Warum es in Niederstotzingen künftig keine unechte Teilortswahl mehr geben wird
Eigentlich hätte in der Sitzung des Gemeinderats die Änderung der Hauptsatzung beschlossen werden sollen. Denn in der vorherigen Sitzung war eigentlich beschlossen worden, die Wohnbezirke Stetten und Lontal einschließlich Reuendorf miteinander zu verbinden, wodurch Lontal seinen Sitz im Gemeinderat verloren hätte. Doch es sollte anders kommen.
Nachdem Bürgermeister Marcus Bremer die von der Verwaltung erarbeitete, auf dem Beschluss des Gemeinderats beruhende Satzungsänderung vorgestellt hatte, ging es an die Aussprache im Gremium und das Wort zunächst an Bernd Hegele, den Fraktionsvorsitzenden der CDU. Wie man es auch rechne, so Hegele, immer ergebe sich bei der Sitzverteilung eine Über- oder Unterrepräsentation von Stadtteilen. Allein wenn man die Stadtteile Oberstotzingen, Stetten und Lontal zusammenlege, die damit dann sechs Sitze hätten, ergebe sich eine verhältnismäßige Verteilung. „Aber das wäre absurd“, so Hegele, „dann hätten wir zwei Wohnbezirke, das macht keinen Sinn.“ Auch sah er in der Diskussion der vorherigen Sitzung die örtlichen Verhältnisse nicht angemessen berücksichtigt, wobei er explizit die Digitalisierung nannte: Er kenne Haushalte in Lontal, in denen Internet gerade zwei bis drei Stunden am Tag zur Verfügung stehe, in einem anderen Beispiel sogar seit Monaten gar nicht.
Wertung juristisch fragwürdig
Seine Schlussfolgerung: Wenn die Digitalisierung ins Feld geführt werde, dann treffe das auch auf Stetten und Oberstotzingen zu. „Dann gibt es keine örtlichen Verhältnisse mehr.“ Er stellte daher einen neuen Antrag: nämlich darauf, die unechte Teilortswahl aufzuheben, die bisherige Sitzanzahl (18) beizubehalten und das ab der Kommunalwahl 2029. Die Frage der Wertung der örtlichen Verhältnisse sei ohnehin juristisch fragwürdig: „Ein Gericht kann immer überprüfen, welche Wertung wir vorgenommen haben.“
„Gelinde gesagt verwunderlich“ fand Theodor Feil, der Fraktionsvorsitzende der SPD, diese Wendung, es sei doch mehrheitlich der Beschluss gefasst worden, die Hauptsatzung zu ändern, und dieser Beschluss sollte doch vom gesamten Gremium akzeptiert werden. Er wehre sich auch gegen die Darstellung, der seinerzeitige Beschluss sei nicht gesetzeskonform, da eine Änderung der Hauptsatzung bei Änderung der Einwohnerzahlen möglich sei. Dass die bisherige Regelung geändert und an die geänderten Verhältnisse angepasst werden muss, sei wohl überlegt gewesen. Der jetzige Antrag sei nur ein Versuch, für die nächste Wahl die Hauptsatzung beizubehalten, damit es auch bei der jetzigen Sitzverteilung bleibe. Wenn ein solcher in den Raum gestellt werde, dann sollte dies früher erfolgen, damit darüber diskutiert werden könne.
Neuer Antrag des Bürgermeisters
Marianne Nikola, die BWI-Fraktionsvorsitzende, befand kurz und knapp, der jetzige Antrag sei nicht nachvollziehbar und regte an, wie geplant über die Änderung der Hauptsatzung abzustimmen. Bürgermeister Bremer, der sich in der vergangenen Sitzung bewusst aus der Diskussion herausgehalten hatte, da das Thema die Räte selbst tangiere, gab nun ebenfalls sein Statement ab: „Vielleicht ist es Zeit, alte Zöpfe abzuschneiden.“ Die unechte Teilortswahl sei ein gutes Konstrukt anlässlich der Eingemeindung gewesen, um alle Belange einfließen zu lassen. Nun aber seien die Stadtteile zusammengewachsen, so dass das Konstrukt nicht mehr benötigt werde. Wenn aber die Frage der Abschaffung der unechten Teilortswahl auftauche, dann müsse man auch so konsequent sein, dies bereits für die nächste Wahl 2024 gelten zu lassen und die Sitzanzahl auf die gesetzlich für Kommunen zwischen 3000 und 5000 Einwohner vorgegebene Menge von 14 zu reduzieren.
Exakt so lautete auch sein Antrag, dem eine Unterbrechung der Sitzung folgte, um den Fraktionen Gelegenheit zur Beratung zu geben. Danach wurde über den Antrag Bremers abgestimmt: 11 Räte stimmten dafür, sechs dagegen, Enthaltungen gab es keine. Die qualifizierte Mehrheit hatte sich damit für Bremers Antrag ausgesprochen. Damit ist die unechte Teilortswahl in Niederstotzingen Geschichte. Bereits bei der nächsten Kommunalwahl 2024 wird sie nicht mehr zum Tragen kommen und statt bisher 18 werden dann künftig nur noch 14 Räte dort sitzen. Und die Verwaltung wird für die nächste Sitzung eine neue Änderung der Hauptsatzung formulieren und zum Beschluss vorlegen.
Stadtrat Jürgen Rothmaier nachgerückt
Er wolle nicht pietätlos erscheinen, schickte Bürgermeister Marcus Bremer voraus, aber die Verpflichtung Jürgen Rothmaiers als Nachfolger für den am Sonntag verstorbenen Arnold Kießling müsse noch vor Sitzungsbeginn erfolgen. Denn die Änderung der Hauptsatzung, die ja auf der Tagesordnung stand, erfordere eine qualifizierte Mehrheit, so dass nicht auf die Neuverpflichtung verzichtet werden könne. Diese erfolgte sodann. Dem voraus ging allerdings eine Schweigeminute, in welcher Bürgermeister, die Räte und die anwesenden Zuschauer des verstorbenen Stadtrats Arnold Kießling gedachten.