wir sind da auch im engen Austausch mit der Denkmalpflege und auch mit den Akteuren des Welterbegebiets.
Werden die Eiszeitfunde denn auch wieder an ihrem Fundort präsent sein?
Die Eiszeitfunde stehen ja im Eigentum des Landes, das entscheidet also nicht die Stadt Niederstotzingen, wo sie gezeigt werden. Aktuell ist auszuschließen, dass sie hier in der Stadt ausgestellt werden. Wo sie dauerhaft zu sehen sein werden, kann ich nicht sagen, darauf haben wir keinen Einfluss. Schön wäre es natürlich schon, wenn sie dort gezeigt werden, wo es einen regionalen Bezug gibt.
Wenn Sie sich etwas für Niederstotzingen wünschen dürften, was wäre das?
Wenn wir den künftigen Herausforderungen, die ja immer kommen werden, so wie den vergangenen begegnen können, dann sind wir ganz gut unterwegs. Und das wünsche ich mir, dass das so bleibt.