Eines der ersten Dinge, die Roland Zeitler vor knapp einem Jahr - bei seinem Dienstantritt als neuer Rektor der Sontheimer Grund- und Realschule - beim Rundgang durch seine neue Arbeitsstätte auffiel, war die Tatsache, dass die Farbe Grau im Inneren des Schulgebäudes „recht dominant ist“. Diese Sicht auf das Innere des Schulgebäudes hat er nicht allein. Auch die Schülerinnen und Schüler, das Kollegium und die Eltern teilten diese Ansicht mehrheitlich, so Zeitler.
Und noch etwas bemängelte der Rektor: Wenn man als Fremder zur Schule käme, wüsste man nicht, wo beispielsweise der Haupteingang sei. Zudem gebe es das Problem, dass Ortsunkundige durchaus Probleme damit haben könnten, sich im Schulgebäude zu orientieren. Von der Ulmer Polizei habe man diesbezüglich die Rückmeldung bekommen, dass Personen anhand einer Wegbeschreibung in dem verwinkelten Gebäude nur schwer zu finden seien, so Zeitler.
In Ausnahmesituationen wie Bränden oder Amokläufen kann diese Unübersichtlichkeit für die Schülerinnen und Schüler und das Kollegium schnell gefährlich werden. Um Rettungskräften und der Polizei in diesen Krisensituationen eine bessere Orientierung im Schulgebäude zu ermöglichen, böte sich beispielsweise die Installation eines Farbleitsystems an, empfahlen die Ulmer Polizisten. Dieser Vorschlag floss in das Konzept ein, das Zeitler vorstellte, um die Schule ästhetisch aufzuwerten und auch sicherer zu machen.
Auslöser: Amoklauf 2009 in Winnenden
Mit diesem ungelösten Orientierungsproblem steht die Sontheimer Schule nicht allein da, wie sich nach dem Amoklauf im März 2009 an der Albertville-Realschule in Winnenden herausstellte. Die Landesregierung gründete damals deshalb einen „Expertenkreis Amok“ und einen Sonderausschuss, um mögliche Gegenmaßnahmen zu eruieren. Daraus resultierten 39 Handlungsempfehlungen, zu denen auch die Schaffung zusätzlicher Sicherheitsmaßnahmen an Schulen gehörte. Das Polizeipräsidium Aalen entwickelte daraufhin mit dem Landrat des Rems-Murr-Kreises ein „Einheitliches Orientierungssystem Schule - EOS“, das unter anderem auch ein Farbleitkonzept enthält.
Im Sontheimer Grundschulbereich ist eine dieser Sicherheitsmaßnahmen bereits umgesetzt, der dortige Haupteingang ist mittlerweile von außen als solcher gekennzeichnet. Demnächst soll nun die Realschule folgen. Doch nicht nur die Klassenräume werden systematisch nummeriert, im Schulgebäude werden auch Wegweiser montiert. Denn für Ortsunkundige sei nicht klar, wo sich beispielsweise das Rektorat, das Sekretariat oder das Lehrerzimmer befänden, so Zeitler.
"Wir haben uns bemüht, eine kostengünstige Lösung hinzubekommen."
Rektor Roland Zeitler
In einem in der Schule gegründeten „Gestaltungskomitee“ hatte man sich unter Hinzuziehung eines Schulpsychologen bereits vor längerer Zeit dazu Gedanken gemacht, wie man nicht nur die Lernumgebung farblich besser gestalten, sondern auch die Orientierung im Schulgebäude erleichtern kann. Zukünftig soll deshalb jede einzelne Etage auch eine eigene Farbcodierung erhalten. Bei der Erstellung des Konzeptes habe man sich bemüht, „eine kostengünstige Lösung hinzubekommen“, so der Rektor.
Die deutlich lesbare Türbeschilderung enthält auf Anraten der Polizei nicht nur die Angabe einer Klassenraumnummer, sondern auch die Information „innen“ sowie „außen“. Denn sollte es tatsächlich zu einer Notfallsituation kommen, „gibt es ganz viel Stress“, erläuterte Roland Zeitler. Wer diesen Stress erlebe, würde sehr viel vergessen, zum Beispiel seinen aktuellen Aufenthaltsort. Um Rettungskräfte oder Polizei dorthin lotsen zu können, wo sie benötigt würden, sei eine möglichst genaue und einfache Standortbestimmung durch die Schülerinnen und Schüler sowie das Kollegium notwendig.
Aus Sicht seiner Fraktion könne man mit diesem Konzept „gut mitgehen“, so FWV-Chef Jonas Pürckhauer. Was Zeitler vorgetragen habe, sei schlüssig und an vielen Stellen notwendig. Auch der Preis von 13.000 Euro sei für ihn vertretbar. SPD-Chef Reiner Lindenmayer - hauptberuflich als Polizist tätig - fand es gut, „dass Farbe ins Spiel kommt“. Er verwies darauf, dass solche Orientierungssysteme landesweit umgesetzt werden. Wenn nun auch die Sontheimer Schule ein Farbleitkonzept erhalten solle, beantrage er im Namen seiner Fraktion, dass man überprüfen möge, ob die Umsetzung auf Basis des „EOS-Systems“ geschehen könne.