Warum Lontal um seinen Sitz im Gemeinderat Niederstotzingen bangen muss
Da wurde die Luft im Ratssaal doch ein wenig dicker als sonst – und das lag nicht etwa daran, dass die Räte sich dieselbe mit einer ungewöhnlich hohen Zahl an Bürgern teilen mussten, von denen wohl nicht wenige wegen dieses Themas gekommen waren: Um die Sitzverteilung im Niederstotzinger Gemeinderat ging es, und das im Hinblick darauf, wie die einzelnen Wohnbezirke im Gremium bei der unechten Teilortswahl repräsentiert sind. Im Mittelpunkt der Diskussion stand Lontal.
Derzeit umfasst das Gremium 18 Sitze, davon entfallen auf Niederstotzingen selbst elf, auf Oberstotzingen vier, Stetten zwei und Lontal mit Reuendorf 1 Sitz. Und damit, so hatte Hauptamtsleiter Andreas Häußler errechnet, seien – ausgehend von der Einwohnerzahl – Niederstotzingen mit zwölf Prozent und Oberstotzingen mit sechs Prozent unterrepräsentiert. Dagegen ergeben sich Überrepräsentationen bei Stetten mit 36 Prozent und bei Lontal mit Reuendorf mit 88 Prozent.
Alternativberechnungen hatte Häußler auch angestellt: Bei einer Verkleinerung des Gremiums auf 14 Sitze könnten neun auf Niederstotzingen entfallen, drei auf Oberstotzingen und jeweils einer auf Stetten sowie auf Lontal mit Reuendorf. Auch bei dieser Variante wäre Lontal immer noch überrepräsentiert. Dies würde dann wegfallen, wenn die Wohnbezirke Stetten und Lontal zusammengeführt werden und zusammen künftig einen Sitz hätten, wobei Niederstotzingen zehn und Oberstotzingen drei Sitze erhalten würde. Oder man belasse es bei den bisherigen 18 Sitzen, füge aber die Wohnbezirke Stetten und Lontal zusammen, so dass diese zusammen zwei Sitze hätten. Niederstotzingen hätte dann zwölf Sitze und Oberstotzingen vier.
Eine emotionsgeladene Diskussion zur Niederstotzinger Sitzverteilung
Soweit die Informationen der Stadtverwaltung, die lediglich die Einwohnerzahlen berücksichtigte. Ansonsten hielt diese sich mit Vorschlägen zurück: „Das ist eine Sache des Gemeinderats an sich“, so Bürgermeister Marcus Bremer. Und so hatte das Gremium ein weiteres Kriterium für die Sitzverteilung zu diskutieren: die örtlichen Verhältnisse. Und ob diese nun für oder gegen Beibehalten oder Veränderung sprechen, darüber schieden sich die Geister in der für Niederstotzinger Verhältnisse recht emotionsgeladenen Diskussion.
Auch Lontal müsse sich Gehör verschaffen können, argumentierte der CDU-Fraktionsvorsitzende Bernd Hegele, und das in Form eines demokratisch gewählten Vertreters im Gemeinderat. Ein dort wohnender Vertreter bringe eine andere Betroffenheit mit und diese Expertise sei im Gremium erforderlich, um die Interessen ausreichend zu berücksichtigen. Zudem habe gerade Reuendorf die Räte häufiger beschäftigt mit Themen wie Golfplatz, Müllverbrennungsanlage, Ausgleichsflächen. Da sei es besonders wichtig, dass die örtlichen Befindlichkeiten durch einen Vertreter aus Lontal im Gremium eingebracht werden können. Er sprach sich daher dafür aus, die bisherige Regelung unverändert beizubehalten. Wenn daran etwas geändert werden solle, dann müsse konsequenterweise die unechte Teilortswahl abgeschafft werden. So weit würde er jetzt aber nicht gehen wollen, das könne für 2029 gründlich angegangen werden.
Ganz anders sah dies der SPD-Fraktionsvorsitzende Theodor Feil: Würde man die Sitzanzahl für Lontal zum Maßstab nehmen, dann müsste das Gremium 155 Mitglieder haben, rechnete er vor. Zudem spiele Entfernung in heutiger Zeit keine große Rolle mehr, nachdem digitale Möglichkeiten vorhanden und genutzt würden. Die Neuverteilung sei zwingend geboten, damit der Grundsatz der Gleichwertigkeit der Teilorte gewahrt sei. Zudem seien Lontal und Reuendorf auch vor der Eingemeindung im Jahr 1972 nicht eigenständig, sondern ein Teil Stettens gewesen. Er stellte daher den Antrag, 18 Sitze beizubehalten und diese auf Niederstotzingen mit zwölf, Oberstotzingen mit vier und die zwei verbleibenden auf Stetten, Lontal, Reuendorf als ein Wohnbezirk zu verteilen.
Entscheidungen im Sinne der Gesamtgemeinde
Dafür sprach sich auch die BWI-Fraktionsvorsitzende Marianne Nikola aus. Auch dann seien Stetten, Lontal und Reuendorf miteinander immer noch überrepräsentiert. Die Einwohnerzahl in Stetten sei minimal gewachsen, in Lontal eher rückläufig. Im Übrigen werde jeder Stadtrat immer im Sinne der Gesamtgemeinde entscheiden. In letzterem Punkt war man sich auch einig, ansonsten ging es hin und her: Wenn es in Lontal keine und in Stetten wenig Bauplätze gebe, könne kein Einwohnerzuwachs erwartet werden (Bernd Hegele), Repräsentanz schaffe Akzeptanz (Uli Lindenmayer, CDU), nur der könne Belange einbringen, der am Ort wohnt und Befindlichkeiten spürt (Berthold Wetzler, CDU). Und dagegen: Das sei altbacken und nicht zeitgemäß und Kandidaten könnten ja trotzdem aus Stetten und Lontal kommen (Ursula Hegele, SPD), auf Veränderungen müsse man reagieren (Theodor Feil). Dr. Peter Spizig (CDU) schließlich fand den Zeitpunkt der Diskussion im Hinblick auf die Kommunalwahl 2024 „extrem ungünstig“: „Das hat das Gschmäckle, wahlstrategische Gründe könnten eine Rolle spielen.“ Das wiederum empfand Theodor Feil als „schlechten Stil“.
Letztlich drang er mit seinem Antrag mit neun Ja-Stimmen, sieben Nein-Stimmen und einer Enthaltung durch. So bleibt es bei den 18 Sitzen, Niederstotzingen erhält zwölf, Oberstotzingen vier und für den gemeinsamen Wohnbezirk Stetten, Lontal, Reuendorf gibt es zwei Sitze. Damit wird nun notwendig, die Hauptsatzung in diesem Sinne zu ändern. Dies wird in der nächsten Sitzung vorgestellt werden.
Überprüfung vorgeschrieben
Die Gemeindeordnung verpflichtet die Kommunen mit unechter Teilortswahl, die Voraussetzungen dafür zu prüfen. Dabei ist auch vorgegeben, dass sowohl Einwohnerzahl als auch die örtlichen Verhältnisse berücksichtigt werden müssen. Während die Einwohnerzahl klar festgemacht werden kann, besteht bei der Berücksichtigung örtlicher Verhältnisse ein weiter Spielraum. Bei der Festlegung der Sitze soll allerdings Willkür ausgeschlossen werden. Über- oder Unterrepräsentationen einzelner Wohnbezirke sind dann rechtlich nicht zu beanstanden, wenn sie durch die örtlichen Verhältnisse durch sachliche Gründe gerechtfertigt sind.