Im Fall des Mitarbeiters der Sontheimer Gemeindeverwaltung, der eine Kollegin im Rathaus rassistisch beleidigt und den Hitlergruß gezeigt haben soll, sind weitere Details bekannt geworden. Der Tatverdächtige ist als Gebäudemanager bei der Gemeinde Sontheim beschäftigt und war in dieser Funktion auch für die Flüchtlingsunterkünfte zuständig.
In diesem Zusammenhang gibt es neue Vorwürfe gegen den Mann: Er soll mehrfach auch Geflüchtete rassistisch beleidigt haben. Zudem wird von einem Zeugen behauptet, er habe gedroht, bei der nächsten Einweisung von Flüchtlingen mit einer Schusswaffe zur Arbeit zu kommen. Darüber hinaus soll er sich in einem Büro, das er mit drei weiteren Personen geteilt hat, bis auf die Unterwäsche ausgezogen haben. Die Mitarbeiterin, die ihn angezeigt hat, fühlte sich dadurch in ihrem Schamgefühl verletzt. Der Mann weist alle Vorwürfe gegen sich zurück.
Ein anderer Rathausmitarbeiter bestätigt die Anschuldigungen der Frau und berichtet, dass er mehrere Male die Beleidigungen gegenüber der Frau selbst gehört habe. Er sei auch nicht der einzige gewesen, der gesehen habe, wie der Mann den Hitlergruß gezeigt habe. Ein anderer Mitarbeiter, der die Gemeindeverwaltung mittlerweile verlassen hat, schildert, dass es täglich Vorfälle gab. „Der Bürgermeister und der Hauptamtsleiter, der der direkte Vorgesetzte des Mannes ist, wussten Bescheid, aber es ist nichts passiert“, berichtet er. Deshalb habe irgendwann niemand mehr etwas dazu gesagt, „man wollte ja nicht selbst zum Opfer werden.“
Mann bestreitet alle Vorwürfe: „Unrichtige Behauptungen“
Der Mann selbst bestreitet alle Vorwürfe: „Ich weiß nicht, wann und von wem diese aus meiner Sicht unrichtigen Behauptungen aufgestellt wurden“, teilt er auf Anfrage mit. Bislang habe er noch keinerlei Möglichkeit gehabt, sich über die Einzelheiten der Vorwürfe zu informieren. „Ich bemühe mich derzeit, über die Staatsanwaltschaft Akteneinsicht zu erhalten, sodass ich auch in der Lage bin, mich gegen unrichtige Vorwürfe zu verteidigen“, schreibt der Gemeindemitarbeiter. Weiter wolle er sich zu der Angelegenheit nicht äußern.
Hauptamtsleiter Martin Hofman hat die Fragen der HZ zu seinem Mitarbeiter nicht beantwortet, sondern verweist auf Bürgermeister Tobias Rief. Dieser teilt mit, dass der betroffene Mitarbeiter „vorläufig, mindestens bis zur abschließenden Klärung der vorliegenden Anschuldigungen, nicht mehr für die Flüchtlingsunterkünfte zuständig ist“. Von der Arbeit freigestellt ist der Mann jedoch nicht, er kommt nach wie vor jeden Tag ins Rathaus.
Der Bürgermeister betont, dass Vorwürfe gegen den Mann direkt an ihn herangetragen worden seien, „worauf ich mich sofort um die Klärung bemüht habe“. Seine Mitarbeiter und er hätten mit allen Beteiligten Gespräche geführt. „Dabei konnten die Vorwürfe bislang weder bestätigt noch ausgeschlossen werden“, so Rief.
Unabhängig von den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft habe sich die Gemeinde dazu entschlossen, eine Anwaltskanzlei mit der ergänzenden Klärung der Angelegenheit zu betrauen. „Dies ist mir persönlich sehr wichtig, da es sich um schwerwiegende Vorwürfe handelt, die, vorausgesetzt, sie stellen sich als tatsächlich geschehen heraus, keinesfalls geduldet werden können und dann auch personelle Konsequenzen nach sich ziehen müssen“, sagt Rief.
So äußert sich Sontheims Bürgermeister Tobias Rief
Der Bürgermeister betont seine Verantwortung, die er sowohl gegenüber seinem Personal als auch für die Geflüchteten, die in der Gemeinde untergebracht sind, habe: „Meine Fürsorgepflicht gilt allen, dies gebietet bereits mein Amtseid.“ Rief versichert, dass er die Sache in jeder Hinsicht sehr ernst nehme und deshalb auch keinerlei Vorverurteilungen vornehme. „Jede meiner Maßnahmen wird ausschließlich auf Basis gesicherter Erkenntnisse und vor allem dem Ausgang der weiteren Ermittlungen erfolgen“, teilt er mit.
Laut Staatsanwaltschaft dauern die Ermittlungen an. Die Kriminalpolizei war bereits für Zeugenbefragungen im Sontheimer Rathaus. Die Vorwürfe, derentwegen ermittelt wird, sind Beleidigung und das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen.
Die Frau, die Anzeige erstattet hat, ist krankgeschrieben. Die Situation, den mutmaßlichen Täter jeden Tag bei der Arbeit zu treffen, belastet sie stark. „Das ist nicht nur für sie, sondern auch für andere Mitarbeitende sehr belastend und schlägt auf die Gesundheit, psychisch wie physisch“, glaubt der ehemalige Mitarbeiter, der nach wie vor gute Kontakte ins Sontheimer Rathaus hat. Er sieht darin ein Organisationsversagen, weil nicht das mutmaßliche Opfer, sondern der mutmaßliche Täter geschützt werde.