Sieglinde und Max Groll sind die ersten: Das Niederstotzinger Ehepaar wuchtet einen über 40 Jahre alten Plattenspieler samt Lautsprecher auf den Tisch vor dem Lehrerzimmer der ehemaligen Brenzer Schule. Bei dem Gerät handelt es sich um einen Philips AF563, den „Ford Granada unter den Plattenspielern“, wie das Internet weiß. Leider läuft der Phono-Ford seit einiger Zeit etwas unrund und manchmal gar nicht, „den muss man anschieben“, beschreibt Max Groll die Krankengeschichte des Gerätes. Hier im Repair-Café will er ihm wieder auf die Sprünge helfen lassen.
Initiiert wurde dieses Repair-Café vom Ortsseniorenrat Sontheim. Die beiden Vorsitzenden Ingrid Zielke und Peter Bachmann sind auch gekommen, sie wollen schauen, wie diese Idee ankommt. Von der Gemeindeverwaltung Sontheim gab es die Schlüssel für das alte Schulhaus, jetzt können sie einmal monatlich mietfrei die „Werkstatt“ öffnen. „Ich wollte es erst bei mir daheim machen, aber meine Männer haben gestreikt“, erläutert Ingrid Zielke lachend.
„Es ist besser, etwas zu reparieren, als Müll zu erzeugen.“
Andreas Häußler vom Repair-Café
Drei Tage vor Eröffnung hatte der Ortsseniorenrat die Räumlichkeiten noch ein bisschen aufgeräumt und geputzt. Die Werkzeuge, die sie benötigen, um den Kaffeemaschinen, Staubsaugern, Plattenspielern und Haarföhnen ein zweites oder vielleicht sogar drittes Leben einhauchen zu können, bringt das Team aus der eigenen Hobbywerkstatt oder Garage mit. Zwar gebe es im Internet sogenannte „Starterpakete“, um ein Repair-Café zu eröffnen. „Aber das kostet ja alles Geld. Da haben wir uns gesagt: So etwas brauchen wir eigentlich nicht“, erläutert Peter Bachmann.
Den kostenlosen Service dürfen alle nutzen, sagt Ingrid Zielke. Repariert wird, was man allein tragen kann. „Wir reparieren keine Waschmaschinen“, sagt Ingrid Zielke. Den örtlichen Fachbetrieben möchte man keine Konkurrenz machen. Wer sich für die Arbeit des Teams bedanken möchte, der darf aber gern einen Obolus in dem kleinen grünen Sparschwein spenden. Zur Premiere versuchen sich ein Elektroingenieur, zwei gelernte Köche und ein Krankenpfleger als „Repair-Team“. „Wir suchen noch Leute, die mitmachen“, so Peter Bachmann.
„Es ist besser, etwas zu reparieren, als Müll zu erzeugen“, erläutert Andreas Häußler, gelernter Fachkrankenpfleger, den Hintergrund der mittlerweile weltweiten Repair-Café-Szene. „Das meiste kann man ja reparieren.“ Häufig fehle nur eine Kleinigkeit und dank des Internets finde man heutzutage sehr gut die benötigten Ersatzteile. „Außerdem macht es Spaß und man kommt mit den Leuten ins Gespräch. Und die dürfen auch selber mithelfen“, sagt Häußler.
Wenn alle Reparaturfälle so enden, wie der allererste begonnen hat, dann könnte das Sontheimer Repair-Café ein großer Erfolg werden. Denn was dem Grollschen Plattenspieler fehlt, hat Andreas Häußler tatsächlich herausgefunden: Die Gummiriemen, die den Plattenteller antreiben, sind ausgeleiert. Wichard von Klitzing vom Repair-Café zückt sein Smartphone und sucht im Internet nach Ersatzteilen für das Gerät und wird tatsächlich fündig. Wenige Klicks später sind die Gummiringe bestellt, Familie Groll bekommt noch kurz gezeigt, wie sie sie selbst einmontieren können und fährt zufrieden heim.
Auch das Miteinander zählt
Selbstverständlich geht es im Repair-Café in der alten Brenzer Schule nicht nur darum, reparaturbedürftige, aber ansonsten noch brauchbare Geräte vor der Reise zur Müllhalde zu bewahren. Das wird deutlich, wenn man einen Blick auf das wirft, was der Ortsseniorenrat noch mitgebracht hat: mehrere Thermoskannen mit Kaffee und heißem Wasser, reichlich Geschirr und selbst gebackenen Rhabarberkuchen und Nussecken. „Ums Schwätzen geht’s natürlich auch“, sagt Ingrid Zielke lachend.