Windkraft, derzeit überall im Kreis ein Thema, stand auch auf der Tagesordnung des Niederstotzinger Gemeinderats. Anlass auch hier die Vorranggebiete, die der Regionalverband Ostwürttemberg erarbeitet hatte, von denen eines auch in Niederstotzinger Gemarkung fällt. Um dieses Gebiet ging es in der Diskussion und auch um die Frage, ob dazu bereits jetzt Stellung genommen werden solle oder ob dies dem neuen Gemeinderat, der ab nächster Sitzung tagen wird, überlassen werden soll.
Komplex wie der Diskussionsstoff sind auch die Umstände, die Bürgermeister Marcus Bremer im Vorfeld erläuterte. „Bergenweiler/Sontheim“ heißt das betreffende Vorranggebiet, das verschiedene Gemarkungen betrifft: Derjenige Teil im Osten/Südosten auf Sontheimer Gemarkung besteht hauptsächlich aus Flächen von ForstBW, die bereits den Stadtwerken Ulm den Zuschlag für potenzielle Windenergieflächen erteilt hat. Die Projektierung sieht sieben Windkraftanlagen vor. Der westliche Teil des Vorranggebiets liegt im Sparenwald in Niederstotzingen in der unmittelbaren Nähe von „Bettelmannsgrab“ und Keltenschanze und betrifft ausschließlich Flächen, die im Privateigentum stehen. Liegenschaften der Stadt Niederstotzingen sind nicht berührt. Der Besitzer hat bereits signalisiert, seinen Wald weiterhin wie bisher nutzen zu wollen und dortige Windkraftanlagen abzulehnen.
In Konflikt mit dem Welterbe
Hinzu kommt, dass das betroffene Gebiet in der Nähe des Vogelherds und damit des Welterbes liegt, das als raumwirksames eingetragenes Kulturdenkmal gilt. Bauliche Anlagen dürfen damit nur mit Genehmigung der Denkmalbehörde errichtet werden. Damit wurde das Vorranggebiet als „konfliktbehaftet“ eingestuft, was zur Folge haben könnte, dass dieses nach weiterer Prüfung wieder aus dem Konzept des Regionalverbands herausfallen könnte. Bremer verwies zudem auf das Naherholungsgebiet, das der Sparenwald für die Bevölkerung darstellt, auf das sich Windkraftanlagen negativ auswirken könnten. Und Stichwort Geld: Der Ertrag durch die Verpachtung würde sich auf jährlich 26.000 bis 32.000 Euro belaufen und sei in dieser Höhe ein in den Hintergrund tretendes Kriterium.
Bernd Hegele, Fraktionsvorsitzender der CDU, fand nicht nur, die Einzelinteressen des Waldbesitzers hätten hinter den Vorranggebieten zurückzutreten, sondern gab noch einen Gesichtspunkt hinzu: Die Ausweisung von Vorrangflächen könne seiner Meinung nach verhindern, dass sich Windkraftanlagen „irgendwo in der Gemarkung“ ansiedeln, die dann möglicherweise nicht abgelehnt werden können. „Wir geben da etwas aus der Hand, wenn wir keine Vorranggebiete ausweisen“, war seine Meinung, wonach eine positive Stellungnahme abgegeben werden solle. Für eine Stellungnahme sprach sich auch Uli Lindenmayer (CDU) aus, allerdings eine negative: Investoren würden sich zunächst auf die ausgewiesenen Vorranggebiete fokussieren. Zudem sei Niederstotzingen bereits durch den besonderen Wasserschutz und die Hochspannungsleitungen belastet, sodass nicht noch eine Einschränkung hinzukommen sollte.
Energiewende unterstützen
Simone Schindler, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, befürwortete, dass die Energiewende durch die Stadt Niederstotzingen unterstützt werde, plädierte jedoch dafür, die Stellungnahmemöglichkeit dem künftigen Gemeinderat zu überlassen. Dem stimmte Marianne Nikola, die Fraktionsvorsitzende der BWI, zu, da es sich lohne, das umfangreiche Thema, das in seinen Folgen schwer einzuschätzen sei, auch etwa im Rahmen einer Klausurtagung zu erörtern. Georg Zink (BWI) befürwortete ebenfalls, zunächst nicht Stellung zu beziehen. „Erst einmal laufen lassen“, so äußerte sich auch Dr. Peter Spizig (CDU), wenngleich er die Notwendigkeit von Windkraftanlagen generell – wie alle anderen Räte auch – bejahte. Die Situation Niederstotzingens sei aber bereits mit Wasserschutz und Hochspannungsleitung durch „Zwangspunkte“ belegt. Zudem gebe die Stadt ein positives Signal für Investoren, die den Eindruck gewinnen könnten, Niederstotzingen begrüße ihre Projekte. Auch wenn „etwas passieren“ müsse, tue er sich schwer mit einer positiven Stellungnahme zum jetzigen Zeitpunkt.
Stefan Mickley (BWI) sah die Vorranggebiete kritisch: „Investoren machen das, um Geld zu verdienen“ und es sei fragwürdig, ob das aus ökologischer Sicht sinnvoll sei. Ursula Hegele (SPD) schloss die Möglichkeit nicht aus, dass das ins Auge gefasste Gebiet wegen der bestehenden Konflikte noch aus der Planung des Regionalverbands herausfallen könnte.
Der rege Austausch führte letztlich dazu, dass die Stadt zunächst keine Stellungnahme zum Vorranggebiet abgeben wird, sondern der neue Gemeinderat sich im Anschluss an die Sommerpause mit dem Thema befassen soll. Dies wurde auf Vorschlag Bremers mehrheitlich bei drei Gegenstimmen beschlossen.
Nur noch 14 Stadträte
Die jüngste Sitzung des Gemeinderats war die letzte in der aktuellen Besetzung. In der Sitzung im Juli wird die Konstituierung des neuen Gemeinderats erfolgen. Dann wird erstmals das neue, nur noch aus 14 Mitgliedern bestehende Gremium tagen. Die ausscheidenden Stadträte werden verabschiedet werden, wobei dann auch Ehrungen auf der Tagesordnung stehen.