Tag des offenen Denkmals

Kampf gegen den Verfall des Schloss Brenz

Mehrere Denkmäler im Landkreis Heidenheim beteiligen sich am diesjährigen Tag des offenen Denkmals am Sonntag, 10. September. Im Schloss Brenz kann man dabei nicht nur einen Blick auf ein schönes Gemäuer werfen, sondern auch auf die Probleme, die solch alte Bauten bereiten können. Welche andere Einrichtungen beim Aktionstag mitmachen.

Kampf gegen den Verfall des Schloss Brenz

Seit 1993 beteiligen sich alljährlich Tausende Denkmäler deutschlandweit am Tag des offenen Denkmals. Auch das Schloss Brenz wird am Sonntag für interessierte Besucherinnen und Besucher geöffnet. Die können in diesem Jahr nicht nur einen Blick auf die Fassade und den schönen Hof des Renaissance-Barock-Baus werfen, sondern auch in dessen Innenleben schauen: Dort werden an zentraler Stelle nicht nur die baulichen Probleme solcher Denkmäler deutlich, sondern auch die Herausforderungen, vor denen der Denkmalschutz und die Besitzer dieser Bauten stehen. Denn es herrscht Einsturzgefahr im Schloss Brenz.

Dabei wurde das Gebäude erst wenige Jahre zuvor – 2009 bis 2011 – hergerichtet. „Teilsanierung nannte sich das, weil man sich auf bestimmte Bereiche konzentriert hat. Das hatte viel mit der musealen Nutzung zu tun“, so Peter Renner. Er lebt in Brenz, ist Restaurator und kennt das Schloss seit Jahrzehnten gut. Das Brenzer Schloss ist das älteste Heimatmuseum Baden-Württembergs „und das war vom Konzept her in die Jahre gekommen“, so Renner. Eine Modernisierung tat Not und in diesem Zusammenhang wurde dann auch der große Aufzug auf der Nordseite angebaut und das Schloss erhielt eine Küche und neue WC-Anlagen.

Restauriert im Sinne des Denkmalschutzes wurde damals allerdings auch. „Der gesamte äußere Gebäudekörper hat eine Fassadensanierung erfahren“, erläutert Renner. Dabei wurde der Putz ausgebessert, ein neuer Anstrich angebracht und mittels Weißstrich die originale Quaderung wiederhergestellt. Zudem wurde im Nord-, Süd- und Westflügel das erste Dachgeschoss inklusive der gesamten Balkenlage restauriert. „Das war schon sehr umfangreich, man hat insgesamt 2,9 Millionen Euro verbaut.“

Das zerstörerische Wasser kam über Nacht

Im Zuge dieser Arbeiten hatte damals der Rittersaal eine Fußbodenheizung und ein neues Eichenholzparkett erhalten. Außerdem wurden zwei zugemauerte Fenster wieder geöffnet. Der Rittersaal ist so etwas wie das Prunkstück des Schlosses, er konnte danach endlich wieder für verschiedenste Veranstaltungen genutzt werden. Bis zu jener schicksalhaften Nacht am 20. Juni 2021.

„Da ist der Anschluss eines Luftbefeuchters geborsten“, erinnert sich Peter Renner. Ausweislich des Wasserzählers ergossen sich in jener Nacht etwa 17.000 Liter Wasser in den etwa 100 Quadratmeter großen Rittersaal und versickerten im Fußboden. Also musste man all das, was man erst wenige Jahre zuvor für viel Geld saniert und modernisiert hatte, wieder herausreißen. Ein immenser Schaden. Doch die Gemeinde Sontheim – die Besitzerin des Schlosses – hatte Glück, die Versicherung kam für die Beseitigung des Schadens auf. Ende gut alles gut könnte man nun annehmen. Doch weit gefehlt.

Denn dieses Wasser lief durch bis auf das darunterliegende Stockwerk, entsprechende Wasserflecken sind heute noch an der Gewölbedecke der sogenannten Jägerwohnung zu sehen. Renner hat sich 2021 auf die Suche gemacht und erforscht, wie weit das Wasser heruntergelaufen war. Der weitere Fortgang seiner Untersuchungen war daraufhin nur naheliegend. „So wie das Wasser von oben nach unten geht, so hat sich quasi auch unsere Baustelle entwickelt“, erläutert der Restaurator.

