Was Niederstotzingen mit einem "Quartiermanagementsystem" bezwecken will
„Da kommt etwas auf uns zu“, befand Bürgermeister Marcus Bremer in der Sitzung des Gemeinderats, und er meinte die sich ändernden gesellschaftlichen Verhältnisse. Familienstrukturen, die nicht mehr gewährleisten, dass Pflege im Alter gesichert ist, Kirchengemeinden, die ebenfalls ihren Stellenwert eingebüßt haben und auch ein Leben in der Gemeinde, das zunehmend anonymer wird, sodass auch auf das nachbarschaftliche Miteinander nicht mehr gebaut werden könne. „Gute Lebensbedingungen vor Ort bedeuten aber auch, dass im Alter und im Falle von Krankheit ein Netzwerk vorhanden ist“, so Bremer. Sein Vorschlag lautete daher: Kommunale Strukturen schaffen, um die Stadt generationengerecht weiterzuentwickeln. Auch dafür hatte er einen konkreten Vorschlag parat: die Einführung eines Quartiermanagementsystems.
Einzelfallbetreuung in Niederstotzingen gewährleisten
Was sich dahinter verbirgt, beschrieb Bremer anhand der Einrichtung der früheren Gemeindeschwester. Mit dem Quartiermanagementsystems könne Einzelfallbetreuung gewährleistet werden, wobei die örtlichen Akteure wie Ärzte, Vereine, Kirchen einbezogen und koordiniert werden. Das bedeutet, der Quartiersmanager könnte Beratungen zu Hause bei Senioren ab einem bestimmten Alter bieten, damit Bedarf für Unterstützung frühzeitig erkannt werden könne. Gleichzeitig könnte er die nötigen Maßnahmen wie ambulante Pflege oder dergleichen vorstellen, fördern und den Senioren dabei auch bei den nötigen Anträgen helfen. Auch für pflegende Familienangehörige wäre er ein Ansprechpartner, der aus dem städtischen Netzwerk das richtige Angebot filtern und auch hierbei beraten könne. Zudem könnte er offene generationenübergreifende Angebote und Projekte anstoßen wie beispielsweise ein Repair-Café oder eine Sprachenwelt. Mit dem Quartiersmanagement könnte, so Bremer, die Lebensqualität der Stadt Niederstotzingen nachhaltig gesichert werden. Er betonte auch, dass dies nur dann Sinn habe, wenn dies nicht nach zwei Jahren wieder eingestampft würde, sondern auf eine langfristige Entwicklung gesetzt werde.
Jährliche Kosten in Höhe von 132.000 Euro
Die Kosten für die Stadt würden sich auf 132.000 Euro für zwei Jahre belaufen, wobei der Arbeitgeberaufwand bei einer 80-Prozent-Stelle mit 56.000 Euro veranschlagt wurde und Sachkosten mit rund 10.000 Euro, jeweils jährlich. Bremer stellte dazu auch das Landesförderprogramm vor, welches für eine Gegenfinanzierung von 57.500 Euro sorgen kann. Damit verbliebe der Stadt noch ein Aufwand von 37.250 Euro pro Jahr.
Große Überzeugungsarbeit musste Bremer beim Gremium nicht leisten: Alle sahen die Notwendigkeit angesichts der herrschenden Verhältnisse ein. „Wir müssen nach vorne denken“, so CDU-Fraktionsvorsitzender Bernd Hegele, der Wandel sei immer mehr sichtbar. Man könne aber nicht nur den Bedarf erkennen, da müsse die Stadt auch etwas tun. Er befürwortete daher den Vorschlag uneingeschränkt wie auch Theo Feil, der SPD-Fraktionsvorsitzende, der gleichzeitig auf Langfristigkeit setzte: „Das wird kein Sprint, das wird ein Marathon.“ Auch Marianne Nikola, die BWI-Fraktionsvorsitzende, sprach sich für die neue Einrichtung aus: „Politik muss nicht nur für Kanäle, Straßen und Einrichtungen sorgen, sondern vor allem für den Menschen." Verglichen mit den Aufwendungen für Kinderbetreuung seien die Kosten ohnehin angemessen. „Das Geld muss für die Menschen da sein.“
Das wird kein Sprint, das wird ein Marathon.
Theo Feil, SPD-Fraktionsvorsitzender
Einstimmig wurde daher der Beschluss gefasst, ein Quartiersmanagementsystem einzuführen und dabei mit der Stiftung Haus Linderhof und dem Landkreis Heidenheim zusammenzuarbeiten. Gleichzeitig wurde beschlossen, den entsprechenden Förderantrag des Landkreises zu unterstützen.
Voraussetzungen für die Förderung
Die Fördervoraussetzungen des Landes sehen vor, dass die Themen Pflege und Unterstützung im Alter und Maßnahmen zu generationen- und altersgerechter Gestaltung des Lebensraumes Teil des Projekts sein müssen. Elemente der Bürgerbeteiligung müssen ergriffen werden, damit die im Quartier lebenden Menschen die Entwicklung aktiv gestalten können. Die Kooperation mit zivilgesellschaftlichen Partnern muss nachgewiesen werden, was im Falle Niederstotzingens durch die Zusammenarbeit mit der Stiftung Haus Lindenhof geschieht. Und das Projekt muss durch die politische Gemeinde unterstützt werden.
Die Frage, ob das Projekt zusammen mit der Gemeinde Sontheim gestartet werden soll, tauchte angesichts der in vielen Bereichen bereits umgesetzten Zusammenarbeit auch auf. Aufgrund der Komplexität des Projekts wurde jedoch befürwortet, sich zunächst auf Niederstotzingen zu beschränken. Der Aufbau wird, dessen war sich das Gremium bewusst, mit viel Zeit und Aufwand verbunden sein.