Im Prozess um den Totschlag in Bergenweiler im Januar 2024 hat die Schwurgerichtskammer am Montag ihr Urteil gesprochen. Der 42-jährige Angeklagte erhielt eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er seine Lebensgefährtin im Januar mit zwei Messerstichen getötet hatte und ließ den Einwand der Verteidigung, er habe es nur getan, um seine Tochter zu schützen, nicht gelten.
Dass die Lebensgefährtin an zwei Messerstichen gestorben war und dass der 42-Jährige der Täter war, sei bereits zu Beginn der Verhandlung klar gewesen, so der Vorsitzende Richter Thomas Dieterich. „Nur das Wie und Warum waren zu klären.“ Die Beziehung, in der sich der Angeklagte und die 40-Jährige befanden, sei zu Anfang noch harmonisch, wenn auch schon vorbelastet gewesen. Eine Affäre, die der Angeklagte zu Beginn der Beziehung geführt habe, habe dann zu mehr Streitigkeiten geführt.
Lebensgefährtin war wohl keine Gefahr für die gemeinsame Tochter
Die Lebensgefährtin hatte laut Dieterich in diesen Situationen „ein gewisses Talent, die Schwachstelle des Gegenübers zu finden. Und beim Angeklagten war das die Tochter.“ Die Drohungen gegen das Kind hätten kurz nach der Geburt begonnen und seien später immer wieder aufgetaucht. „Aber von einer akuten Sorge ums Leben der Tochter sind wir nicht überzeugt“, so Dieterich. Die 40-Jährige sei von Zeugen als liebevolle Mutter beschrieben worden und habe der Tochter nie etwas getan. Auch in Gesprächen des Angeklagten mit Freunden und Familie habe der das Thema nicht angesprochen.
Das Gericht hielt die „Panik um die Tochter“ für eine Schutzbehauptung, weil im Verlaufe des Prozesses verschiedene Ungereimtheiten auftauchten. „Im Notruf war die Rede von einem Unfall, zur Polizeistreife haben Sie gesagt, dass es Streitigkeiten gab, und bei einem Telefonat mit dem Bruder haben Sie gesagt, dass Sie und die Lebensgefährtin aufeinander losgegangen sind“, so Dieterich. Die Angst um die Tochter sei dann erst fünf Monate später bei der psychologischen Untersuchung aufgetaucht. „Der Wunsch, die eigene Tochter zu schützen, ist moralisch ehern und rechtlich ehern. Dass man das nicht gleich sagt, ist nicht nachvollziehbar“, betonte Dieterich.
Angeklagter hätte sich auch ohne Messer verteidigen können
Detailreiche Informationen seien dann in vielen Bereichen erst bei der Hauptverhandlung eingebracht worden, teils seien diese erkennbar aufs Prozessgeschehen angepasst worden. In einer früheren Aussage habe das Messer, das für die Tat benutzt wurde, auf dem Kachelofen gelegen, während dem Prozess wurde dann berichtet, dass es auch dem Sofa gelegen haben könnte. Auch daran, ob der Angeklagte wirklich eine Erinnerungslücke zur Zeit der Tötung hatte, hatte das Gericht Zweifel.
Dieterich erklärte weiter, dass der Angeklagte keine Notwehr beanspruchen könne, auch wenn der Tat möglicherweise eine körperliche Auseinandersetzung vorausgegangen war. Einem Angriff mit Tritten und Schlägen müsse man nicht mit zwei Stichen in den Oberkörper begegnen. Der 30 Kilogramm schwerere Angeklagte hätte seine Lebensgefährtin auch anderweitig abwehren können oder zumindest in andere Körperteile stechen können. Deshalb hielt das Gericht am Totschlag fest, allerdings in einem minderschweren Fall, was effektiv bedeutet, dass die Freiheitsstrafe zwischen einem und zehn Jahren liegen muss. Gründe für diese Einstufung seien das Geständnis des 42-Jährigen, die Tatsache, dass er sich entschuldigt habe, dass er nicht vorbestraft war und dass er sich in einer schwierigen Konfliktsituation befand.
Verteidigerin forderte im Bergenweiler Totschlag-Prozess Freispruch
Die Staatsanwaltschaft, vertreten durch Staatsanwältin Wahl, hatte ähnlich argumentiert, wie Dieterich es später tat und eine Freiheitsstrafe von zehn Jahren und sechs Monaten gefordert. Elisabeth Hößler, die Verteidigerin des Angeklagten, argumentierte, dass es sich bei der Tötung um Notwehr zugunsten der Tochter gehandelt habe, und forderte einen Freispruch. Für den Fall, dass das Gericht anders auf die Sachlage schauen würde, forderte sie ein Strafmaß, das noch zur Bewährung ausgesetzt werden könne.
Nach der Urteilsverkündung wandte sich Richter Dieterich noch einmal direkt an den Angeklagten. Aus dem Prozess sei hervorgegangen, dass dessen Lebensgefährtin „keine einfache Person“ gewesen sei und „das Leben mit ihr nicht immer leicht war“. „Bei Ihnen haben wir uns schwergetan, ein Bild zu bekommen“, sagte Dieterich. Einerseits sei er als liebevoller Familienvater beschrieben worden, habe keine Vorstrafen gehabt und langjährig einen Beruf ausgeübt. Auf der anderen Seite habe er Drogen genommen und sei mehrmals gewalttätig geworden. Dieterich legte dem Angeklagten nahe, während der langen Haftstrafe über sich selbst nachzudenken, „denn eines Tages müssen Sie Ihrer Tochter Rede und Antwort stehen.“
Angeklagter war psychologisch unauffällig
Zu Beginn des letzten Verhandlungstages hatte Dr. Fabian Lang, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, sein Gutachten über den Angeklagten vorgetragen, welches zu dem Schluss kam, dass der 42-Jährige in psychischer Hinsicht unauffällig sei. Das Risiko zukünftiger Gewalttaten schätzte Lang als gering ein, einen Hang zu übermäßigem Substanzkonsum sah er nicht. Wichtig für das Gericht war auch die Einschätzung Langs, dass es sich bei der Tötung nicht um eine Affekt- oder Impulstat handelte.