Die Brenzer Galluskirche muss in den kommenden Jahren saniert werden. Pfarrer Steffen Palmer nimmt an, dass in mehreren Bauabschnitten Kosten in siebenstelliger Höhe auflaufen werden. Die gute Nachricht: In seiner Substanz bedroht ist das weithin hervorstechende Bauwerk nicht.
Man muss schon die Augen zusammenkneifen und ganz genau hinsehen, wenn Werner Stolz auf die Schäden an der Turmhaube verweist. Stolz ist Bauleiter beim Langenauer Architekturbüro Weber, das sich auf Kirchensanierungen spezialisiert hat.
In der gemauerten Turmhaube klaffen viele Fugen auf
Die Kirchturmhaube der Galluskirche besteht nicht wie meist üblich aus Blech oder einer Ziegeldeckung, sie ist vielmehr aus Sandsteinen gemauert. Und zwischen diesen Steinen haben sich Fugen aufgetan. Was von unten relativ harmlos aussieht, ist vor Ort offenbar durchaus signifikant: Stolz erzählt, er habe einen Meterstab bis zum 38 Zentimeter tief in einzelne Fugen stecken können. Zusammen mit Pfarrer Palmer hatte sich Stolz per Kran zur Spitze heben lassen, um die Schäden zu untersuchen.
Während man auf konventionellen Baustellen die Fugen kurzerhand mit Silikon ausfüllen würde, muss schon aus denkmalrechtlichen Gründen an der Galluskirche zu sehr traditionellen Mitteln gegriffen werden. Die schadhaften Fugen müssen ausgekratzt werden, bevor sie mit einer Bleiwolle kunstvoll ausgestopft und anschließend geglättet werden. Stolz erklärt: „Das ist die dauerhafteste Fuge, die man kennt.“ Auch der Putz am Turm muss stellenweise saniert werden. Für die Restauratoren dürfte dies eine Herausforderung werden, zumal zum Teil sogar noch Jahrhunderte alter Originalputz angebracht ist, der entsprechend aufwändig bearbeitet werden muss. Auch die steinernen Zifferblätter der Turmuhr benötigen mittlerweile eine Auffrischung.
Von den 172 Abbildungen in den Friesen haben viele gelitten
In weiteren Bauabschnitten sollen schließlich die kunstvollen Blendbogenfriese auf der Nord- und der Südseite restauriert werden. Sie ziehen sich über eine Länge von annähernd 150 Metern und bilden im Stein 172 Darstellungen von Menschen, Tieren und teils auch Fantasiewesen ab. Der Großteil dieser Reliefs ist noch original, einige Dutzend wurden dagegen im 19. Jahrhundert ersetzt.
Mittlerweile weiß man, dass der Suevit, aus dem viele der Abbildungen geschaffen wurden, stark unter Abgasen, Wind und Regen leidet. Einzelne Darstellungen sind kaum mehr zu erkennen, sie sind stark zerbröselt. Bauleiter Stolz betont allerdings, dass sie nicht wiederhergestellt werden sollen. Es gehe vielmehr um den Substanzerhalt, die Steinblöcke sollen mit speziellen Chemikalien behandelt werden, die das Verwittern aufhalten sollen. Auch hier rechnet Pfarrer Palmer mit Kosten von vielen Hunderttausend Euro.
Eine weitere Herausforderung zeigt sich am östlichen Ende des Dachfirsts: Hier hat ein Storchenpaar 2023 sein Nest gebaut. Im Laufe der Jahre hätten sich immer wieder Störche für die Kirche interessiert, geblieben waren sie aber nie. Die neuen Bewohner machen nun allerdings besondere Vorkehrungen notwendig: Das Gerüst für die Turmsanierung muss vor dem Eintreffen der Störche aus dem Winterdomizil errichtet werden. Voraussichtlich im Februar 2025 soll es so weit sein. Dann muss auch gleich ein Sichtschutz angebracht werden, damit die Privatsphäre der Vögel gewahrt bleibt. Die eigentlichen Sanierungsarbeiten können dagegen erst einige Monate später beginnen, weil es dafür verlässlich milde Witterung braucht.
Das ist ein Ort, der Geschichte atmet.
Steffen Palmer, Pfarrer
Fragezeichen gibt es noch bei der Finanzierung: Pfarrer Palmer geht davon aus, dass sich die evangelische Landeskirche mit einem Drittel beteiligen wird, der Kirchenbezirk mit einem Sechstel. Die übrige Hälfte wird die örtliche Kirchengemeine stemmen müssen, wobei noch Zuschüsse der Denkmalbehörde erwartet werden. Klar ist aber, dass die Gemeinde mindestens einen sechsstelligen Betrag wird aufbringen müssen. In Panik verfällt Palmer deshalb aber nicht: „Man geht da immer mit Bauchweh ran, ja, aber man ist auch immer wieder berührt von der Spendenbereitschaft der Menschen.“ Als vor einigen Jahren die Sontheimer Georgskirche saniert wurde, brachte die Menschen vor Ort immerhin 130.000 Euro auf.
Und dass sich der Aufwand für die Galluskirche lohnt, steht für Palmer außer Frage: „Das ist ein Ort, der Geschichte atmet, und ein Wahrzeichen unserer Gemeinde.“
Eine Besonderheit unter den Kirchen
Die Galluskirche ist im Landkreis die einzige romanische Kirche, was man nicht zuletzt an den wuchtigen Säulen im Innern ablesen kann. Sie entstand ab dem Ende des 12. Jahrhunderts. Der Kirchenstandort selbst ist sogar noch viel älter. Archäologen haben festgestellt, dass bereits um das Jahr 650 an derselben Stelle eine Holzkirche stand, die später durch einen Steinbau ersetzt wurde. Das Westwerk mit seinem drei Türmen wurde allerdings erst im 17. Jahrhundert errichtet.