Nachdem Sontheims Bürgermeister Tobias Rief zunächst nicht auf die gegen ihn erhobenen Vorwürfe reagieren wollte, tat er es nun doch: Zu Beginn der Gemeinderatssitzung am Dienstag verlas er eine Stellungnahme, zeigte sich darin zwischendurch emotional und kündigte einige Veränderungen innerhalb der Gemeindeverwaltung an.
„Die zuletzt erhobenen Vorwürfe haben nicht nur in der Verwaltung und in der Bürgerschaft für Unruhe und Fragen gesorgt, sondern mich auch ganz persönlich sehr betroffen gemacht“, so Rief. Er stellte klar, dass der Mitarbeiter, dem fremdenfeindliche und nationalsozialistische Handlungen und Äußerungen vorgeworfen werden, seit geraumer Zeit nicht mehr im Rathaus beschäftigt sei. Ebenso betonte Rief, dass „im Sontheimer Rathaus niemand aufgrund seines Geschlechts, seiner Herkunft, seiner Religion, des Alters oder seiner politischen Gesinnung diskriminiert oder ausgegrenzt wird“. In der Vergangenheit habe man „basierend auf dem jeweiligen nachgewiesenen Wissensstand“ alle erforderlichen Maßnahmen getroffen.
Verwaltungsintern werde ich das Augenmerk noch mehr als bisher auf Transparenz und Kommunikation richten.
Tobias Rief, Sontheimer Bürgermeister
Allein der Eindruck, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter könnten rassistisch oder sexistisch im Rathaus diskriminiert worden sein, treffe ihn persönlich sehr. „Mein gesamtes politisches Leben, immerhin mehr als 25 Jahre, habe ich mich aktiv und unnachgiebig für Gleichberechtigung, Teilhabe sowie politische und gesellschaftliche Vielfalt eingesetzt“, so Rief weiter. „Für unsere universellen Werte und eine offene, allen Menschen zugeneigte Gesellschaft bin ich persönlich auf die Straße gegangen.“ Vor allem Rassismus, Frauenfeindlichkeit, Extremismus, neonazistische Tendenzen und Hass würden „keine Hand breit Platz eingeräumt bekommen“. Mit allen Mitteln des Rechtsstaats würde er immer dagegen vorgehen.
Neues Leitbild und Schulungen
Dazu gehöre es auch, immer wieder den Blick zu schärfen: „Wir alle müssen Tag für Tag an uns arbeiten und uns immer wieder hinterfragen“, so Rief. Unter der Mitwirkung eines professionellen Coachings und des Sontheimer Gemeinderats soll ein neues Leitbild für die Gemeinde entstehen, das „fair und offen“ sei. „Verwaltungsintern werde ich das Augenmerk noch mehr als bisher auf Transparenz und Kommunikation richten“ kündigte der Bürgermeister an. Auch auf dem Gebiet der „interkulturellen Kommunikation“ sollen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter professionell geschult werden.
Tobias Rief erneuerte in seiner Stellungnahme auch das Angebot an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Rathauses, einen Personalrat gründen zu können. Einen solchen gibt es in Sontheim bislang nicht, seine Gründung muss aber auf Initiative der Belegschaft geschehen. „Auch diesbezüglich werde ich in den kommenden Wochen nochmals in Gespräche mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen.“
Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Vorwürfe gegen die Verwaltung erhoben haben, versichert Rief, dass seine Türen offen stünden: „Meine Hand ist ausgestreckt an alle, die mit mir das Gespräch suchen und ich bin immer bereit, jeden konstruktiven Ansatz zu verfolgen, um in ihrem Sinne Lösungen zu finden.“ Es sei ihm sehr wichtig, aus den Ereignissen der Vergangenheit zu lernen.
Was ist passiert?
Anfang des Jahres 2024 erstatteten zwei Mitarbeiterinnen der Sontheimer Gemeindeverwaltung Anzeige gegen einen ihrer Kollegen, der durch frauen- und fremdenfeindliche Äußerungen und unter anderem durch Zeigen des Hitlergrußes aufgefallen sei. Das Verfahren gegen den Mann wurde im Februar 2025 gegen eine Geldauflage von 3000 Euro eingestellt.
(Ex-)Mitarbeiter und (Ex-)Mitarbeiterinnen wandten sich daraufhin an die HZ und erhoben schwere Vorwürfe gegen die Rathausspitze um Tobias Rief: Der Bürgermeister habe bereits seit Monaten von dem Fehlverhalten des betreffenden Mitarbeiters gewusst und nichts dagegen unternommen. Unter Verweis auf den Personen- und Datenschutz hatte Rief zunächst nicht auf die Fragen der HZ antworten wollen – weder im Vorfeld der jüngsten Berichterstattung, noch bei einer ersten Anfrage im Frühjahr 2024.