Waldmanagement

Warum die Gemeinde Sontheim auf Fördergeld verzichtet

900 Millionen Euro spendiert der Bund deutschlandweit privaten und kommunalen Waldbesitzern für ein sogenanntes „klimaangepasstes Waldmanagement“. Der Sontheimer Gemeinderat verzichtet auf seinen Anteil.

Warum die Gemeinde Sontheim auf Fördergeld verzichtet

Johannes Kopp, stellvertretender Leiter des Fachbereiches Wald und Naturschutz beim Landratsamt Heidenheim, stellte das Förderprogramm den Sontheimer Gemeinderäten vor. Antragsberechtigt sind Waldbesitzer, die sich – je nach Größe ihrer Waldfläche – dazu verpflichten, elf beziehungsweise zwölf Förderkriterien für die Dauer von maximal 20 Jahren einzuhalten. Betriebe mit weniger als 100 Hektar müssen dabei elf Kriterien beachten. Ist die Waldfläche größer, sind es zwölf.

Was für Sontheim zutrifft: Die Gemeinde besitzt 121,6 Hektar Wald, wovon 112,4 Hektar bewirtschaftete Holzbodenfläche sind. Auf fünf Prozent dieser Fläche sollte sich der Wald „natürlich entwickeln“ können, wenn man Fördergelder kassieren möchte. Im Klartext: Sontheim müsste 5,6 Hektar seiner Waldfläche quasi „stilllegen“, könnte dieses Holz also nicht mehr schlagen und vermarkten. Und das für die Mindestdauer von 20 Jahren.

"Ich werde diesem Antrag nicht zustimmen“

Gemeinderat Walter Unseld (FWV)

Um den Gemeinderäten die Entscheidungsfindung zu erleichtern, ob sich das Förderprogramm finanziell lohnt, hatte Kopp eine Beispielrechnung aufgemacht. Berücksichtigt man den Nutzungsverzicht sowie Verwaltungs- und Erfassungskosten, dann entstehen der Gemeinde für einen Zeitraum von zehn Jahren Ausgaben in Höhe von ungefähr 42.000 Euro. Da die Förderhöhe 100 Euro je Hektar beträgt, würde Sontheim 112.000 Euro Förderung in den ersten zehn Jahren kassieren, ein Reinerlös von etwa 70.000 Euro.

Klingt erst einmal nicht schlecht. Allerdings muss Sontheim, weil es ja mehr als 100 Hektar Waldfläche besitzt, nicht für zehn Jahre kalkulieren, sondern 20. Dann gäbe es die 100 Euro pro Hektar nur noch für die 5,6 Hektar stillgelegte Waldfläche, also 560 Euro pro Jahr. Demgegenüber stehen aber nach wie vor die Mindereinnahmen. „Das heißt, dass man in diesem zweiten Zeitraum wieder ein Stückchen ins Minus rutscht“, so Kopp. Trotzdem bliebe über den gesamten Zeitraum gerechnet immer noch ein Fördermittelerlös von etwa 61.000 Euro.

„Ich bin ja ein Naturmensch, aber so einen bürokratischen Aufwand für 100 Hektar zu betreiben, halte ich nicht für realistisch“, äußerte sich Gemeinderat Walter Unseld (FWV) skeptisch und ergänzte: „Und dann soll man noch das Käferholz im Wald lassen? Ich werde diesem Antrag nicht zustimmen.“ Sein Kollege Martin Honold schätzte zwar grundsätzlich die Ziele des Förderprogramms, sagte aber auch: „Mir gefällt an dieser Geschichte nicht, dass die Finanzierung nur bis 2026 gesichert ist. Und was kommt dann?“

Gemeinderat mehrheitlich skeptisch

„Ich war dem Ganzen relativ offen gegenübergestanden. Aber je länger diese Diskussion dauert, umso unsicherer werde ich“, beschrieb der Fraktionschef der Freien Wählergemeinschaft, Jonas Pürckhauer, seine Gemütslage. Wenn die Vorteile der Förderung tatsächlich so überwiegen würden, wie es Sontheims Kämmerer Andreas Eßlinger versichern würde, stelle sich ihm die Frage, wieso sich dann nicht mehr Gemeinden an diesem Programm beteiligen würden. Johannes Kopp sagte dazu, dass er die Gründe für die Zurückhaltung nicht kenne und verwies diesbezüglich auf den Umstand, dass es das Programm erst seit Oktober 2022 gebe und man anfänglich wohl mit Startschwierigkeiten zu kämpfen gehabt habe.

Bei der SPD stand man dem Vorhaben grundsätzlich etwas aufgeschlossener gegenüber. Fraktionschef Reiner Lindenmayer überzeugte insbesondere die Idee der Habitatbäume, „wenn man so einen Baum sieht, das ist schon beeindruckend“. Und sein Fraktionskollege Armin Schweigardt fand den Beschlussvorschlag der Gemeindeverwaltung „ganz gut" und verwies auf den Klimawandel und die wichtige Funktion des Waldes als Wasserspeicher.

Auf Nachfrage von Gemeinderat Bernd Moser (CDU) erklärte Johannes Kopp, dass sich durchaus ein Zielkonflikt zwischen potentiellen Wald-Stilllegungsflächen und Arealen für einen etwaigen Standort von Windkraftanlagen ergeben könne. In diesem Falle müsste man die Förderung dann wohl zurückzahlen, ergänzte Kämmerer Eßlinger. Bei der Gemeindeverwaltung kam das Förderprogramm durchaus gut an, in der Beschlussvorlage sprach sie sich für eine Beantragung der Fördermittel aus. Die Mehrheit des Gemeinderats sah das allerdings anders. Mit neun Gegenstimmen bei sechs Ja-Stimmen sowie zwei Enthaltungen lehnte man das Geld aus Bonn mehrheitlich ab.

Verzicht auf Düngung und Kahlschlag

Zu den ersten elf Kriterien, die eingehalten werden müssen, um Fördergelder kassieren zu können, gehören beispielsweise eine verpflichtende Vorausverjüngung und eine Naturverjüngung, eine höhere Baumartendiversität, die Verwendung standortheimischer Baumarten, fünf sogenannte „Habitatbäume“ pro Hektar Waldfläche, eine natürliche Entwicklung auf kleinen Freiflächen sowie größere Rückegassenabstände bei der Bewirtschaftung des Waldes. Großflächige Kahlschläge sind – außer bei größerem Schädlingsbefall – verboten und außerdem soll das Totholz vermehrt im Wald verbleiben. Auch eine Düngung des Waldes ist nicht gestattet.

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