Schatzsuche auf dem Feld: Was man im Boden so alles finden kann
Wer kennt sie nicht, die Filme über Indiana Jones? In ihnen reist der mutige und scharfsinnige Archäologe in die Ferne, um die großen Schätze der Menschheit zu bergen, bevor ihm Bösewichte zuvorkommen können. In diesen Geschichten geht es um große, fiktive Abenteuer. Kleinere, dafür echte, kann man selbst zu Hause erleben.
Dazu braucht man eigentlich nur etwas Grundbesitz und Werkzeug, um den Boden dort aufzureißen. Ein aufmerksamer Blick kann auch nicht schaden. Diese Ausrüstung reicht aus, um Funde aus vergangenen Zeiten zu machen. Zugegebenermaßen steigt die Chance, etwas zu finden, mit der Größe des durchsuchten Gebiets. Deshalb soll hier ein Kartoffelacker als Beispiel dienen. Natürlich wird an diesem Ort normalerweise nur nach einer Sache gegraben, nämlich nach Kartoffeln.
Handarbeit bei der Kartoffelernte
Diese bauen meine Eltern seit einigen Jahren an, allerdings nie in großen Mengen. Es lohnt sich also auch nicht, einen großen Vollernter zu benutzen. Stattdessen wirft ein altertümlicher Kartoffelroder die Kartoffeln aus der Erde, dann müssen sie von Hand eingesammelt werden. Im Spätsommer ist das wirklich harte Arbeit: Die Sonne brennt herunter, die Hände schwitzen in den Handschuhen und von der gebeugten Arbeitshaltung schmerzt der Rücken.
Ablenkung von diesen Umständen verschafft mir ein Blick auf die Dinge, die der Roder ans Tageslicht gebracht hat. Denn das sind nicht nur Kartoffeln. Vor mir schaut ein Stück Metall aus der Erde hervor. Bei genauer Betrachtung erscheint es lang und dünn, mit unregelmäßiger Oberfläche. Es scheint ein Nagel zu sein, allerdings liegt er wohl schon eine Weile in der Erde, denn er ist schmiedeeisern. Noch dazu zehn Zentimeter lang … Was damit wohl einst zusammengehalten wurde?
Scherben und Knochen
Es bleibt auch nicht bei dem einen Fund, bis zum Abend habe ich die große Seitentasche meiner Arbeitshose fast gefüllt. Hauptsächlich mit Keramik: Scherben von Gefäßen gibt es hier in einer hohen Dichte. Manche ganz einfach und unverziert, andere mit einer erdig gelben oder strahlend blauen Glasur, viele smaragdgrün. Ein Experte könnte daraus sicher ganze Krüge und Kannen rekonstruieren.
Viel seltener, aber trotzdem vielfältig, sind die Tierknochen, die ich finde. Da gibt es Scheiben aus dem Bein eines Rindes, offensichtlich mit modernem Werkzeug geschnitten. Auch einen Rinderzahn finde ich, zudem einen kompakten, abgerundeten Knochen, den ich nicht identifizieren kann, obwohl er mir irgendwie bekannt vorkommt.
Reinigung mit der Zahnbürste
Auch verschiedenste Steine tauchen aus der Erde auf, sicherlich nicht überraschend für ein Feld am Rand der Schwäbischen Alb. Die allermeisten hebe ich gar nicht auf, trotzdem stoße ich hin und wieder auf interessante Stücke. Zum Beispiel Kalksteine, auf denen Abdrücke von urzeitlichen Meeresbewohnern zu sehen sind. Oder das kleine, dreieckige Steinchen, das bei näherer Betrachtung wie eine behauene Pfeilspitze aussieht.
Details kann man meist erst nach einer Reinigung erkennen, auch dieser Arbeitsschritt ist zum Glück einfach: Ich fülle ein Gefäß mit warmem Wasser und lege die Fundstück darin ein. Dann nehme ich eine ausgediente Zahnbürste zur Hand und … bürste. Mit kreisenden Bewegungen, wie ich es einst beim Zahnarzt gelernt habe. So verschwindet die Erde auch aus den kleinsten Ritzen und die Oberfläche der Funde kommt zum Vorschein. Das macht das Identifizieren einfacher, bei manchen Stücken bin ich mir aber weiterhin nicht sicher.
Unterstützung vom Experten
Ich brauche also jemanden, der auf dem Gebiet mehr Erfahrung hat. Zum Beispiel Gereon Balle. Der Leiter der Historischen Museen bei der Stadt Heidenheim hat Archäologie studiert. Zwar ist sein Fachgebiet die römische Geschichte, trotzdem hat er sich bereit erklärt, einen Blick auf meine Funde zu werfen.
Tatsächlich kann er mehrere Gegenstände identifizieren, zum Beispiel den mysteriösen Knochen: Dabei handle es sich um einen Astragalknochen aus dem Mittelfuß eines Schafes oder einer Ziege. Bekannt seien diese auch als antikes Spielzeug, römische Kinder benutzten die Knochen wie Würfel. „Wenn Sie so etwas an einem bekannten Fundort finden, kommt es in ein Museum", sagt Balle schmunzelnd.
Steinzeitliche Pfeilspitze
Auch bei einem überraschend schwerem Objekt mit großer Öffnung kann Balle helfen. Wahrscheinlich sei das eine Fassung aus Bronze, mit der einst die Zügel eines Wagens zusammengefasst wurden. Das Steinobjekt, dass ich als Pfeilspitze identifiziert habe, ist laut Balle genau das: „Ich würde eine Wette eingehen, dass die steinzeitlich ist."
Es ist ein schönes Gefühl, zu wissen, was genau ich da ausgegraben habe. Sofort steigt meine Motivation, auf den Kartoffelacker zurückzukehren, trotz aller Hitze, allem Staub und aller wunden Finger. Denn die nächsten Funde schlummern schon in der Erde und warten darauf, das Tageslicht zu erblicken.