„Das können wir eigentlich ganz kurz machen“, waren die Worte des Kämmerers Andreas Eßlinger in der vorletzten Sitzung des Sontheimer Gemeinderates zum Tagesordnungspunkt sieben. In diesem sollte er dem Gremium darüber Bericht erstatten, wie groß denn die energetischen und finanziellen Einsparungen durch die großflächige Nachtabschaltung der Straßenbeleuchtung in der Gemeinde in den letzten Monaten waren. Doch aus dem kurzen Prozess wurde nichts.
Zwar hatte Eßlinger seinen Teil - die Berichterstattung über die Zahlen - schnell abgehakt. Zum 30. November habe man alle Zähler, die von der Nachtabschaltung der Laternen betroffen seien, abgelesen. Die Abschaltung sei im März aktiviert worden, so der Kämmerer und habe bis zum 30. November eine Einsparung von circa 30 Prozent gegenüber dem Jahr 2022 erbracht. Berücksichtige man noch den Monat Dezember 2023, könnten es sogar 35 Prozent sein, so Eßlinger.
Rechne man diese nicht verbrauchten Kilowattstunden in Euro um, ergebe sich auf Basis der noch aktuell gültigen Preise eine Einsparung von 15.000 Euro in diesen neun Monaten. Da die Gemeinde Sontheim wegen ihres auslaufenden Energieliefervertrages aber ab dem 1. Januar 2024 für Strom tiefer in die Tasche greifen muss, würde sich die Ersparnis - behielte man die Nachtabschaltung nach dem jetzigen Modus bei - dann sogar auf 26.000 Euro belaufen, prognostizierte der Kämmerer.
Zu kurzer Berechnungszeitraum
Der Beschluss zur Nachtabschaltung war im November 2022 nach einer lebhaften Debatte im Gemeinderat gefasst worden. Der FWV-Fraktionschef Jonas Pürckhauer wollte damals bereits im Vorfeld wissen, was denn mit so einer Abschaltung überhaupt einzusparen sei. Und er schnitt damals auch das „subjektive Sicherheitsgefühl“ an, das eine eingeschaltete Straßenbeleuchtung erzeugen könne. Zwar konnte seine Fraktion die Abschaltung damals nicht verhindern, mit zehn zu neun Stimmen fiel die Entscheidung denkbar knapp aus. Allerdings wurde ein FWV-Ergänzungsantrag, diese Abschaltung erst einmal bis zum 31. Dezember 2023 zu befristen, mit 18 Ja-Stimmen angenommen.
Was in der Gemeinderatssitzung unter den Tisch fiel: Sontheim hat seine Nachtabschaltung nicht im März aktiviert, sondern erst Mitte Mai. Ursache der damaligen Verzögerung der Umsetzung der etwa 13.000 Euro teuren Maßnahme seien Lieferschwierigkeiten bei den Laternenbanderolen gewesen. Zudem habe man erst herausfinden müssen, welche Laternen an welchen Stromkreisen hängen, hatte Bürgermeister Tobias Rief im Mai klärt.
Im Umkehrschluss bedeutet das: Sontheim hätte diese 15.000 Euro Ersparnis nicht in neun Monaten erwirtschaftet, sondern in nur siebeneinhalb. Berücksichtigt man nun den gestiegenen Strompreis, den Sontheim ab dem 1. Januar 2024 zahlen muss, fiele diese Ersparnis dann sogar noch höher aus. Aufs Jahr gerechnet könnte die Gemeinde bei Beibehaltung des bisherigen Modus möglicherweise sogar fast 40.000 Euro sparen. Doch dazu wird es nicht kommen.
„Ich bin nachts häufiger unterwegs, auch in Zeiten der Abschaltung. Und ich sehe dabei fast niemanden, der da noch unterwegs ist“
Bürgermeister Tobias Rief
Denn im Anschluss an die Berichterstattung durch den Kämmerer meldete sich Jonas Pürckhauer zu Wort und wies auf die Befristung der Nachtabschaltung bis zum Ende dieses Jahres hin. „Es ist heute eine Informations- und keine Beschlussvorlage und in der nächsten Woche steht es auch nicht auf der Tagesordnung. Das heißt: Das Licht bleibt am 1. Januar an“, so der Fraktionschef der Freien Wählergemeinschaft nachdrücklich. Er habe sich ohnehin bereits gewundert, warum das Thema angesichts der Befristung der Abschaltung nicht längst wieder beraten worden sei.
Jonas Pürckhauer beklagte zudem eine „fehlende Systematik“ bei der Nachtabschaltung. Denn bei so manchen Events sei das Licht des Nachts trotz Abschaltung an geblieben. Dagegen habe er persönlich auch gar nichts, „und wo meine Fraktion bei diesem Thema steht, dürfte auch halbwegs bekannt sein“, ergänzte er. Nur ohne jegliche Beschlussvorlage das Licht sporadisch trotzdem brennen zu lassen, „fanden wir etwas seltsam“.
Verlängerungsantrag scheitert
Bürgermeister Tobias Rief äußerte seine Unzufriedenheit darüber, die Laternen wieder durchleuchten lassen zu müssen. „Ich bin nachts häufiger unterwegs, auch in Zeiten der Abschaltung. Und ich sehe dabei fast niemanden, der da noch unterwegs ist“. Man müsse sich überlegen, so der Bürgermeister, für wie wenige Menschen man dieses Licht zwischen null und vier Uhr brennen lasse und so Geld ausgebe, das an anderer Stelle seiner Meinung nach viel besser investiert wäre.
Für einen kurzen Moment herrschte dann im Gremium noch etwas Verwirrung darüber, ob man diese Nachtabschaltung doch noch einmal verlängern könne, obwohl sie gar nicht auf der Tagesordnung stehen würde. Seine Fraktion werde diesbezüglich „nichts tun“, erklärte FWV-Chef Jonas Pürckhauer. Armin Schweigardt von der SPD wollte sich allerdings nicht so schnell geschlagen geben und beantragte, darüber abzustimmen, die Nachtabschaltung doch noch zu verlängern. Was dann auch geschah: Diesmal setzte sich die Freie Wählergemeinschaft mehrheitlich ablehnend durch. Und so leuchten Sontheims Straßenlaternen ab dem 1. Januar 2024 wieder die gesamte Nacht hindurch.
Gefühlte und tatsächliche Sicherheit
Statistisch habe es in den letzten Monaten keine Zunahme der Kriminalität in Sontheim während der vier Stunden der Nachtabschaltung der Straßenlaternen gegeben, sagt Bürgermeister Tobias Rief. Man habe die Polizei gefragt, ob es einen „signifikanten Zusammenhang“ gebe. Ergebnis: „Es passiert nicht mehr und nicht weniger als in der Vergangenheit“, so Rief. Das betreffe nicht nur den Bereich Kriminalität, so der Bürgermeister, sondern auch den Straßenverkehr. Es sei aufgrund der Nachtabschaltung nicht gefährlicher geworden, am Straßenverkehr teilzunehmen.