Originale Bausubstanz verrottet

Bei der Suche nach weiteren Schäden aus dem nächtlichen Wassereinbruch ging er noch ein Stockwerk tiefer. Bis auf ein bisschen Feuchtigkeit und etwas Schimmel hatte das Wasser dort im Untergeschoss aber keine nennenswerten Zerstörungen angerichtet, „das war alles überschaubar“, so Renner. Dafür machte er dort allerdings eine andere erschreckende Entdeckung: „Dann haben wir im Fußbodenbereich dieses Untergeschosses nachgeschaut und festgestellt: Die Balken sind total kaputt.“ Damit hatte die Gemeinde Sontheim jetzt zwei Schäden am Schloss, eine neue und eine alte Havarie. Und dieser Altschaden war exorbitant, „weil da schon vor langer Zeit die Eichenbalken massiv verfault sind“, erläutert Renner. Diese hölzernen Träger stammen noch aus der Zeit des Baus des Schlosses um 1670 herum.

„Das ist nicht lustig mit diesem Riss, dieses Gewölbe stürzt ein. Und das dauert nicht mehr so lange“

Peter Renner, Restaurator

Von den 13 Balkenköpfen an der Südseite des Schlosses sind alle 13 betroffen. Sie liegen nicht mehr in ihren steinernen Lagerungen, sondern sind teilweise auf das Deckengewölbe eines noch weiter darunter befindlichen sogenannten Tonnengewölbes gestürzt. Renner schätzt, dass diese Balkenköpfe bereits seit mindestens 80 Jahren verrotten. Was dramatische Folgen hat: Zwei komplette Geschosse unterhalb des Rittersaales sacken ab.

Manche der Eichenbalken sind im Laufe der Jahrzehnte komplett verrottet. René Rosin

Das ist auch eine Folge der Bauweise des Schlosses Brenz: Im Prinzip handelt es sich dabei um ein Fachwerkgebäude. „Auch wenn wir hier ganz viele Steine haben und das massive Außenwände sind: Die Innenwände im Südflügel sind Fachwerk“, so Renner. Und diese Innenwände sind abgerutscht und rutschen weiter, bereits um mehrere Zentimeter. In der unter dem Rittersaal liegenden Jägerwohnung kann man das sehr gut beobachten: In einer Zwischenwand erkennt man deutlich einen großen Riss Richtung Außenwand. Und in der Gewölbedecke klafft ein so großes Loch, dass man in den Rittersaal darüber hinein sehen kann. „Das ist nicht lustig mit diesem Riss, dieses Gewölbe stürzt ein. Und das dauert nicht mehr so lange“, so Renners eindringliche Warnung.

Teure Immobilie, klamme Kommune

Als Besitzer einer Immobilie hört man so etwas natürlich nicht gern, Restaurierung und Sanierung kosten Geld, das die Gemeinde Sontheim aber nicht hat. Sie möchte mit dem Geld der Versicherung so schnell wie möglich den Rittersaal sanieren lassen, um ihn endlich wieder nutzen zu können. Auf den Schäden aus den letzten Jahrzehnten ist man aber sitzen geblieben, dafür gibt es kein Versicherungsgeld. Sechs Gutachten sollen nun ermitteln, wie groß das Schadensbild im Schloss ist und welche Kosten die Restaurierung der alten Bausubstanz verursachen würde.

Denn sinnvollerweise würde man jetzt – bevor der Rittersaal wieder seine Fußbodenheizung und ein neues Parkett erhält – erst einmal die massiven Schäden in den unteren Geschossen sanieren, „das war lange Zeit nur meine Meinung. Aber heute ist es Fakt“, resümiert Peter Renner nüchtern. Er kennt aber auch die finanziellen Nöte der Gemeinde, vor wenigen Wochen erst hat er den aktuellen Stand der Untersuchungen dem Gemeinderat erläutert. Er und das Gutachterteam sind davon überzeugt, dass man mit der Restaurierung von unten anfangen muss, „dass wir nicht auf ein kaputtes Gewölbe wieder einen Deckel drauf machen können“.

