So werden Bauplätze jetzt in Niederstotzingen vergeben
Ein detailliertes Vergabesystem hatte die Verwaltung für ihre Bauplätze ausgetüftelt. Da gab es Punkte beispielsweise für ehrenamtliches Engagement in der Stadt, für die Dauer des Hauptwohnsitzes in der Stadt, Familienstruktur und ähnliches. Angewandt wurde es bei den Baugebieten Vordere Reute und Büschelesfeld. Der Grund für die Tüftelei war, dass ortsansässige Bürger und die Verbundenheit zur Heimat besonders berücksichtigt werden sollte. Gerade die bevorzugte Vergabe an Einheimische hat allerdings der Europäische Gerichtshof für nicht zulässig erklärt – jedenfalls nicht ohne Rechtfertigung durch das Allgemeinwohl.
Bauplatzvergabe: "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst"
Zudem hat sich in der Praxis gezeigt: Das System zieht hohen Verwaltungsaufwand nach sich, ist nur kompliziert abzuwickeln und schließt Rechtsunsicherheiten nicht gänzlich aus. Deshalb soll die Vergabe für die Bauplätze Höhe II anders gestaltet werden. Über das Wie hatte nun der Gemeinderat zu befinden. Der Vorschlag der Verwaltung lautete, nachdem sich die mit dem Gemeindetag kooperierenden Anwälte Iuscomm für das "Windhundverfahren" ausgesprochen hatten: Windhund-Los-Verfahren für die Vergabe der Einfamilien- und Doppelhausbauplätze.
Damit würden Bewerber nach öffentlicher Bekanntgabe der Vergabe eine Woche Zeit haben, ihre Bewerbung um einen Bauplatz einzureichen. Entscheidend dabei ist der Tag des Eingangs im Rathaus ohne Berücksichtigung der Uhrzeit – dies deshalb, um Schlangen vor dem Rathaus zu vermeiden. Bei taggleichem Eingang würde unter den Bewerbern des gleichen Tags das Los entscheiden. Die Zuordnung der Bauplätze erfolgt dann über ein zweiteiliges Verfahren: zunächst nach der vorgenommenen Priorisierung der Bauplätze durch die Bewerber und sodann die konkrete Zuweisung je nach Rangfolge der Bewerber.
Klingt kompliziert, ist es aber nach Ansicht der Räte nicht, befand das Gremium, zumal die Bewerber im Gegensatz zum Punktesystem nicht mehr die verschiedensten Nachweise erbringen müssen. „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“, brachte es Bernd Hegele, der Fraktionsvorsitzende der CDU, auf den Punkt und befürwortete das vorgeschlagene System. Im Übrigen rechnet er nicht mit einem Riesenandrang auf die Bauplätze, da die Situation im Gegensatz zum Büschelesfeld, als die Nachfrage hoch und die Zinsen niedrig gewesen seien, sich gänzlich geändert habe. Was aber auch kein Problem sei: „Die Bauplätze müssen ja nicht in einem Jahr verkauft werden.“
Kein Riesenandrang für Bauplätze in Niederstotzingen erwartet
Mit eher weniger Ansturm rechnete auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Theodor Feil, der sich ebenfalls pro Windhund-Los-Verfahren äußerte. Problematisch sei jedoch die Frage, wie der Eingang ohne Nachtbriefkasten zeitlich zugeordnet werden könne. Er regte noch an, in der Ausschreibung klarzustellen, ob auch digitale Bewerbungen möglich seien oder ob diese analog per Post zu erfolgen haben. Präzisiert werden sollte seiner Meinung nach auch die Forderung des Finanzierungsnachweises als Voraussetzung für die Bewerbung dahingehend, ob dieser lediglich für den Bauplatz oder gleich für das ganze Bauvorhaben vorzulegen sei.
Das Windhund-Los-Verfahren wurde damit einstimmig beschlossen. Bürgermeister Marcus Bremer sagte zu, die Ausschreibung mit Formulierung der Kriterien entsprechend der Anregung zu fertigen, so dass diese dann veröffentlicht werden könne.
Allerdings kann die Vermarktung noch nicht sofort beginnen: Der Bundesgerichtshof entschied im Juli, dass „Freiflächen außerhalb des Siedlungsgebiets einer Gemeinde nicht im beschleunigten Verfahren nach Paragraph 13b Satz1 Baugesetzbuch ohne Umweltprüfung überplant werden“ dürfen. Das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen rät daher, zunächst die Auswertung des Urteils abzuwarten. Damit wird auch die Stadt Niederstotzingen zunächst abwarten, ob und welche Auswirkungen das Urteil auf den Bebauungsplan Höhe II hat. „Da wird am Ende auch nichts anderes herauskommen, nur das Verfahren wird verzögert“, so Bernd Hegele. „Das versteht der Bürger nicht.“
Mit Unionsrecht nicht vereinbar
Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juli 2023 - Aktenzeichen 4 CN 3.22 - hat zur Folge, dass Paragraph 13b des Baugesetzbuchs, der die Grundlage für die beschleunigten Verfahren ist, nicht angewendet werden kann. Diesen Paragraphen sieht das Bundesverwaltungsgericht als mit dem Unionsrecht der Europäischen Union nicht vereinbar an, wonach erhebliche Umweltauswirkungen in jedem Fall von vornherein auszuschließen sind.