Weitere Überraschungen am Brenzer „Wasserschloss“

Bei der weiteren Suche nach den Ursachen für die verfaulten Balken hat Renner übrigens noch einen weiteren Schadensverursacher gefunden. Einen, der mutmaßlich bereits seit mehreren Jahrzehnten besteht und der menschengemacht ist. Denn an der Westseite des Schlosses hat man vor sehr vielen Jahren künstlich mehrere Meter hoch Schutt und Erde zu einem kleinen Schlossgarten aufgeschüttet und später alles mit einer Stützmauer umfasst. Das Problem: Die Oberfläche dieser Aufschüttung fällt zur Schlossfassade hin ab. Dadurch floss jahrzehntelang der Regen Richtung Schlossgemäuer und drang ins Innere des Gebäudes. Und obendrein weist die mehrere Meter hohe Stützmauer aus Beton mittlerweile große Risse auf.

Peter Renner hat bei seinen Grabungen am und im Brenzer „Wasserschloss“ übrigens noch eine weitere Entdeckung gemacht. Beim Abtragen des aufgeschütteten Materials im Schlossgarten an der Außenseite der Westfassade tauchte plötzlich eine jahrhundertealte Mauer aus Kalkstein auf. „Nach heutigem Kenntnisstand, was Bauforschung und Archäologie angeht, ist das ein Rest vom Vorgängerbau.“ Das historische Gemäuer hält also auch noch positive Überraschungen bereit. Am Tag des offenen Denkmals ist Schloss Brenz von 13 bis 17 Uhr geöffnet, um 13.30 und 15.30 Uhr führt Peter Renner über die Baustellen im Schloss.

Weitere Veranstaltungen zum Tag des offenen Denkmals

Auch das Heidenheimer Schloss öffnet am Tag des offenen Denkmals am Sonntag. Von 11 bis 17 Uhr finden Führungen im sogenannten Rittersaal mit Erläuterungen zur Geschichte und zum Stand der Sanierungen statt. Im Museum auf Schloss Hellenstein findet um 11.15 Uhr eine öffentliche Führung in der Ausstellung "Sast Paperworks" statt. Von 12.30 bis 14.30 Uhr darf an "unserem Schloss/unserer Burg" aus Papier mitgestaltet werden und von 13.30 bis 16.15 Uhr dürfen Kinder ab fünf Jahren in Begleitung ein Steckenpferd gestalten. Im Museum im Römerbad führt Carolin Wagner Familien auf den "Spuren der Römer" ab 11.30 Uhr durchs Museum. Ab 15 Uhr erläutert Karl-Heinz Kocka anhand einer spätantiken Karte das römische Straßennetz. Die Michaelskirche ist von 11 bis 17.45 Uhr geöffnet, ab 14.30 Uhr finden Führungen statt. Am Bahnhof Gerstetten wird ab 10.25 Uhr in Arbeitsvorführungen demonstriert, wie historische Schienenfahrzeuge wieder betriebsbereit gemacht werden und wie man sie in einen möglichst originalgetreuen Zustand zurückversetzt. In Herbrechtingen finden um 11 Uhr und um 14 Uhr kostenlose Klosterführungen statt. Treffpunkt ist im Eingangsbereich des Klosters. Der Heimatverein Herbrechtingen öffnet von 11 bis 16 Uhr die Bissinger Leonhardskapelle, Gerhard Krämer führt durch das Gebäude. Auf der Kaltenburg Hürben finden ab 11 Uhr Führungen statt, es gibt Livemusik mit Querflöte und Dudelsack und eine Falknerin präsentiert einen Habicht und einen Uhu. Auch die Burgberger Mühle ist am Tag des offenen Denkmals geöffnet, es finden Führungen statt. Dischingen zeigt am Tag des offenen Denkmals seinen denkmalgeschützten Bahnhof mit Fahrkartenschalter, Warteraum und Güterschuppen im Originalzustand. Auch eine große Modellbahnanlage im Maßstab 1:22,5 wird aufgebaut. Eine stilechte Anreise mit der Härtsfeld-Museumsbahn "Schättere" ist möglich. In Königsbronn werden im Flammofen, im Kannenmuseum sowie in der Feilenschleiferei jeweils um 13 Uhr, 14.30 Uhr und 16 Uhr Führungen angeboten.

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